RotFuchs 230 – März 2017

„Aurora“ heißt Morgenröte

G. L.

„Es begann in Petrograd“ steht auf dem Umschlag der fast zweihundert Seiten starken Broschüre. Und auch ohne den roten Stern und die Unterzeile „50 Jahre deutsch-sowjetische Freundschaft“ ist damit jedermann das Thema des Bandes bewußt. Herausgegeben wurde er von der Zentralen Kommission Natur und Heimat des Präsidialrates des Deutschen Kulturbundes. Es ist eine Dokumentation in Wort und Bild über eine Freundschaft, die nicht erst damit begann, daß sich Interessierte in der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft zusammenfanden. Sie reicht zurück bis in die ereignisreichen Tage im Spätherbst 1917, als progressive Kräfte der deutschen Arbeiterbewegung und der Intelligenz hoffnungsvoll auf die Ereignisse im Osten Europas schauten. Sie setzte sich fort im Widerstand gegen den Faschismus und kann sich entfalten in unseren Tagen.

Die wesentlichsten Züge dieser Freundschaft in ihrer historischen Entwicklung und Bedeutung beschreibt Professor Dr. Heinrich Gemkow in dem Einleitungskapitel „Der Rote Oktober und wir“. Einundzwanzig weitere Autoren geben den von Professor Gemkow gezeichneten Konturen Farbe, machen sie plastisch.  Die Geschehnisse dieser fünfzig Jahre werden in unterschiedlicher Weise erzählt: lebendige Schilderungen, besonders anschaulich dadurch, daß Augenzeugen berichten, wechseln ab mit sachlichen Berichten und wissenschaftlichen Beiträgen. Die Herausgeber waren darum bemüht, die kontinuierliche Entwicklung deutsch-sowjetischer Freundschaft erkennbar werden zu lassen. Hans Mark („Im Oktober dabei in Petrograd“) und Hellmuth Heinz („Das Foto war ihre Waffe“) sollen hier genannt sein als Berichterstatter der ersten Jahre. Heinz Dammköhler („Die Fahne“), Heinz Rohde („Wie ich das neue Deutschland fand“), Robert Büchner („Empfang bei Lenin – Deutsche und sowjetische Antifaschisten retten Lenin-Denkmal“) schildern den gemeinsamen Kampf sowjetischer und deutscher Menschen gegen den Faschismus. Von den letzten zwanzig Jahren berichten unter anderem Ruth Seydewitz („Der Menschheit bewahrt – über die Rettung Dresdens als Kunststadt“), Dietmar Jammer („Deutsch-sowjetische Waffenbrüderschaft“) und Alfred Jensch („Am Pirkuli – das 2-m-Spiegelteleskop ,Deutsch-Sowjetische Freundschaft‘ “).

Neben der deutlich gemachten zeitlichen Kontinuität wird ein anderes Moment sichtbar: die Wirkung der Oktoberrevolution auf die verschiedenen Gebiete Deutschlands der zwanziger Jahre. Wir lesen von der zugespitzten revolutionären Situation der Arbeiterbewegung im ehemaligen Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, vom Kampf Thüringer Arbeiter für die Freiheit des jungen Sowjetstaates, von der Zusammenarbeit sowjetischer Kriegsgefangener und deutscher Kommunisten im Bezirk Magdeburg, über die kulturellen Beziehungen der Arbeiter in Halle zur Sowjetunion. Aus all diesen Beiträgen spricht die Erkenntnis, daß die deutsche Arbeiterklasse, deren revolutionärer Kampf durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution mächtigen Auftrieb erhalten hatte, nur dann ihre historische Aufgabe erfüllen konnte, „wenn die Revolution in Rußland siegreich blieb und ein festes Bündnis der Mehrheit des deutschen Volkes mit der Sowjetunion hergestellt würde“ (Hans Hübsch).

„Sonntag“, 24/1967

Es begann in Petrograd
Herausgegeben vom Deutschen Kulturbund
Berlin 1967, 198 Seiten