Profit, Durchschnittsprofit
und Produktionspreis

2.2.
Die Konkurrenz auf dem Warenmarkt.
Marktwert und Marktpreis

Betrachten wir zunächst den Konkurrenzkampf auf dem Warenmarkt, den Konkurrenzkampf um den Absatz der Waren. Es handelt sich hierbei um den Konkurrenzkampf von Kapitalisten, die gleiche Waren herstellen, also um Kapitalisten eines bestimmten Produktionszweiges.

Der Wert einer Ware wird, wie Karl Marx in seiner Werttheorie entwickelte, durch die für ihre Herstellung gesellschaftlich notwendige Arbeit gebildet.22 Diese wiederum ist doppelt bestimmt, einmal als gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitszeit und zum anderen als Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit. Die gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitszeit bezieht sich auf den Arbeitsaufwand innerhalb eines Produktionszweiges. Die Bestimmung als Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit bezieht sich auf den proportionalen Anteil der Arbeitszeit eines Produktionszweiges an der Arbeitszeit der Gesamtwirtschaft.

Durch den Konkurrenzkampf innerhalb der Produktionszweige wird der gesellschaftliche Wert als Marktwert gebildet. „Damit Waren derselben Produktionssphäre, derselben Art und annähernd derselben Qualität zu ihren Werten verkauft werden, ist zweierlei nötig: Erstens müssen die verschiednen individuellen Werte zu einem gesellschaftlichen Wert, dem … Marktwert, ausgeglichen sein, und dazu ist eine Konkurrenz unter den Produzenten derselben Art Waren erfordert, ebenso wie das Vorhandensein eines Markts, auf dem sie gemeinsam ihre Waren ausbieten.“23

Zweitens muß die Menge der produzierten Waren dem gesellschaftlichen Bedürfnis entsprechen. „Damit eine Ware zu ihrem Marktwert verkauft wird, d. h. im Verhältnis zu der in ihr enthaltnen gesellschaftlich notwendigen Arbeit, muß das Gesamtquantum gesellschaftlicher Arbeit, welches auf die Gesamtmasse dieser Warenart verwandt wird, dem Quantum des gesellschaftlichen Bedürfnisses für sie entsprechen, d. h. des zahlungsfähigen gesellschaftlichen Bedürfnisses.“24

Die Größe des Marktwerts ist nicht das einfache arithmetische Mittel der individuellen Warenwerte, sondern das gewogene. Wenn zum Beispiel der Arbeitsaufwand zur Produktion einer Ware relativ niedrig ist, der Warenproduzent jedoch die Hauptmasse dieser Waren erzeugt, so wird die Größe des Marktwerts wesentlich von dem Arbeitsaufwand dieses Produzenten bestimmt. Wird die Hauptmasse einer bestimmten Ware von Produzenten hergestellt, deren Arbeitsaufwand relativ hoch ist, so wird die Größe des Marktwerts wesentlich vom Arbeitsaufwand dieser Produzenten bestimmt.

Die Realisierung des Marktwerts im Konkurrenzkampf ist mit der Ruinierung und mit der Differenzierung von kapitalistischen Warenproduzenten verbunden. Diejenigen Warenproduzenten, deren Arbeitsaufwand zur Produktion einer bestimmten Ware unter dem gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand liegt, deren individueller Warenwert also kleiner ist als der Marktwert, machen einen Extramehrwert beziehungsweise einen Surplusprofit.

Diejenigen Warenproduzenten, die mehr Arbeit aufwenden als gesellschaftlich notwendig ist, deren individueller Warenwert über dem Marktwert liegt, haben Verluste. Um den Marktwert schwanken die Marktpreise, durch deren ständige Abweichungen er sich durchsetzt.

In der kapitalistischen Wirtschaft besteht der Wert der Waren, wie wir wissen, aus dem Kostpreis plus Profit (k + p). Aber innerhalb der Produktionszweige ist die organische Zusammensetzung des Kapitals der einzelnen Betriebe unterschiedlich, demzufolge auch die Profitraten.

Die Herausbildung des Marktwertes durch den Konkurrenzkampf der Kapitalisten eines Produktionszweiges um den Absatz ihrer Waren führt zugleich auch zum Ausgleich der unterschiedlichen individuellen Profitraten der Betriebe zu einer Durchschnittsprofitrate des Produktionszweiges.

Der Marktwert der Waren der einzelnen Produktionszweige besteht demzufolge aus dem Kostpreis plus dem Durchschnittsprofit des Zweiges.

Die Profitrate existierte, wie der Profit, schon vor dem industriellen Kapitalismus als Profitrate des Handelskapitals. Und dort hatte sie auch schon die Form des Durchschnittsprofits. Die Kaufleute bildeten, wie Friedrich Engels in „Ergänzung und Nachtrag zum III. Buche des ,Kapital’“ schrieb, Genossenschaften, die den Handel gemeinschaftlich betrieben, um Profit zu machen. „Und zwar ist das Bestreben der Kapitalisten absichtlich und bewußt darauf gerichtet, diese Profitrate für alle Beteiligten gleichzumachen.“25

Die Durchschnittsprofitrate finden die industriellen Kapitalisten also schon vor. Sie liegt der Bildung des Marktwerts der Produktionszweige zugrunde.

Im Konkurrenzkampf um den Absatz der Waren eines Produktionszweiges und um die Realisierung von Extraprofit wird der technische und ökonomische Fortschritt vorangetrieben. Aber in diesem Konkurrenzkampf setzt sich ohne das Wissen und Wollen der Kapitalisten der Marktwert und der Durchschnittsprofit des Produktionszweiges durch, in dem die unterschiedlichen Profitraten der Betriebe des Zweiges zur Durchschnittsprofitrate ausgeglichen werden. Dieser zur Herausbildung des Marktwertes führende Konkurrenzkampf bewirkt die Ruinierung und Vernichtung der zurückbleibenden kapitalistischen Betriebe, die durch verstärkte Ausbeutung der Arbeiter ihre Existenz aufrechtzuerhalten suchen. Diese Auseinandersetzung spielt sich also nicht nur innerhalb der Kapitalistenklasse ab, sondern wird auf Kosten der Arbeiterklasse ausgetragen.