Kreislauf und
Umschlag des Kapitals

1.3
Der Kreislauf des Warenkapitals

Die Formel des Kreislaufs des Warenkapitals ist W′ – G′ – W … P … W′ oder in ihrer erweiterten Form

W′ – G′ . G – W < A
Pm
… P … W′

Der Unterschied des Kreislaufs des Warenkapitals zu den beiden anderen Kreislaufformeln des Kapitals besteht darin, daß er mit dem schon verwerteten Kapital beginnt. Der Kreislauf des Geldkapitals und des produktiven Kapitals wird mit dem vorgeschossenen, noch nicht verwerteten Kapital eröffnet. Bei ihnen muß während des Kreislaufs die Aufgabe des Kapitals, die Produktion von Mehrwert, erst gelöst werden. Beim Kreislauf des Warenkapitals ist sie gelöst. Das Kapital ist verwertet. Allerdings hat das verwertete Kapital noch die Warenform. Es muß in die Geldform verwandelt werden, damit die Verwertung abgeschlossen und der Kreislauf fortgesetzt werden kann.

Mit W′, dem Warenkapital, als Ausgangspunkt hat der Kreislauf des Kapitals ebenfalls spezifische Eigenarten oder Besonderheiten, die vor allem darin bestehen, daß dieser Kreislauf über das Einzelkapital hinaus auf seine unzertrennliche Verbindung mit dem gesellschaftlichen Gesamtkapital hinweist.

Die entscheidende Voraussetzung für das Gelingen des Kreislaufs des Warenkapitals ist, daß das gesamte Produkt nicht nur realisiert, in Geld verwandelt wird, sondern auch in die Konsumtion, in die individuelle wie in die produktive Konsumtion, eingeht. Es darf also nicht nur formell abgesetzt sein und in den Lagern des Handelskapitalisten ruhen.

Beim Kreislauf des Warenkapitals ist die kapitalistische Produktion vorausgesetzt, denn als W′, Warenwert, der Mehrwert verkörpert, W + w, kann es nur das Resultat der kapitalistischen Produktion sein. Wenn kapitalistische Produktion vorausgesetzt, dann besteht ein Teil des Warenwerts W′ aus c, dem Wert des konstanten Kapitals, der wieder in Produktionsmittel verwandelt wird; ein Teil besteht aus v, dem Wert des variablen Kapitals, der reproduziert wurde und für den erneuten Kauf der Arbeitskraft benutzt wird, sich dadurch in Arbeitslohn verwandelt, der für den Kauf von Konsumgütern zur Reproduktion der Arbeitskraft verwendet wird; schließlich besteht ein Teil des Warenwerts aus m, dem Mehrwert, der teils als Revenue, Konsumgüter für die Kapitalisten, verausgabt und zum größten Teil akkumuliert wird. Die verschiedenen Teile des Warenwerts W′ gehen also verschiedene Wege.

Wir stellten schon mehrmals fest, daß die Zirkulation des Kapitals nicht nur den Formwandel des Wertes, die Verwandlung des Geldkapitals in produktives Kapital und des Warenkapitals in Geldkapital vermittelt, sondern auch den für die Produktion und Reproduktion notwendigen Stoffwechsel. Sie vermittelt durch Verkauf und Kauf die Produktionsmittel und die Arbeiskräfte, die der jeweilige Kapitalist für seine spezielle Produktion und alle Kapitalisten für das Funktionieren des gesamten gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses brauchen. Das bedeutet, daß W′, das Warenkapital aller Kapitalisten, stofflich so zusammengesetzt sein muß, daß es die produktiven und konsumtiven Bedürfnisse des gesellschaftlichen Gesamtkapitals befriedigen kann. Da es sich um kapitalistische Privatproduktion handelt, geht das nicht ohne Widersprüche und Konflikte.

Von der Reproduktion aus betrachtet, wirkt auch die Konsumtion auf die Produktion ein. Die kapitalistische Warenproduktion funktioniert nur, wenn der Gebrauchswert der Waren ein gesellschaftlicher Gebrauchswert ist, der gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt. Diese Bedürfnisse sind Bedürfnisse der Produktion und der individuellen Konsumtion der Arbeiter und der Kapitalisten. Entsprechend ihrem Gebrauchswert gehen die von dem jeweiligen Kapital auf den Markt geworfenen Waren in die individuelle Konsumtion der Arbeiter und der Kapitalisten oder in die produktive Konsumtion, das heißt in die Produktion, ein. Wenn nun die einzelnen Kapitalisten ihr Warenkapital umgesetzt und in Geldkapital verwandelt haben, müssen sie auf dem Markt die Waren vorfinden, die sie zur Fortsetzung und Erweiterung ihrer Produktion brauchen.

Woher kommen nun diese Waren? Sie können nur aus der Produktion kommen. Das gesellschaftliche Gesamtprodukt, das die geforderten Waren – Produktionsmittel und Konsumtionsmittel der verschiedensten Art – enthalten muß, ist das Ergebnis der Produktion von Einzelkapitalen. Die Kapitalisten müssen sich die Waren gegenseitig liefern, die sie zur Reproduktion und Akkumulation ihres Kapitals brauchen. Das ergibt sich aus dem von Karl Marx analysierten Kreislauf des Warenkapitals.

Die einzelnen Kapitalisten können nur existieren erstens, wenn sie das gesamte Ergebnis ihrer Produktion absetzen, ihr Warenkapital in Geldkapital verwandeln. Aber sie erfahren erst auf dem Markt, ob die von ihnen hergestellten Produktionsmittel oder Konsumtionsmittel den gesellschaftlichen Bedürfnissen entsprechen. Zweitens können sie nur existieren, wenn sie ihre Produktion ständig fortsetzen. Dazu bedürfen sie der Produktionsmittel und Arbeitskräfte, die für ihre konkrete, spezielle Produktion notwendig sind. Auch das erfahren sie erst auf demMarkt.

„Aber eben weil der Kreislauf W′ – W′ innerhalb seiner Beschreibung andres industrielles Kapital in Form von W (= A + Pm) vorausgesetzt (und Pm umschließt verschiedenartige andre Kapitale, z.B. in unserm Fall Maschinen, Kohlen, Öl etc.), fordert er selbst dazu heraus, ihn zu betrachten nicht nur als allgemeine Form des Kreislaufs, d.h. als eine gesellschaftliche Form, worunter jedes einzelne industrielle Kapital (außer bei seiner ersten Anlage) betrachtet werden kann, daher nicht nur als eine allen individuellen industriellen Kapitalen gemeinsame Bewegungsform, sondern zugleich als Bewegungsform der Summe der individuellen Kapitale, also des Gesamtkapitals der Kapitalistenklasse, eine Bewegung, worin die jedes individuellen industriellen Kapitals nur als eine Teilbewegung erscheint, die mit der andren sich verschlingt und durch sie bedingt wird.“18 In diesem charakteristischen Merkmal des Kreislaufs des Warenkapitals drückt sich eine der Gesetzmäßigkeiten der Reproduktion des Kapitals aus.

Von den klassischen bürgerlichen Ökonomen war es der französiche Arzt und Ökonom Francois Quesnay (1694 - 1774), der Begründer der physiokratischen Auffassung der politischen Ökonomie, der in einem „Tableau economique“ (ökonomische Tafeln) den Versuch machte, den Prozeß der Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals zu erfassen. Er ging, ohne das in dem konkreten Zusammenhang zu erkennen, vom Kreislauf des Warenkapitals als gesellschaftlichem Gesamtprodukt aus. Er wies dabei nach, daß das erzeugte gesellschaftliche Gesamtprodukt einerseits die Elemente für die individuelle Konsumtion und andererseits die Elemente für die Prokuktion enthält, das heißt für die Fortsetzung der Produktion, und wie sich das gesellschaftliche Produkt auf die einzelnen Klassen verteilt. Er vertrat allerdings die Auffassung, daß nur die landwirtschaftliche Arbeit ein Mehrprodukt erzeugt und daher nur dort produktive Arbeit geleistet würde – produktiv im kapitalistischen Sinne als Mehrwert produzierende Arbeit. Alle übrigen Produktionszweige wären unproduktiv und nur verarbeitende Zweige. Die Grundbesitzer, die überhaupt keine Arbeit leisten, wurden dementsprechend als parasitär bezeichnet.