Handelskapital und Handelsprofit
Leihkapital und Zins

3.3
Das Geldumlaufgesetz
und die Regulierung der Geldzirkulation

Die entscheidende Grundlage der kapitalistischen Geldzirkulation war und ist auch heute noch die Geldware Gold, unabhängig davon, ob das umlaufende Papiergeld beziehungsweise die Banknoten gegen Gold einlösbar, konvertibel, sind oder nicht. Karl Marx entdeckte nun bei der Analyse des damaligen Geldumlaufs und der in England 1845 auftretenden Geld- und Kreditkrise115, daß die Menge der umlaufenden Banknoten nicht durch die Menge des bei der Staatsbank deponierten Goldes reguliert wird: „Die Menge der zirkulierenden Noten richtet sich nach den Bedürfnissen des Verkehrs, und jede überflüssige Note wandert sofort zurück zu ihrem Ausgeber.“116

Daraus ergab sich, daß bei der Staatsbank nur so viel Gold deponiert zu werden braucht, wie Banknoten und Papiergeld tatsächlich zur Einlösung präsentiert werden. Das ist aber außer in Zeiten der Geldkrise immer nur ein Bruchteil des umlaufenden Papiergeldes beziehungsweise der Banknoten, so daß nur ein relativ geringer Goldbestand für die Funktionsfähigkeit der kapitalistischen Geldzirkulation notwendig ist.

Aus der Erfahrung, daß nur ein Bruchteil der Summe des Geldumlaufs in Form von Gold bei der Staatsbank zur Sicherung der Konvertibilität des umlaufenden Papiergeldes und der Banknoten notwendig ist, ergab sich die Praxis der sogenannten Dritteldeckung. Das hieß, daß die Geldemission auf der Grundlage von einem Drittel Gold und von zwei Dritteln Inlandswechsel erfolgte. In der weiteren Entwicklung wurden auch Auslandswechsel, Devisen, als Grundlage der Geldemission benutzt. Daraus entstand der Gold-Devisen-Standard.

In bezug auf die Goldreserven des Geldumlaufs wurde meist von einer Deckung des umlaufenden Geldes durch Gold, Wechsel oder Devisen gesprochen. Gemeint ist damit, daß das umlaufende Geld gegen Gold und Devisen einlösbar, konvertibel ist. Unter Devisen versteht man Wechsel, zahlbar in ausländischem Geld, die von den ausländischen Notenbanken gegen Gold eingetauscht werden. Ursprünglich standen die Devisen aller kapitalistischen Länder für Gold. Das hat sich heute wesentlich geändert.117

Gold und Devisen sind aber keine Deckung des Geldumlaufs, sondern die Grundlagen der Papiergeldemission, wie die Wechsel die Grundlage der Banknotenemission sind.

Die Goldreserve des Geldumlaufs hat, wie Karl Marx feststellt, eine dreifache Funktion: „1. Reservefonds für internationale Zahlungen, in einem Wort Reservefonds von Weltgeld. 2. Reservefonds für die abwechselnd expandierende“ (sich ausdehnende) „und kontrahierende“ (sich zusammenziehende) „inländische metallische Zirkulation. 3. Was mit der Bankfunktion zusammenhängt und mit den Funktionen des Geldes als bloßen Geldes nichts zu tun hat: Reservefonds für Depositenzahlung und für Konvertibilität von Noten.“118

Die Funktion des Goldes als Weltgeld oder, wie Marx auch sagt, als Weltmarktgeld vollzieht sich bei Existenz des Kreditgeldes auch im internationalen Geldumlauf über den internationalen Wechselkurs. Das Gold fließt in dem Maße in das Ausland ab oder aus dem Ausland zu, wie die Zahlungsverpflichtungen an das Ausland schneller zunehmen als die Zahlungsverpflichtungen des Auslands und umgekehrt, wenn das Ausland höhere Zahlungsverpflichtungen hat, diese sich also nicht mit den Verpflichtungen an das Ausland ausgleichen. Friedrich Engels beschreibt diesen Vorgang in der für ihn charakteristischen Weise: „Der Barometer für die internationale Bewegung der Geldmetalle ist bekanntlich der Wechselkurs. Hat England mehr Zahlungen zu machen an Deutschland als Deutschland an England, so steigt in London der Preis von Mark, in Sterling ausgedrückt, und in Hamburg und Berlin fällt der Preis von Sterling, ausgedrückt in Mark. Gleicht sich dies Übergewicht der Zahlungsverpflichtungen Englands an Deutschland nicht wieder aus, z. B. durch überwiegende Einkäufe Deutschlands in England, so muß der Sterlingpreis für Markwechsel auf Deutschland bis zu dem Punkt steigen, wo es sich lohnt, statt Wechseln Metall – Goldgeld oder Barren – aus England in Zahlung nach Deutschland zu schicken. Dies ist der typische Verlauf. Nimmt dieser Export von Edelmetall stärkeren Umfang und längere Dauer an, so wird die englische Bankreserve angegriffen, und der englische Geldmarkt, voran die B. von E., muß Schutzmaßregeln ergreifen. Diese bestehn wesentlich … in Heraufsetzung des Zinsfußes.“119

Mit der Erhöhung des Zinsfußes ist die Erhöhung des Diskontsatzes für Wechsel gemeint. Unter Wechselkurs versteht man das Eintauschverhältnis des Geldes der verschiedenen Länder untereinander. In diesem Zusammenhang werden auch die Begriffe Währung und Valuta angewendet. Unter Währung wird das Geldsystem eines Landes und auch die Geldeinheit verstanden. Mit Valuta wird das ausländische Geld aller Art bezeichnet, wobei das Bargeld – Münzen, Geldscheine – Sorten und die Wechsel Devisen heißen.

Der Wechselkurs bezog sich ursprünglich unmittelbar auf das Einwechseln des nationalen Geldes eines Landes gegen das nationale Geld eines anderen Landes. Die Grundlage eines solchen Geldwechselns war der Goldgehalt oder Silbergehalt des jeweiligen Geldes, der gesetzlich festgelegt wurde. Bei der Festlegung dieses Wechselkurses spielten Angebot und Nachfrage eine Rolle, so daß es gewisse Schwankungen im Austauschverhältnis geben mußte, an dem die Wechsler verdienten. Ursprünglich übten die Goldschmiede das Wechslergeschäft aus. Eine wesentliche Veränderung des Wechselkurses konnte unter diesen Bedingungen nur dann eintreten, wenn sich der Goldgehalt der einen oder anderen Währung änderte.

Diese Grundlage des Wechselkurses blieb auch mit der Einführung des Papiergeldes und des Kreditgeldes bestehen. Der Wert des Papiergeldes und auch des Kreditgeldes beruht auf dem Wert des Goldgeldes unter den Bedingungen, daß das Papiergeld und die Banknoten bei den Notenbanken gegen Gold eingetauscht werden. In den internationalen Beziehungen geschah das in der Form, daß ausländisches Geld von den ausländischen Notenbanken gegen Gold in Barren eingetauscht wurde, also gegen Gold nach Gewicht. Das ist der Vorgang, den Friedrich Engels schilderte.

Welche Rolle spielt nun dabei der Zinssatz der Wechsel, der Diskontsatz? Der internationale Zahlungsverkehr erfolgt wie der nationale über die Banken. Vom nationalen oder inneren Zahlungsverkehr wissen wir, daß die Kapitalisten in der Regel ihre Zahlungen über ihre Bankkonten leisten, also von der Bank vornehmen lassen. Das geschieht auch mit Hilfe der Wechsel. Sofern die Kapitalisten ihre Wechsel nicht an die Banken verkaufen, also diskontieren, oder beleihen, was mit Lombardieren bezeichnet wird, verwalten die Banken auch die Wechsel und ziehen sie mitsamt dem Diskontsatz für ihre Kunden ein. Die Banken untereinander verrechnen die gegenseitigen Zahlungen, und zu bestimmten Zeitpunkten rechnen sie ab. Wenn die gegenseitigen Forderungen sich nicht ausgleichen, werden die überschüssigen Beträge aus den Beständen der jeweiligen Bank an die andere überwiesen. Dieser Vorgang heißt in der Banksprache Clearing.

Diskontsatz ist ein Zinssatz auf die durch den Wechsel kreditierte Geldsumme. Er ist berechnet auf die Laufzeit des Wechsels, gewöhnlich drei Monate. Wird der Wechsel vorfristig eingelöst, braucht der Schuldner nicht den vollen Zinssatz zu zahlen. Kauft, diskontiert, die Bank den Wechsel, dann zahlt sie den niedrigeren Betrag und kassiert die Zinsen für den Wechsel. Das Wechsel-Diskont-Geschäft ist angesichts seines großen Umfangs ein für die Banken einträgliches Geschäft.

Haben die Banken selbst größere Geldforderungen ihrer Kunden zu erfüllen, dann verkaufen sie, wie wir schon erwähnten, Wechsel an die Notenbank, heute gewöhnlich die Staatsbank, rediskontieren sie. Die Staatsbank emittiert dafür Staatsbanknoten, vergrößert also den Geldumlauf. Die Staatsbank fordert dafür den Diskontsatz.

Der Diskontsatz wird von den Staatsbanken als Regulator des inneren Geldumlaufs benutzt. Wird durch das Wechselangebot der Banken an die Staatsbank der Geldumlauf übernormal vermehrt, erhöhen die Staatsbanken den Diskontsatz. Sie „verteuern“ den Kredit, denn die Banken müssen an die Staatsbank höhere Zinsen für die Wechsel bezahlen, als sie von ihren Bankkunden erhalten.

Im internationalen Zahlungsverkehr spielt der Diskontsatz bei der Regulierung des Wechselkurses eine ähnliche Rolle. Werden mehr ausländische Devisen, also Wechsel in ausländischer Währung, angeboten, als nachgefragt wird, sinkt ihr Wechselkurs, beziehungsweise steigt der Wechselkurs des betreffenden Landes, in dem das Überangebot besteht. Hält dieses Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage und damit das Sinken beziehungsweise die Erhöhung des Wechselkurses länger an, tritt der schon erwähnte Regulierungsmechanismus in Aktion, durch den Gold in Barren exportiert beziehungsweise importiert wird.

Der Wechselkurs richtet sich auf dem Auslandsmarkt also nicht nur nach dem Goldgehalt, sondern auch nach Angebot und Nachfrage der jeweiligen Währung.