RotFuchs 202 – November 2014

Als ich Angela Merkel zum Sieg bei
der Russisch-Olympiade gratulierte

Johannes Chemnitzer

Herbst 2014. Noch immer ist die DDR in allen Köpfen, auch wenn die Meinungen über sie scharf kontrastieren: Die einen halten sie unbeirrt in Ehren, die anderen verteufeln sie nach allen Regeln der „Kunst“. Die vor 25 Jahren durch Untergrabung, Preisgabe und Zerschlagung der DDR größer gewordene BRD – inzwischen wieder der stärkste imperialistische Staat in Europa – feiert einmal mehr den Mauerfall. Negierung und Verleumdung treiben neue Blüten. Die Medien schildern ihren Lesern, Hörern und Zuschauern genüßlich, was sich damals abgespielt haben soll.

In Leipzig und dann auch anderswo demonstrierte man für „Deutschland, einig Vaterland“ und ließ keinen guten Faden an der DDR. Man zerrte sie gewissermaßen auf den Seziertisch.

Als Mitgestalter und Zeitzeugen wissen wir genau, worin die eigenen Schwächen bestanden. Doch zugleich halten wir dem sozialistischen deutschen Friedensstaat lebenslang die Treue. Als Deutsche fühlen wir uns dazu verpflichtet, den Krieg zu verdammen und den Frieden zu verteidigen, wie es die DDR zeit ihres Bestehens getan hat. Die heutige Rolle der BRD auf dem eigenen Kontinent und in der Welt ist schockierend. Ihre Beteiligung an neuen imperialistischen Untaten entlarvt ihre Friedens- und Freiheitsheuchelei.

In letzter Zeit offenbart sich die abgrundtiefe Feindschaft von Merkel & Co. zu Rußland. Dabei ignoriert Berlin bewußt die Tatsache, daß die Rote Armee, der mehrheitlich Russen angehörten, die Hauptkraft beim Sieg über den Hitlerfaschismus darstellte. Sie war und bleibt unsere Befreierin. Deshalb bildete die deutsch-sowjetische Freundschaft auch das solide Fundament für die gesamte Entwicklung der DDR.

Beherzte Kommunisten und Sozialdemokraten, die sich im Osten Deutschlands zur SED vereint hatten, aber auch Angehörige der CDU und der LDP und viele andere gründeten am 7. Oktober 1949 die DDR. Das war ein Wendepunkt in der Geschichte Europas, denn ihr Leitgedanke lautete: „Nie wieder Krieg!“

Die junge Republik konnte sich ihre Bürger nicht aussuchen. Sie alle mußten gemeinsam dafür sorgen, daß sich das Unheil der Vergangenheit nicht wiederholen konnte.

In der Fachschulklasse, die ich damals besuchte, befanden sich 20- bis 25jährige, die staatlich geprüfte Landwirte werden wollten. Sie unterschieden sich – wie überall – deutlich in Herkunft und politischer Haltung. Es gab leidenschaftliche Optimisten, aber auch solche, welche die Niederlage des faschistischen Deutschland nicht verwinden konnten. Sie haßten „die Russen“ und schielten nach dem Westen.

Der Aufbau der DDR begann auf einer schwachen materiellen Basis. Hinzu kam die Nachbarschaft imperialistischer Staaten, vor allem der mit den USA verbundenen BRD. Die UdSSR vermochte die enormen Kriegsschäden nicht aus eigener Kraft zu bewältigen und forderte berechtigterweise Reparationen in erheblichem Umfang. SBZ und DDR erbrachten sie für ganz Deutschland.

In diesem fragilen Nachkriegsklima konnte unter Führung der Partei der Arbeiterklasse Schritt für Schritt ein qualitativ völlig neuer Staat aufgebaut werden. War sie anfangs nur dazu imstande, ihren Bürgern eine bescheidene materielle Sicherheit zu garantieren, so gehörte die DDR Jahrzehnte später zu den zehn stärksten Industrienationen der Welt. Seit den 70er Jahren unterhielten fast sämtliche Staaten der Erde diplomatische und Handelsbeziehungen mit ihr.

Das sozialistische Schul- und Bildungssystem des Arbeiter-und-Bauern-Staates war dem der BRD haushoch überlegen. Das dürfte auch die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel als damalige Schülerin im zu Neubrandenburg gehörenden Kreis Templin nicht vergessen haben. Die republikweite Russisch-Olympiade meisterte sie als DDR-Beste. Damals sandte ich ihr im Namen der SED-Bezirksleitung, deren 1. Sekretär ich war, aus Freude über diesen Sieg herzliche Glückwünsche.

Die DDR hat zum ersten Mal in der deutschen Geschichte jeglichen Herrenmenschen-Hochmut abgelegt und konsequent internationalistische Positionen bezogen. Mit Moral und Ethik, mit Respekt und Freundschaft, Anstand und Ehrlichkeit begegnete sie allen Völkern der Welt.

Es war ein Glück, die DDR in den 40 Jahren ihres Bestehens aktiv begleitet, in ihr gelebt und gearbeitet zu haben. Als Kind behütet heranwachsen und in Geborgenheit altern zu können – das gehörte zu ihren großen Errungenschaften.