RotFuchs 187 – August 2013

Drohnen und Dröhnen

Klaus Steiniger

In einem Land, in dem Drohnen, nicht aber Arbeitsbienen den Ton angeben und die Gesellschaft beherrschen, liegt es auf der Hand, daß auch noch ganz andere „Drohnen“ die in den Staatshaushalt geflossenen Steuergelder verzehren: Es gibt sogar einen eigens dafür zuständigen Minister, in dessen Haus der zu einer internationalen „Berühmtheit“ in Sachen georderter Zivilistenabschlachtung gewordene Kundus-Oberst Georg Klein ohne Bedenken seiner Vorgesetzten zum General aufsteigen konnte.

Während das in Stuttgart angesiedelte Afrika-Kommando der US-Streitkräfte – kurz Africom – koordinierend dafür Sorge trägt, daß auf dem Schwarzen Kontinent nicht gegen den imperialistischen Stachel gelöckt wird und „bei Bedarf“ Kampfdrohnen zur Vollstreckung von Mordbefehlen in Marsch gesetzt werden können, treibt Merkels zackiges Kabinettsmitglied Thomas de Maizière nichts anderes um, als endlich auch auf eigenen – wenn auch vorerst nicht „scharfgemachten“ – Drohnen zu thronen.

Nach zunächst bescheideneren Wünschen platzte allerdings sein auf 650 Millionen Euro ausgelegtes Lieblingsprojekt „Euro Hawk“, was soviel wie „Europa-Falke“ heißt. Eine äußerst treffende Bezeichnung, die Rückschlüsse auf seinen Besteller gestattet, der alle Warnungen vor einem möglichen Debakel in den Wind geschlagen hatte. Der oberste Kriegsherr der Bundeswehr gilt nämlich als einer der rabiatesten „Falken“ in der BRD – als extremer Scharfmacher, der nach afghanischem Muster auf militärische Konfliktlösungen im weltweiten NATO-Aggressionsverbund drängt.

Während sich das durch de Maizières an den Baum gefahrenes Riesen-Rüstungsgeschäft dem Spott ausgelieferte Merkel-Kabinett breitbeinig vor das solchermaßen entblößte Regierungsmitglied stellte, könnte man die Sache auch unter strafrechtlichem Aspekt betrachten.

Als Absolvent der Juristischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität vom Jahrgang 1956 und einstiger Staatsanwalt der DDR weiß ich noch um den Tatbestand der Veruntreuung einzelnen Personen oder Gremien anvertrauter oder durch sie verwalteter Gelder. Dabei bin ich mir durchaus darüber im klaren, daß die Wertung solcher Sachverhalte durch Gerichte beider deutscher Staaten stets extrem unterschiedlich, ja absolut konträr gehandhabt wurde.

Marx und Engels haben im Kommunistischen Manifest die Dinge auf den Punkt gebracht, indem sie sich mit den Worten an die Bourgeoisie wandten: „Euer Recht ist doch nur der zum Gesetz erhobene Wille eurer Klasse!“ Und deren Wille ist es, daß gegen Schwarzfahrer und Ladendiebe gnadenlos vorgegangen wird, während die Veruntreuung nahezu astronomischer Summen nicht selten zum guten Ton gehört oder als reines Kavaliersdelikt betrachtet wird. Angesichts solcher Realitäten ist mein DDR-Rechtswissen im Alltag der BRD leider nicht mehr als Schnee von gestern, mein Rechtsempfinden mit dem der heute Herrschendenden nicht identisch.

Doch das Ungeheuerliche an dem Vorgang ist ja weniger sein juristischer als vielmehr sein sittlicher Aspekt. Ein Mann, der sich auf Kirchentagen als christlicher Moralist an die Brust schlägt, engagiert sich ohne Skrupel für die infamsten aller derzeit „im Angebot befindlichen“ Mordinstrumente – die Killer-Drohnen.

Der in Oslo geehrte Friedensheuchler Barack Obama, dem Kriege nicht fremd sind, hat Drohnen als treffsicherste und verlustärmste Waffe aller Zeiten in NATO-Kreisen populär gemacht. Sie jederzeit per Knopfdruck selbst aus größter Distanz bedienen zu können, schone die eigenen Leute und vernichte unterschiedslos jedes anvisierte Ziel. Die U.S. Air Force, die mit der Bundesluftwaffe im Verbund den Himmel pflügt, wie schon 1999 bei der gemeinsamen Bombardierung Serbiens unter Beweis gestellt wurde, hat die „Effektivität“ dieser anonymen Hinrichtungsinstrumente wieder und wieder auf dem Boden des UN-Mitgliedsstaates Pakistan und auch anderswo nachgewiesen.

Die Bundesrepublik Deutschland ist derzeit personell „etwas unglücklich aufgestellt“. Ohne Zweifel kann niemand für das Handeln seiner Eltern verantwortlich gemacht werden, obwohl man sich unter bestimmten Umständen gebührend von ihnen distanzieren sollte. Während ein Sohn des noch im Februar 1945 von Hitler in den Führerbunker gerufenen Nazi-Generals und späteren Heeresinspekteurs der Bundeswehr Ulrich de Maizière den Drohnen nachjagt, sorgt der Abkömmling zweier Alt-Mitglieder der NSDAP an oberster Stelle des Staates fürs Dröhnen.

Wir beim „RotFuchs“ versammelten Kommunisten und Sozialisten mit oder ohne Parteibuch werden den Kampf gegen militärische wie zivile Drohnen mit aller Entschiedenheit fortsetzen. Am 22. September besteht die nicht zu über-, aber auch keineswegs zu unterschätzende Gelegenheit, den Parteigängern der Drohnen wie des Dröhnens Salz in die Suppe zu streuen, indem man jene Kandidaten unterstützt, die gegen Mordwerkzeuge wie gesellschaftliche Blutsauger als einzige im Bundestag ihre Stimme zu erheben bereit sind.