Handelskapital und Handelsprofit
Leihkapital und Zins

2.5
Bankkapital und Bankprofit

Wir schlossen unsere einleitenden Bemerkungen über den kapitalistischen Kredit mit der Feststellung von Karl Marx, daß sich aus der Funktion der Banken als Geldhandlungskapitalist die Verwaltung des zinstragenden Kapitals oder des Geldkapitals als weitere Funktion der Banken entwickelt. Das vorübergehend freie Geldkapital verleihen die Banken. Das Borgen und Verleihen des Geldes wird ihr besonderes Geschäft. Sie treten als Vermittler zwischen die wirklichen Verleiher und die Borger von Geldkapital. Statt des einzelnen Verleihers treten die Banken als Repräsentanten aller Geldverleiher den fungierenden Kapitalisten gegenüber. „Sie werden“, wie Karl Marx bemerkt, „die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar.“80 Die Bank, die sich zwischen Verleiher und Borger schiebt, den Kredit vermittelt, wird so zum Mittel- und Zentralpunkt des gesamten kapitalistischen Kreditsystems.

Sofern die fungierenden Kapitalisten ihr vorübergehend freies Geldkapital (wie fast alle Geldbesitzer) der Bank übergeben, sind sie der Bank gegenüber Verleiher von Geld und haben Anspruch auf Zinsen. In diesem Falle sind sie zugleich Leihkapitalisten. Die Banken „leihen“ das Geld jedoch nicht von den fungierenden Kapitalisten, um es selbst produktiv anzuwenden, sondern sie verborgen das fremde Geld (und auch Teile des Eigenkapitals) an andere fungierende Kapitalisten und verlangen dafür Zinsen, die höher sind als die, die sie ihren Deponenten zahlen.

Wird das Geld an fungierende Kapitalisten verliehen, so sind die Zinsen, die die Banken erhalten, ein Teil des Profits der fungierenden Kapitalisten. Da die Banken nicht unmittelbar Mehrwert beziehungsweise Profit produzieren, sondern nur vorübergehend freies Geldkapital vermitteln, muß eine Teilung dieses Zinses erfolgen. Von den Zinsen, die die Banken einkassieren, zahlen sie einen Teil an ihre Kunden für das zur Verfügung gestellte Geld. Der Bruttogewinn der Banken besteht aus dem Zins für das ausgeliehene Kapital, ihr Reingewinn – nach Abzug der Zirkulationskosten – aus der Differenz zwischen den der Bank gezahlten und der von ihr bezahlten Zinsen.

Legt man nur die Funktion der Banken als Vermittler von Kredit zugrunde, so muß dieser Gewinn so groß sein, daß er dem Durchschnittsprofit auf das eigene Kapital der Banken und der allgemeinen Durchschnittsprofitrate entspricht. Andernfalls würde das Kapital aus dem Bankgewerbe abwandern beziehungsweise nicht zuwandern. Aber der durchschnittliche Profit der Banken geht nicht wie der industrielle und kommerzielle Profit in die Bildung der allgemeinen Durchschnittsprofitrate ein, da er auf dem Zins beruht, Zins ist. Um diese Besonderheit auszudrücken, sprechen Marx und Engels auch meist vom Bankgewinn.

Diese Besonderheit stellt sich auch in bezug auf die Bildung der Größe des Eigenkapitals der Banken dar. Die Größe des Eigenkapitals des industriellen Kapitals hängt zum Beispiel von der Art und dem Umfang der angewandten Produktionsmittel und Arbeitskräfte ab, folglich von der Art der Produktion. Diese Größe ist zwar in den einzelnen Zweigen verschieden, aber immer objektiv bestimmt. Mit dem Eigenkapital der Banken verhält es sich anders, dessen Größe wird durch andere Faktoren bestimmt.

Der Hauptfaktor, nach dem sich das Eigenkapital der Banken richtet, ist der Bankgewinn, und dieser wiederum hängt von zwei Momenten ab: erstens vom Zinsfuß, der sich aus Angebot und Nachfrage nach Leihkapital ergibt und von dem das Bankkapital nur ein Teil ist. Dieser Zinsfuß beeinflußt jedoch wesentlich den Bruttogewinn der Banken. Zweitens vom Zinsfuß, den die Banken ihrerseits auf die Depositen vergüten und der vom Konkurrenzkampf der Banken um den größten Anteil an den Depositen bestimmt wird. Die Differenz zwischen beiden bildet nach Abzug der Zirkulationskosten den Reingewinn.

Das Charakteristikum des Bankkapitals ist also, daß es nicht nur mit eigenem, sondern überwiegend mit fremdem Kapital arbeitet. Der Gewinn der Banken hängt nicht vom Eigenkapital, sondern vom ihnen zur Verfügung stehenden Leihkapital ab. Da jedoch das Bankwesen für das Kapital eine Kapitalanlage ist wie jede andere, muß der Gewinn, wie bereits dargelegt, der Größe des Durchschnittsprofits entsprechen. Folglich muß das Eigenkapital der Banken so bemessen sein, daß der Gewinn, auf das Eigenkapital berechnet, dem Durchschnittsprofit entspricht.

Außerdem spielt dabei eine Rolle, daß die Banken ständig über Reserven oder, wie es in der Banksprache heißt, über „Liquidität“ verfügen müssen, da die Nachfrage nach Krediten und die Rückzahlung der Kredite Schwankungen und vor allem dem zyklischen Verlauf des Reproduktionsprozesses des gesellschaftlichen Kapitals unterliegt.

Eine weitere wichtige Funktion der Banken hängt mit dem fiktiven Kapital zusammen. Indem die Banken für die Aktiengesellschaften Aktien emittieren, mobilisieren sie freies Geld, um es durch die fungierenden Kapitalisten in fungierendes Kapital verwandeln zu lassen. Damit schaffen die Banken zugleich das fiktive Kapital. Die Banken verleihen hier folglich kein Geld als Kapital, sondern sie verschaffen den Aktiengesellschaften Geldkapital, indem sie fiktives Kapital schaffen, und entlasten diese und sich selbst von deren Kreditschulden.

Die Emission von Aktien ist für die Banken ein außerordentlich profitables Geschäft; denn als Mitglieder der Gründerkonsortien zum Beispiel realisieren sie große Teile des Gründergewinns, die ebenfalls in den Profit der Banken eingehen. Außerdem führen die Banken Wertpapierkäufe und -verkaufe für ihre Kunden durch, nehmen Wertpapiere in ihr Depot usw.81

Die Voraussetzung für das Bankgeschäft ist natürlich das eigene Kapital der Bankiers. Früher waren sie wie die Industrie- und Handelskapitalisten private Einzelkapitalisten, die tatsächlich mit eigenem Kapital arbeiteten. Heute sind auch die Großbanken meist Aktiengesellschaften. Das Aktienkapital als Eigenkapital der Banken bildet also die Grundlage für die Verfügung über das Fremdkapital der Deponenten. Das Bankkapital setzt sich demnach aus verschiedenen Bestandteilen zusammen. „Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel … und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden. Hierzu können auch Hypotheken gerechnet werden. Das aus diesen sachlichen Bestandteilen sich zusammensetzende Kapital scheidet sich wieder in das Anlagekapital des Bankiers selbst und in die Depositen, die sein banking capital oder geborgtes Kapital bilden.“82

Das Bankkapital besteht demnach aus sehr unterschiedlichen Bestandteilen. Das Eigenkapital und Fremdkapital zusammengefaßt, fungiert, wie Marx feststellt, als Anlagekapital des Bankiers in Form von Zinsen und Dividenden bringenden Wertpapieren und aus den Depositen, die für die Bankiers als Leihkapital verwendet werden und ebenfalls Zinsen einbringen.

Betrachten wir nun zusammenfassend den Profit oder den Gewinn der Banken. Ziel der kapitalistischen Banken ist wie das eines jeden kapitalistischen Unternehmens – ein höchstmöglicher Profit (Gewinn). Da in der Zirkulation kein Mehrwert entsteht, ist die Hauptquelle des Bankgewinns der Mehrwert, der durch die Ausbeutung der Lohnarbeiter im Produktionsprozeß entsteht.

Die Formen, in denen der Bankgewinn realisiert wird, sind jedoch vielfältig und hängen mit den Funktionen der Banken zusammen. Der Bankgewinn setzt sich im wesentlichen zusammen aus

  1. Zinsen, die sich aus der Differenz zwischen den von den Banken gezahlten und von ihnen eingenommenen Zinsen ergeben,
  2. Diskontgewinnen (eingenommene Zinsen auf gekaufte Wechsel, Zinsdifferenz aus bei der Zentralbank rediskontierten Wechseln und andere),
  3. Gebühren- und Geschäftskostenüberschüssen, die sich aus der Differenz zwischen den den Bankkunden in Rechnung gestellten Gebühren, Provisionen, Depotkosten usw. und den tatsächlichen Kosten ergeben,
  4. Gewinnen aus Wertpapiergeschäften,
  5. Dividenden und anderen Profitanteilen aus Beteiligungen der Bank, Wertpapierbesitz usw.,
  6. teilweise nicht zum Bankgeschäft gehörenden Gewinnen (zum Beispiel Mietüberschüsse).