Kreislauf und
Umschlag des Kapitals

1.1
Der Kreislauf des Geldkapitals

Unter Kreislauf des Kapitals wird der Bewegungsprozeß verstanden, den das industrielle Kapital vom Kauf der Arbeitskraft und der Produktionsmittel über den Produktions- und Verwertungsprozeß bis zum Verkauf der erzeugten Waren und der Realisierung des in ihnen verkörperten Wertes und Mehrwerts vollzieht. Dieser Prozeß wird mit der Geldform des Kapitals, dem Geldkapital, eröffnet und mit der Geldform des Kapitals abgeschlossen. Während das Geldkapital bei der Eröffnung des Kreislaufs nur potentielles Kapital ist, erst vor seiner Verwertung steht, ist das Geldkapital zum Abschluß des Kreislaufs verwertetes, um den Mehrwert vergrößertes Geldkapital.

Zu Kapital wird das Geld im Kreislauf des industriellen Kapitals nur durch den kapitalistischen Produktionsprozeß als Verwertungsprozeß des Kapitals. Der den Kreislauf des industriellen Kapitals eröffnende Zirkulationsakt G – W und der ihn abschließende W′ – G′ erhalten also ihren kapitalistischen Charakter durch den kapitalistischen Charakter des Produktionsprozesses. Hierbei bestätigt sich die Erkenntnis des auf die politische Ökonomie angewandten dialektischen Materialismus, daß die Zirkulation, der Austausch, und die Verteilung letzten Endes von den Gesetzen der gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen in der Produktion der materiellen Lebensbedürfnisse bestimmt werden3, wobei die Zirkulation und die Verteilung wie auch die Konsumtion auf die Produktion zurückwirken und ein Wechselverhältnis zwischen ihnen besteht.

Der Kreislauf des industriellen Kapitals, der durch das Geldkapital eröffnet und abgeschlossen wird, erscheint als Kreislauf des Geldkapitals. Dieser Kreislauf umfaßt drei Stadien.

Im ersten Stadium erfolgt die Verwandlung des Geldkapitals in produktives Kapital. Der Kapitalist kauft für sein Geld Arbeitskräfte und Produktionsmittel, die subjektiven und objektiven oder die personellen und materiellen Bedingungen des Produktions- und Verwertungsprozesses. Der Kauf der Ware Arbeitskraft und der Produktionsmittel ist ein Zirkulationsvorgang. Geld wird in Ware verwandelt:

G W  oder  G W < A
Pm

Das zweite Stadium ist der Produktions- und Verwertungsprozeß, in dem das produktive Kapital in Aktion ist. Karl Marx bezeichnet dieses Stadium des Kreislaufs des industriellen Kapitals mit … P …, wobei die Punkte andeuten, daß die Zirkulation durch die Produktion unterbrochen ist. Das Ergebnis der Aktion des produktiven Kapitals sind Waren, deren Wert größer ist als der Wert des vorgeschossenen Geldkapitals beziehungsweise des produktiven Kapitals. Er ist um den Mehrwert vergrößert, der von den Arbeitern in der Produktion erzeugt wurde. Arbeitskräfte und Produktionsmittel wurden dadurch zu Kapital, zu produktivem Kapital, da sie zur Produktion von Mehrwert dienen. Das Ergebnis der Produktion sind dabei nicht schlechthin Waren, sondern Kapital in Warenform: W′.

Das dritte Stadium ist der abschließende Zirkulationsakt, die Verwandlung des Warenkapitals in die Geldform des Kapitals, in verwertetes Geldkapital: W′ – G′.

In dem Zirkulationsakt

G – W < A
Pm

ist das Geld nur der Möglichkeit nach Kapital, sowohl was die Geldform als auch was die Elemente des produktiven Kapitals betrifft. Solange die Arbeitskräfte und die Produktionsmittel ruhen, nicht in Aktion gesetzt werden, sind auch sie nur potentielles Kapital.

Hierbei bestätigt sich die Marxsche Erkenntnis, daß das Kapital nur als „prozessierender Wert, prozessierendes Geld“4 , „die Verwertung des Werts … nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung“5 existiert. Zwischen Zirkulation und Produktion besteht ein Gegensatz, der dadurch gelöst wird, daß das produktive Kapital in Bewegung gesetzt wird und der Produktions- und Verwertungsprozeß erfolgt. Durch den Verwertungsprozeß haben sich Geld, Produktionsmittel und Arbeitskräfte als Kapital bewiesen. Aus potentiellem wurden sie zu wirklichem Kapital.

Der abschließende Zirkulationsakt W′ – G′ enthält ebenfalls einen Widerspruch, den Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Wert der Ware, der nun als Widerspruch zwischen Produktion und Realisierung des Mehrwerts erscheint und durch die Bewegung Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital gelöst wird. Die drei Formen, die das industrielle Kapital in seinem Kreislauf als Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital annimmt, sind keine selbständigen Formen des Kapitals, sondern nur Formen innerhalb des Kreislaufs, wobei die eine nicht ohne die andere existieren kann.

Untersuchen wir nun die Funktion des industriellen Kapitals in den drei Stadien seines Kreislaufs.

Das erste Stadium ist die Verwandlung des Geldkapitals in die Elemente des produktiven Kapitals. Hierbei genügt die subjektive Absicht des Geldbesitzers, sein Geld als Kapital anzulegen und zu verwerten, allein nicht. Es müssen die gesellschaftlichen Voraussetzungen gegeben sein. Die erste entscheidende Voraussetzung ist, daß die Arbeitskraft als Ware auftritt. Produktionsmittel waren teilweise schon vor der kapitalistischen Produktionsweise Waren, ohne daß sie die Form von produktivem Kapital annahmen. Die Produktionsmittel erhielten erst dann die Kapitalform, als die Arbeitskraft in eine Ware verwandelt wurde.

Das erste Stadium des Kreislaufs des Geldkapitals setzt demnach das Kapitalverhältnis, die Existenz von Kapitalisten als Eigentümer der Produktionsmittel auf der einen Seite und von Arbeitern, die keine Produktionsmittel besitzen und nur die Arbeitskraft ihr eigen nennen, auf der anderen Seite, voraus. Diese Feststellung von Karl Marx ist gegen jene bürgerlichen und reformistischen Ökonomen gerichtet, die behaupten, Geld und Produktionsmittel würden an sich, von Natur aus Kapital sein. „Es ist nicht das Geld, mit dessen Natur das Verhältnis gegeben ist; es ist vielmehr das Dasein dieses Verhältnisses, das eine bloße Geldfunktion in eine Kapitalfunktion verwandeln kann.“6

Als Geldkapital kann das Kapital nur Geldfunktionen verrichten. Es dient als Kaufmittel zum Ankauf der Arbeitskräfte und Produktionsmittel und fungiert als Zahlungsmittel, da die Produktionsmittel gewöhnlich auf Kredit gekauft werden; ferner wird es als Arbeitslohn verwendet, der nach getaner Arbeit ausgezahlt wird. Das Geldkapital kann also nur den Kauf der Waren vermitteln, die zur Produktion notwendig sind. Es verrichtet demnach nur Zirkulationsfunktionen. Eine Verwertung des Kapitals erfolgt in diesem Stadium nicht; es werden hier aber die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen. Deshalb handelt es sich nicht um eine einfache Geldfunktion, sondern um eine Kapitalfunktion, die, wie wir feststellten, zunächst potentiell ist und erst in der Kreislaufbewegung des Kapitals reell wird.

Die Verwandlung des Geldkapitals erfordert auch die Erfüllung einer zweiten Voraussetzung. Der Geldkapitalbesitzer muß auf dem Markt die Arbeitskräfte und die Produktionsmittel in der Form und Qualität vorfinden, wie er sie für seinen speziellen Produktions- und Verwertungsprozeß braucht. Für den Inhalt dieses Stadiums des Kreislaufs des Kapitals ist der Gebrauchswert der zu kaufenden Elemente des produktiven Kapitals wichtig. Die Arbeitskräfte müssen entsprechend qualifiziert und die Produktion von Produktionsmitteln so entwickelt sein, daß der Kapitalist das für seinen Produktions- und Verwertungsprozeß Notwendige vorfindet.

Hier äußert sich ein scheinbarer Widerspruch. Der industrielle Kapitalist ist in bezug auf die Verwertung des Kapitals nur am Mehrwert in seiner allgemeinen Form, der Geldform, interessiert. Der Gebrauchswert ist für ihn nur Mittel zum Zweck. Er produziert Gebrauchswerte, um damit Mehrwert zu erlangen. Sie interessieren ihn nur insofern, als sie Träger des Mehrwerts sind, und diese Funktion können sie nur dadurch erfüllen, daß sie Bedürfnisse befriedigen. Um Mehrwert zu produzieren, braucht der Kapitalist für seine Produktion ganz bestimmte Produktionsmittel (Maschinen, Rohstoffe, Materialien usw.) und Arbeitskräfte mit einer bestimmten Qualifikation. Aus diesem Grunde ist er ebenfalls am Gebrauchswert der Produktionsmittel und Arbeitskräfte interessiert.

Um sein Geld in Kapital verwandeln und verwerten zu können, muß der Kapitalist Produktionsmittel und Arbeitskräfte auf dem Markt vorfinden – die einen auf dem Warenmarkt für Produktionsmittel und die anderen auf dem Warenmarkt für Arbeitskräfte, dem Arbeitsmarkt. Er ist also auf die Produktion der anderen Kapitalisten angewiesen, die Produktionsmittel und Konsumtionsmittel herstellen. Sein Kapital bildet nur einen Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, und sein Reproduktionsprozeß ist Teil des Reproduktionsprozesses des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, der durch die Zirkulation mit diesem verbunden ist.

Schließlich muß eine dritte Voraussetzung erfüllt werden, damit sich das Kapital verwerten kann. Es ist nicht nur notwendig, daß der Kapitalist Produktionsmittel und Arbeitskräfte mit entsprechendem Gebrauchswert vorfindet, sondern daß sie auch in einem richtigen quantitativen Verhältnis eingekauft und eingesetzt werden. Der Umfang der Produktion des einzelnen Kapitalisten richtet sich nach den technischen Erfordernissen der Produktion und der Größe seines Geldkapitals, das ihm zur Verfügung steht. Diesen Umfang des Geldkapitals vorausgesetzt, bedarf der Kapitalist einer der Anzahl der von ihm angeschafften Maschinen entsprechenden Menge an Rohstoffen und Materialien sowie Arbeitskräften. Hat er zum Beispiel genügend Rohstoffe und Material, um die Maschinen voll auszulasten, aber zu wenig Arbeitskräfte, so liegen Maschinen und Rohstoffe zeitweilig brach, und das in ihnen festgelegte Kapital kann sich nicht verwerten. Das gleiche ist der Fall, wenn er zwar genügend Arbeitskräfte, aber zuwenig Rohstoffe und Material gekauft hat.

Gehen wir zur Betrachtung des zweiten Stadiums des Geldkapitals, der Funktion des produktiven Kapitals … P … über. Der gesellschaftliche Charakter des Produktionsprozesses der jeweiligen Produktionsweise ergibt sich aus der Art und Weise, wie die Arbeitskraft sich mit den Produktionsmitteln verbindet. „Die besondre Art und Weise, worin diese Verbindung bewerkstelligt wird, unterscheidet die verschiednen ökonomischen Epochen der Gesellschaftsstruktur.“7 Beim Studium des kapitalistischen Arbeitsprozesses8 sahen wir, daß die Vereinigung von Arbeitskraft und Produktionsmittel unter dem Kommando des Kapitalisten erfolgt. Er kauft die Arbeitskraft und die Produktionsmittel, daher gehört ihm deren Gebrauchswert und dessen Nutzung, und er nutzt sie, indem er sie in der Produktion zusammenführt, um Waren mit Mehrwert produzieren zu lassen. Das Ergebnis der Produktion gehört ihm, weil ihm das produktive Kapital gehört.

Arbeitskraft und Produktionsmittel verwandeln sich erst in den Händen des Kapitalisten in Kapital, in produktives Kapital. Bürgerliche Ökonomen behaupten, daß nicht nur die Produktionsmittel von Natur aus Kapital seien, es demzufolge schon immer Kapital gegeben habe und es daher auch im Sozialismus Kapital geben würde, sondern daß auch die Arbeitskraft der Arbeiter Kapital sei, das „Kapital“ der Arbeiter. Jeder Arbeiter wäre damit sein eigener Kapitalist.

Die Arbeitskraft oder das Arbeitsvermögen kann der Arbeiter nur in Verbindung mit den Produktionsmitteln anwenden. Aber die Produktionsmittel gehören nicht ihm, sondern dem Kapitalisten. Der Arbeiter ist daher gezwungen, seine Arbeitskraft, die einzige Ware, über die er noch verfügt, an den Kapitalisten zu verkaufen. Der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft ist für den Kapitalisten die Fähigkeit des Arbeiters, Mehrarbeit leisten und Mehrwert produzieren zu können. Auf diese Weise wird die Arbeitskraft in den Händen des Kapitalisten zu Kapital, zum Hauptelement des produktiven Kapitals.

Im Stadium der Funktion des produktiven Kapitals, im Produktions- und Verwertungsprozeß, konsumiert der Kapitalist den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft, während der Arbeiter durch seine produktive Arbeit die Produktionsmittel konsumiert. Das Resultat der Funktion des produktiven Kapitals ist das Warenkapital W’, die Warenform des verwerteten Kapitals.

Die individuelle Konsumtion des Arbeiters, die Reproduktion seiner Arbeitskraft durch den Verbrauch der für den Arbeitslohn gekauften Konsumtionsmittel, vollzieht sich außerhalb der Funktion des produktiven Kapitals, obwohl sie eine Voraussetzung für die Verwertung des Kapitals ist, die ständig arbeitsfähige Arbeiter verlangt. Das setzt aber auch voraus, daß die Kapitalisten nicht nur Produktionsmittel erzeugen lassen, sondern auch Konsumtionsmittel. W’, das Warenkapital des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, muß demzufolge sowohl Produktionsmittel als auch Konsumtionsmittel umfassen, damit die Reproduktion der Arbeitskraft gewährleistet werden kann.

Das dritte Stadium des Kreislaufs des Geldkapitals ist das Stadium der Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital: W′ – G′. Die Funktionsform Warenkapital ergibt sich unmittelbar aus der kapitalistischen Form der Produktion. Warenkapital ist schon verwertetes, aber noch nicht realisiertes Kapital. In der Produktion erzeugten die Arbeiter durch ihre konkrete Arbeit den Gebrauchswert der Waren, übertrugen den Wert des konstanten Kapitals auf das Produkt, reproduzierten zugleich mit ihrer abstrakten Arbeit den Wert des variablen Kapitals und erzeugten den Mehrwert. Im Ergebnis der Produktion wurde der Wert des vorgeschossenen und in produktives Kapital verwandelten Geldkapitals um den Mehrwert vergrößert. Das Geldkapital am Ende des Kreislaufs ist größer als das zur Eröffnung des Kreislaufs vorgeschossene Geldkapital. Das Kapital hat sich verwertet.

In der Form des Warenkapitals ist aber die Verwertung des Kapitals noch unvollendet. Das Ziel der kapitalistischen Produktion ist nicht, wie in der feudalen Naturalwirtschaft, das Mehrprodukt in Produkten- oder Warenform, sondern in Form des Mehrwerts. In der Form des Warenkapitals kann der Kapitalist noch nicht über den Wert der Waren und damit über den Mehrwert verfügen. In der Warenform steht das Kapital vor dem „salto mortale“. Es muß erst noch beweisen, ob die für die Produktion aufgewandte Arbeit als Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit geleistet wurde. Der Widerspruch zwischen privater und gesellschaftlicher Arbeit und zwischen Gebrauchswert und Wert der Waren kann sich in Absatzschwierigkeiten und Krisen äußern.

Die Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital ist nicht identisch mit der Verwertung des Kapitals. Kapitalisten und bürgerliche Ökonomen behaupten, der Mehrwert beziehungsweise der Profit – sie kennen nur die Erscheinungsformen des Mehrwerts – würde beim Verkauf der Waren entstehen. Er würde der Kenntnis und der geschickten Ausnutzung der Marktlage entspringen. So wichtig für die Kapitalisten die Kenntnis und die Ausnutzung der Marktlage für die Preisbestimmung und damit für die Realisierung des Wertes ihrer Waren auch ist, hergestellt werden die Waren und mit ihnen Wert und Mehrwert in der Produktion. Die Preisschwankungen und deren Ausnutzung sind nur die Form, in der sich das Wertgesetz verwirklicht. Hier zeigt sich, ob die Kapitalisten mehr oder weniger Zeit als die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit für die Produktion ihrer Waren aufgewandt haben; können einige Kapitalisten ihre Waren über den Wert verkaufen, gewinnen sie nur auf Kosten anderer Kapitalisten oder auf Kosten der Arbeiter. Es findet dann eine Umverteilung des Wertes zu ihren Gunsten statt. Die Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital, seine Metamorphose, ist nur ein Formwandel des schon verwerteten Kapitals aus der Warenform in die Geldform. Aber diese Funktion hat ihre Besonderheiten. Es vollziehen sich hierbei unterschiedliche Prozesse.

Erstens erfolgt die Rückverwandlung des vorgeschossenen Geldkapitals in seine ursprüngliche Form, nachdem es die Form des produktiven Kapitals angenommen hatte und in Warenform verwandelt wurde. Der Kapitalist erhält sein Kapital zurück und kann erneut dessen Kreislauf eröffnen und es verwerten.

Zweitens ist die Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital die Verwandlung des Mehrwerts aus der Warenform in die Geldform. In der Metamorphose W′ – G′ spielt die Geldform demnach eine doppelte Rolle. Sie ist einerseits Rückverwandlung des schon vor Beginn des Kreislaufs des Kapitals vorhandenen Wertes in seine ursprüngliche Form und andererseits die Verwandlung des neuen, in der Produktion erzeugten Wertes aus der Warenform in die Geldform. Der erstere schließt seinen Kreislauf ab, der letztere tritt zum ersten Mal auf.

W′, das Warenkapital, und G′, das Geldkapital, bestehen jeweils aus zwei Teilen: W + w und G + g. W und G sind das ursprüngliche Kapital, w und g der Mehrwert, einmal in Warenform, das andere Mal in Geldform.

Die Rückverwandlung von W in G und die Verwandlung von w in g sind für die Kapitalisten gleich wichtig. Um das Ziel ihres Strebens, den Mehrwert, erreichen zu können, müssen sie sowohl W als auch w realisieren, in Geld verwandeln, denn beide sind in der Warenform miteinander verbunden. Angenommen, der Mehrwert würde ein Drittel des gesamten Wertes betragen, also 100 W + 50 w = 150. Würden von den 150 nur 100 in Geld verwandelt werden können, hätte der Kapitalist zwar seinen Mehrwert von 50 realisiert, aber die Hälfte seines ursprünglich vorgeschossenen Kapitals verloren, oder er hätte sein ursprüngliches Kapital zurückerhalten und keinen Mehrwert realisiert. „Die Warenmasse W’, als Träger des verwerteten Kapitals, muß ferner in ihrem ganzen Umfang die Metamorphose W′ – G′ durchmachen. Die Quantität des Verkauften wird hier wesentliche Bestimmung. Die einzelne Ware figuriert nur noch als integrierender Teil der Gesamtmasse.“9

Drittens beschreiben G und g verschiedene Kreisläufe. Wir stellten schon fest, daß G, das vorgeschossene Geldkapital, mit W′ – G′ seinen Kreislauf abschließt, g dagegen erblickt zum ersten Male das Licht der Welt. Für g wird nun der Verwendungszweck von Bedeutung, welchen Kreislauf es vollziehen wird. Wird g ausschließlich für die individuelle Konsumtion der Kapitalisten verwendet, fällt es ganz aus dem Kreislauf des Kapitals heraus. Es geht in die einfache Warenzirkulation ein. Sein Kreislauf wäre dann w – g – w. Wird dagegen g ganz oder teilweise akkumuliert, in Kapital verwandelt, dann geht es in den Kreislauf des Geldkapitals ein.

G, das ursprüngliche Geldkapital, setzt, nachdem es aus der Warenform in die Geldform verwandelt wurde, seinen Kreislauf fort, das heißt, es beginnt einen neuen Kreislauf als G. Wird nun g zu G geschlagen, setzt also das ganze G′ den Kreislauf fort, dann nicht als G′, sondern als vergrößertes G. Es soll ja den Verwertungsprozeß neu durchlaufen. Was für G Fortsetzung der Bewegung ist, ist für g der Beginn seines Kreislaufs als Geldkapital. Wie G muß nunmehr auch g als Bestandteil des neuen, vergrößerten Geldkapitals für den Kauf von Arbeitskräften und Produktionsmitteln verwendet werden. Diese Verwendung vollzieht es aber nicht als Mehrwert, sondern als Geldkapital. „Der Kreislauf des Geldkapitals kann nie mit G′ beginnen (obgleich G′ jetzt als G fungiert), sondern nur mit G; d.h. nie als Ausdruck des Kapitalverhältnisses, sondern nur als Vorschußform des Kapitalwerts.“10

Betrachten wir den gesamten Kreislauf des Geldkapitals als Einheit seiner drei Stadien

G – W < A
Pm
… P … W′ – G′ ,

so ergeben sich einige weitere Besonderheiten und Probleme. Zunächst sei noch einmal festgestellt: Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital sind nicht selbständige Kapitalformen, sondern Funktionsformen des industriellen Kapitals, die dieses nacheinander durchlaufen muß. Dieses Nacheinander muß sich kontinuierlich vollziehen, denn jede Stockung vermindert die Verwertung des Kapitals. Andererseits muß das Kapital in jedem der drei Stadien eine bestimmte Zeit verharren. Der Kreislauf des industriellen Kapitals umfaßt demzufolge sowohl das Nebeneinander als auch das Nacheinander der drei Stadien.

Im Kreislauf des Geldkapitals kommt der Zweck der kapitalistischen Produktionsweise am eindeutigsten zum Ausdruck: die Verwertung des Kapitals, die Aneignung von Mehrwert. Die Produktion ist nur Mittel zur Erreichung dieses Zweckes. Könnten die Kapitalisten diesen Zweck auch ohne Produktion erreichen, würden sie es tun. Ihnen ist gleichgültig, welche Gebrauchswerte sie produzieren lassen. Entscheidend ist, daß sie Träger von Mehrwert sind. „Der Produktionsprozeß erscheint in der Form des Kreislaufprozesses selbst, formell und ausdrücklich als das, was er in der kapitalistischen Produktionsweise ist, als bloßes Mittel zur Verwertung des vorgeschoßnen Werts, also die Bereicherung als solche als Selbstzweck der Produktion.“11

Der Kreislauf des Geldkapitals zeigt auch, wenn man ihn für sich betrachtet, daß der Zweck der kapitalistischen Produktion nicht die Konsumtion, nicht die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen ist. Dieser Kreislauf kennt nur die produktive Konsumtion, die Konsumtion des Gebrauchswerts der Arbeitskraft und der Produktionsmittel im Produktions- und Verwertungsprozeß. Die individuelle Konsumtion der Arbeiter liegt außerhalb des Kreislaufs des Geldkapitals. Sie erscheint für den Kapitalisten nur als Teil der Reproduktion des wichtigsten Bestandteils seines produktiven Kapitals, der Arbeitskraft.

Obwohl der Kreislauf des Geldkapitals den Zweck der kapitalistischen Produktionsweise am eindeutigsten zum Ausdruck bringt, weckt er zugleich auch eine Illusion, an die bürgerliche Ökonomen anknüpfen. Verkürzt lautet die Kreislaufformel des Geldkapitals G … G′, Vergrößerung oder Verwertung eines vorgeschossenen Wertes. Die Vertreter des Merkantilismus zogen aus dieser Kreislaufformel die Schlußfolgerung, daß das Ziel der Wirtschaftspolitik die Gewinnung des Mehrprodukts in Geldform sei. Sie vertraten daher die Auffassung, daß jedes Land möglichst viel Waren ausführen, wenig einführen und dafür Geld, vor allem Gold, als die allgemeine Form des gesellschaftlichen Reichtums einführen sollte. „Das W“, schrieb Karl Marx, „ist ausdrücklich bestimmt zu fremder Konsumtion. Wir finden daher bei Dolmetschern des Merkantilsystems (dem die Formel G – W … P … W′ – G′ zugrunde liegt) sehr weitläufige Predigten darüber, daß der einzelne Kapitalist nur als Arbeiter konsumieren muß, wie die Kapitalistennation den andern dummem Nationen das Verzehren ihrer Waren und überhaupt den Konsumtionsprozeß überlassen, dagegen die produktive Konsumtion zu ihrer Lebensaufgabe machen muß. Diese Predigten erinnern oft der Form und dem Inhalt nach an analoge asketische Ermahnungen der Kirchenväter.“12

Die Auflösung der Kreislaufformel des Geldkapitals aus G … G′ in

G – W < A
Pm
… P … W′ – G′

ist das Verdienst von Karl Marx, der sie aus der Analyse des Produktions- und Verwertungsprozesses des Kapitals gewann. Mit ihr zerstörte er die Illusion, die aus der Formel G … G′ – zugleich Formel des Leihkapitals – hervorgeht, und wies nach, daß Zins und Profit des industriellen Kapitalisten, Handelsprofit und Grundrente ein und dieselbe Quelle haben, den Mehrwert, der in der Produktion durch die Lohnarbeiter erzeugt wird.

Wir haben schon einleitend festgestellt, daß das Kapital nur in der Bewegung existiert. Der Kreislauf des Geldkapitals kann daher nach seiner Vollendung nicht abgebrochen werden, ohne daß das Kapital aufhört, Kapital zu sein, ganz abgesehen davon, daß es beim industriellen Kapital schon technisch unmöglich ist, nur einen Kreislauf des Geldkapitals zu vollziehen. Die kapitalistische Produktionsweise bedingt also, daß der Kreislauf des Geldkapitals ununterbrochen fortgesetzt und daß das G′ am Ende des ersten Kreislaufs als G zum Ausgangspunkt des nächsten Kreislaufs wird. Die Formel des Kreislaufs des Geldkapitals bildet dann eine unendliche Reihe:

G – W … P … W′ – G′ . G – W … P … W′ – G′ . G – W … P … usw.

Als unendliche Reihe gesehen, erscheint der Schlußpunkt des Kreislaufs des Geldkapitals, G′, nur als Durchgangspunkt zum nächsten Kreislauf, nur als Mittel, die Elemente des produktiven Kapitals zu kaufen. Der Zweck des Kreislaufs des Geldkapitals scheint nicht mehr die um den Mehrwert vergrößerte Geldsumme, sondern die vergrößerte Produktion zu sein. Die Verwertung des Kapitals dient der Fortsetzung und Erweiterung der Verwertung. Der Kreislauf des Geldkapitals verwandelt sich in den ununterbrochenen Kreislauf des produktiven Kapitals.

In der Tatsache, daß die kapitalistische Produktion durch das Mehrwertgesetz angetrieben wird, äußert sich, daß der Zweck der kapitalistischen Produktion nicht die Konsumtion der Kapitalisten ist, sondern der Verwertungs- und Akkumulationsprozeß, der nur durch die ununterbrochene Produktion und Reproduktion des Kapitals gewährleistet werden kann.

In ihrer ununterbrochenen Fortsetzung verschlingt sich der Kreislauf des Geldkapitals mit dem Kreislauf des produktiven Kapitals und des Warenkapitals:

   
G – W …  P  … W′ – G′ . G – W … P …  W′ – G′ . G  – W … P …
   
 
         

usw.

Die Wiederholung des Kreislaufs des Geldkapitals schließt den Kreislauf des produktiven Kapitals und des Warenkapitals, die wir noch näher untersuchen werden, ein. Darin kommt zum Ausdruck, daß ein Einzelkapital nicht unabhängig von den anderen Einzelkapitalen existieren kann, sondern nur als Glied des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Die Fortsetzung des Kreislaufs des Geldkapitals ist nur möglich, wenn stets die sachlichen Elemente des produktiven Kapitals und die Arbeitskräfte vorhanden sind. Das setzt voraus, daß Produktions- und Konsumtionsmittel produziert werden, als Warenkapital auf den Markt kommen und damit die Bedingungen für die Fortsetzung der Produktion, das heißt für die Produktion als Reproduktion, geschaffen werden. Von der Reproduktion des Kapitals betrachtet, vollzieht sich der Kreislauf des industriellen Kapitals als Kreislauf des produktiven Kapitals.