Handelskapital und Handelsprofit
Leihkapital und Zins

3.4
Geldentwertung und Inflation

Karl Marx bestimmte die zur Zirkulation notwendige Geldmenge zweifach: einmal ausgehend von einem gegebenen Wert der Geldware und damit des Geldes. In diesem Falle wird die zur Zirkulation notwendige Geldmenge bestimmt durch die Preissumme der Waren, dividiert durch die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes zuzüglich der fälligen und abzüglich der sich ausgleichenden Zahlungen;120 zum anderen ausgehend von einer gegebenen Preissumme der Waren und der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes zuzüglich der fälligen und abzüglich der sich ausgleichenden Zahlungen. Dann bestimmt sich die zur Zirkulation notwendige Geldmenge durch den Wert des Geldes selbst.121 Sie steigt, wenn der Wert des Geldes sinkt, und sie sinkt, wenn der Wert des Geldes steigt.

Vom Standpunkt dieser von Karl Marx entdeckten Gesetzmäßigkeit des Geldumlaufs aus betrachtet, kann die Geldentwertung zunächst und allgemein theoretisch gesehen drei Ursachen haben.

Erstens, das Geld entwertet sich relativ, wenn die Warenpreise insgesamt steigen. Dann sinkt die Kaufkraft des Geldes, das heißt, dieselbe Geldmenge kann weniger Waren kaufen.

Zweitens, das Geld entwertet sich absolut, wenn der Wert der Geldware, das heißt des Goldes, sinkt. Eine absolute Geldentwertung tritt auch dann ein, wenn der Goldgehalt des umlaufenden Geldes vermindert wird.

Drittens tritt eine absolute Geldentwertung ein, wenn ständig mehr Papiergeld und Banknoten emittiert werden, als dem Geldumlaufgesetz entspricht und eine Konvertierung, das heißt Einlösung, in reelles Geld nicht erfolgen kann.

Das Geldumlaufgesetz reguliert, wie Karl Marx feststellt, auch den Umlauf der Banknoten. „Es ist bereits bei Betrachtung der einfachen Geldzirkulation (Buch I, Kap. III, 2) nachgewiesen worden, daß die Masse des wirklich zirkulierenden Geldes, Geschwindigkeit der Zirkulation und Ökonomie der Zahlungen als gegeben vorausgesetzt, bestimmt ist durch die Preise der Waren und die Masse der Transaktionen. Dasselbe Gesetz herrscht bei der Notenzirkulation.“122

Die genannten drei Ursachen der Geldentwertung galten im wesentlichen unter den Bedingungen des von Karl Marx analysierten Kapitalismus der freien Konkurrenz bei unbeschränkter nationaler und internationaler Einlösungspflicht von Papier-und Kreditgeld gegen Gold. Mit dem Übergang zum monopolistischen Kapitalismus vollzogen sich hierin wesentliche Änderungen.

Erstens wurde durch das Auftreten des Monopolkapitals, besonders seine Rolle im Mechanismus der Monopolpreisbildung, die Funktion des Wertgesetzes bei der Herausbildung des Marktwertes beziehungsweise des Produktionspreises der Waren gehemmt.

Zweitens wälzten die Monopole Steuern, Abgaben und überhöhte Abschreibungen auf die Preise ab. Dazu förderte der von den Monopolen beherrschte Staat die Preiserhöhungen durch Drosselung der Einfuhr von Waren. Durch beide Maßnahmen wurde die Preissumme der Waren erhöht und dadurch der Geldumlauf.

Drittens führte die imperialistische Expansions- und Aggressionspolitik der Monopole zu erhöhten Staatsausgaben für die Rüstung, aber auch für Subventionen, zum Beispiel zur Förderung des Exports, der Investitionen, der Einführung neuer Produktionstechnik usw. Diese Ausgaben wurden mit Staatsschulden und mit Papiergeldemission gedeckt.

Die Folge der monopolkapitalistischen Wirtschafts- und Finanzpolitik war eine länger währende allgemeine Geldentwertung in verschiedenen kapitalistischen Ländern, die die Bezeichnung Inflation erhielt. Die Inflation ist eine vom Monopolkapital erzeugte und von ihm zur Gewinnung von Monopolprofiten und zur Finanzierung seiner imperialistischen Expansions- und Aggressionspolitik ausgenutzte allgemeine Geldentwertung, die zur Entwertung der Einkommen, der Enteignung des größten Teils der Geldvermögen und großer Teile des Produktionsvermögens zugunsten der Monopole führt. Sie ist ein Mittel der zusätzlichen Ausbeutung der Arbeiterklasse durch das Monopolkapital.

Die Ausnutzung der Geldemission und des Geldumlaufs zugunsten des Monopolprofits und die Zentralisation des Kapitals in den Händen der Monopole führte zur Verschmelzung der ökonomischen Macht des Finanzkapitals mit der Staatsmacht, zum staatsmonopolistischen Kapitalismus, der den Interessen des privaten Monopolkapitals dient. Dadurch, daß die spontane Regulierung der Geldemission und des Geldumlaufgesetzes gestört wurde, kam es zu einer allgemeinen Geldentwertung, zur Inflation.

Die im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen sich entwickelnden zwei Inflationen hatten ihre Ursachen in der Finanzierung der Rüstung und des Krieges mit Hilfe einer schrankenlosen Papiergeldemission, wodurch die gesamten Ersparnisse und Geldvermögen der Arbeiterklasse und der übrigen Werktätigen, einschließlich kleiner und mittlerer Kapitalisten, verschlungen und die Sachvermögen, besonders die Produktionsmittel, von den Rüstungsmonopolen zusammengeraubt wurden.

Diese beiden Inflationen waren sowohl Folge der aggressiven Politik des Imperialismus als auch Mittel, die Macht der Monopole zu erhalten und zu verstärken. Das Geld- oder Währungssystem wurde auf diese Weise direkt für die Profit- und Machtinteressen der Monopole ausgenutzt.

Nach dem zweiten Weltkrieg vollzogen sich im Lager des Imperialismus bedeutende Verschiebungen des Kräfteverhältnisses, deren sichtbarer Ausdruck die Vormachtstellung des USA-Imperialismus war. Diese äußerte sich auch auf dem Gebiet des Geldwesens und der Währungen. Der amerikanische Dollar wurde im kapitalistischen Weltsystem zur herrschenden Währung und errang im Verlaufe und im Gefolge des zweiten Weltkrieges im kapitalistischen Lager eine Monopolstellung. Diese Monopolstellung als Ausdruck der Vormachtstellung des amerikanischen Finanzkapitals wurde in dem 1944 in Bretton Woods (USA) abgeschlossenen Währungsabkommen der kapitalistischen Länder verankert.

Das Abkommen von Bretton Woods bestimmte, daß zwar das Gold die Grundlage des kapitalistischen Währungssystems bleibt, daß aber der Goldpreis durch ein festes Verhältnis zum Dollar bestimmt wird, der amerikanische Dollar die „Leitwährung“ ist, nach der sich sowohl der Goldpreis als auch das Austauschverhältnis, der Wechselkurs, der Währungen aller anderen kapitalistischen Länder richten mußten. Das war eine Weiterentwicklung des Monopolisierungsmechanismus und eine weitere Untergrabung des Kapitalismus, eine Verstärkung seiner Labilität.

Das nationale und internationale staatsmonopolistische Währungsmonopol der USA diente der Stärkung der Vormachtstellung des Finanzkapitals im eigenen Lande und im imperialistischen Lager. Die Fixierung des Goldpreises im Verhältnis 1 Unze Gold gleich 35 Dollar und die Fixierung der Wechselkurse der kapitalistischen Länder in ihrem Verhältnis zum Dollar und untereinander konnten sie sowohl zur nahezu schrankenlosen Geldemission im Innern als auch nach außen ausnutzen.

In den USA ist wie in allen kapitalistischen Ländern die Einlösungspflicht des Papiergeldes beziehungsweise der Banknoten im Innern des Landes aufgehoben. Der hohe Goldbestand diente vor allem als Weltgeld, da auf dem Weltmarkt die Einlösungspflicht der Devisen gegen Gold im wesentlichen noch bestand. Das amerikanische Finanzkapital nutzte das staatsmonopolistische Währungsmonopol im Innern zur nahezu schrankenlosen Staatsverschuldung und der damit verbundenen Geldemission und finanzierte damit die riesigen Rüstungs- und Kriegsausgaben, den Unterhalt der zahlreichen militärischen Stützpunkte und Besatzungsarmeen als auch die als „Entwicklungshilfe“ getarnten Militärhilfen. Außerdem wurden die umfangreichen Subventionen für Investitionen, für Forschung und Entwicklung, NASA-Kosmos-Forschungsprogramme usw. bezahlt.

Das staatsmonopolistische internationale Währungsmonopol diente vor allem dem Kapitalexport des Finanzkapitals, dem Ausgleich des Handels- und Zahlungsbilanzdefizits, dem Ausbau der Positionen des USA-Finanzkapitals in den internationalen ökonomischen und politischen Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, der UN und ihrer Organisationen und in den Entwicklungsländern.

In den USA selbst führte die schrankenlose Jagd des Finanzkapitals nach Monopolprofit und dessen Realisierung durch steigende Preise und die ebenso schrankenlose Geldemission zur Deckung der Staats- und Rüstungsausgaben zu einer Entwertung des Dollars. Obwohl der Goldgehalt des Dollars, das Verhältnis des Dollars zum Gold, unverändert fixiert blieb, sank der Wert des Dollars, was sich in den gestiegenen Preisen der Waren ausdrückte. Die objektive Wirkung des Wertgesetzes setzte sich gegen das staatsmonopolistische Währungsmonopol durch.

Der forcierte Expansionsdrang des USA-Finanzkapitals nach außen zur Aneignung monopolistischer Profite und zum Ausbau der Vormachtstellung im kapitalistischen Lager sowie die damit verbundene Emission von Dollardevisen stieß ebenfalls auf die durch die objektive Wirkung des Wertgesetzes errichteten Schranken. Da aber noch die Einlösungspflicht von Gold gegen Dollardevisen bestand, wirkte sich das Überangebot an Dollars auf dem Weltmarkt als Goldexport der USA aus, der in wenigen Jahren den amerikanischen Goldbestand halbierte.

Aber der Expansion des USA-Finanzkapitals und des Dollars wurden nicht nur durch das Wertgesetz Grenzen gesetzt, sondern auch durch den ebenso objektiv aus den kapitalistischen Produktionsverhältnissen hervorgehenden Widerstand und Konkurrenzkampf des Finanzkapitals der anderen imperialistischen Länder. Auch in diesen Ländern hatte die Jagd des Finanzkapitals nach Monopolprofit und Vorherrschaft unter Ausnutzung des staatsmonopolistischen Währungsmonopols im Innern des Landes sowie die staatsmonopolistische Wirtschafts-, Finanz- und Rüstungspolitik zur Geldentwertung geführt. Der Realwert der jeweiligen Landeswährung sank gegenüber dem in Bretton Woods im Verhältnis zum Dollar und Gold festgesetzten Nominalwert.

Da aber die ökonomische Entwicklung dieser Länder nicht gleichmäßig, sondern höchst ungleichmäßig vor sich ging, vollzog sich auch die Geldentwertung höchst ungleichmäßig. Die in Bretton Woods festgesetzten fixen Wechselkurse blieben zwar nominell bestehen, reell erfolgte aber durch die ungleichmäßige Preisentwicklung, vor allem der in den Export gehenden beziehungsweise der aus dem Import kommenden Waren, eine bedeutende Verschiebung. Daraus entstanden für die Länder, deren Geld sich stärker entwertete als der USA-Dollar oder das Geld anderer Länder, wie zum Beispiel das der früheren BRD, bedeutende Nachteile im Export. Sie mußten ihre Waren zu dem fixen Wechselkurs verkaufen, obwohl sich ihr Geld bedeutend entwertet hatte, das heißt, ihre Waren verteuerten sich auf dem Weltmarkt, und ihr Export wurde dadurch gehemmt. Umgekehrt verbilligten sich die Waren der Länder, deren Geld sich weniger entwertet hatte.

Um ihren Export zu fördern und sich vor zu hohem Import zu sichern, veränderten daher diese Länder ihren in Bretton Woods festgelegten Wechselkurs; sie vollzogen eine Abwertung, senkten den nominellen Goldgehalt ihres Geldes und dadurch ihre Exportpreise. Andere Länder, deren Geld sich langsamer entwertete, wurden gezwungen, eine Aufwertung vorzunehmen. Länder, die ein hohes Handels- und Finanzbilanzdefizit hatten, beschränkten die Einlösungspflicht ihrer Devisen oder führten eine Devisenbewirtschaftung ein. Das französische Finanzkapital und seine Regierung zwangen die USA, in großem Umfang Dollar gegen Gold einzutauschen.

Das internationale staatsmonopolistische Währungsmonopol der USA wurde immer stärker durch den Konkurrenzkampf des Finanzkapitals der anderen entwickelten kapitalistischen Länder, besonders der in der EWG vereinigten westeuropäischen Länder und Japans, untergraben. Die Währung wurde immer stärker als Mittel dieses Konkurrenzkampfes eingesetzt. Es begann, sich ein Währungskrieg zu entwickeln, in dessen Ergebnis das Währungssystem von Bretton Woods und die Vormachtstellung des USA-Dollars faktisch zusammenbrachen.

Sichtbarer Ausdruck dieses Währungskrieges war die Baisse-Spekulation des Finanzkapitals gegen den amerikanischen Dollar durch den Verkauf von Milliarden überschüssiger USA-Dollar und die Aufhebung der Einlösungspflicht von Dollar gegen Gold durch die USA. Baisse-Spekulation hieß, daß auf die offizielle Abwertung des Dollars oder die Aufwertung solcher Währungen spekuliert wurde, die relativ gering entwertet waren.

Die Antwort auf die Aufhebung der Einlösungspflicht des Dollars gegen Gold und die Baisse-Spekulation des Finanzkapitals war die Aufhebung der fixen Wechselkurse durch das sogenannte Floaten, das heißt durch die Festsetzung des Wechselkurses entsprechend den Schwankungen von Angebot und Nachfrage, und damit durch die Verstärkung des Währungskrieges.

Die staatsmonopolistische Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik, die den Zielen des nationalen und internationalen Finanzkapitals untergeordnet ist, ist die wesentliche Ursache dafür, daß die Inflation zu einer allgemeinen Erscheinung des kapitalistischen Systems wurde. Alle kapitalistischen Länder sind davon betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Dieselbe Politik hat die Inflation weiter aus einer zeitweiligen und durch sogenannte Währungsreformen beendbaren Erscheinung zu einem chronischen Zustand der kapitalistischen Währungen entwickelt.