RotFuchs 189 – Oktober 2013

Friedensnobelpreis für Edward Snowden!

Torsten Scharmann

Mit enormem Sendungsbewußtsein und scheinbar von dem Gedanken beseelt, die ganze Welt umzukrempeln, damit Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden überall Einzug halten können, trat der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika – ein schwarzer Mann im Weißen Haus – sein Amt an. Dem in diese Pose Verliebten sprang prompt das illustre Osloer Komitee zur Seite und überreichte ihm als Vorschußlorbeer den Friedensnobelpreis. Das geschah allein seiner gelackten Aussagen wegen, denn Obamas tatsächlicher Beitrag zur Friedenssicherung war schon damals gleich Null. Überhaupt kann man diesem elitären Komitee für die letzten Jahrzehnte wohl vor allem die politisch-intrigante Verzauberung einiger dubioser Gestalten bescheinigen, die uns als Sinnstifter vorgeführt werden sollten. Dabei befanden sich einstmals solche lauteren Persönlichkeiten wie Bertha von Suttner, Carl von Ossietzky und Martin Luther King unter den Laureaten.

Heute wissen wir, daß Barack Obama die Steilvorlagen seines ob eines außergewöhnlich niedrigen Intelligenzquotienten belächelten Vorgängers George W. Bush dazu genutzt hat, den USA-Geheimdiensten einen Freifahrtschein zu weltweiter Datensammlung auszustellen. Nicht erst seit den Offenbarungen Edward Snowdens ist bekannt, daß es dieser Präsident darauf anlegt, den internationalen Datenverkehr totaler US-Kontrolle zu unterwerfen. Wie immer wird auch Obamas Vorgehen mit „Sicherheitsinteressen“ der USA begründet. Doch gerade hier sollte nachgehakt werden: Zu welchen Ergebnissen hat diese „Interessenwahrnehmung“ denn geführt? Behauptet wird, man habe „mehr als fünfzig Terroranschläge in etwa 20 Staaten“ vereiteln können.

Waren es nun dreiundfünfzig oder vierundfünfzig geplante Attentate, falls es solche überhaupt gegeben hat? Und wer ist in dieses „Terroristen“-Raster gefallen? Nebulöse Andeutungen pauschaler Art sind nichts anderes als bloße Schutzbehauptungen. Sie sollen die Tatsache rechtfertigen, daß die USA und andere imperialistische Mächte weltweit die Persönlichkeitsrechte aushebeln.

Um deutlicher zu werden: Was ist eigentlich daran strafbar, wenn ein Soldat transparent macht, daß in von seinem Land angezettelten Kriegen abscheuliche Verbrechen begangen wurden und werden? Gehört Bradley Manning in ein Gefängnis, oder ist es vielmehr Teil elementaren Demokratieverständnisses, daß solche unerhörten Geschehnisse an die Öffentlichkeit gebracht werden? Muß Edward Snowden massiv bedroht werden, weil er den immensen Umfang der Überwachung durch Obamas Supergeheimdienst NSA bloßgelegt hat? Hier hätte der USA-Präsident zugunsten Snowdens einschreiten müssen, denn nicht die Enthüllung von Straftaten ist kriminell, sondern die Verbrechen selbst müssen geahndet werden. Dazu aber schweigt der Friedensnobelpreisträger. In diesen Zusammenhang gehört auch, daß der Australier Julian Assange nicht einmal in die Systeme der US-Geheimdienste eingebunden war. Dennoch wird er von höchster Stelle mit dem Tode bedroht. US-Vizepräsident Joe Biden beteiligte sich indirekt an den Appellen zur Exekution des WikiLeaks-Gründers, indem er erklärte, Assange solle als „Hi-Tech-Terrorist“ behandelt werden. Die von der kompletten Obama-Administration seinerzeit am Bildschirm verfolgte Hinrichtung Osama bin Ladens im „souveränen“ Pakistan illustriert die Tatsache, daß solche Drohungen durchaus ernst gemeint sind.

Der Syrien mit tödlichen Schlägen bedrohende Laureat von Oslo sollte die ihm zugeschanzte Dekoration an Edward Snowden abtreten.