RotFuchs 230 – März 2017

Herbert Mies – ein Kämpfer
für Frieden und Sozialismus

Patrik Köbele

Im September letzten Jahres berichtete Herbert als Zeitzeuge bei der zentralen Veranstaltung der DKP zum 60. Jahrestag des KPD-Verbots. Und wie er berichtete! Das Mikrofon benötigte er nicht. Er hielt es in der Hand, doch sah es eher so aus, als ob er damit die alten Faschisten, die Nazirichter, die Reaktionäre und das Monopolkapital spüren lassen wollte, was er ihnen entgegensetzte: Widerstand, Kampf, Klassenkampf.

Herbert Mies (1929 – 2017)

Es war eine begeisternde, mitreißende Geschichtsstunde, die uns Herbert erteilte. Kurz danach schrieb er in einem Brief, daß dies wohl sein letzter öffentlicher Auftritt gewesen sei. Man konnte beim Lesen dieses Briefes spüren, wie wichtig es für ihn war, daß seine DKP zu dieser Frage eine große Veranstaltung und Demonstration durchgeführt hatte. Kein Wunder, denn das Leben des Kommunisten Herbert Mies (23. Februar 1929 – 14. Januar 2017) war geprägt von den Angriffen des Klassengegners.

Aus einer kommunistischen Arbeiterfamilie kommend, erlebte er als junger Mensch Faschismus und Krieg. Eine Lehrerausbildung wurde ihm verwehrt, weil er sich weigerte, sich als Reserveoffizier der Naziwehrmacht zur Verfügung zu stellen. Er erlebte die Befreiung, und ihm war klar: Wer die Wurzeln des Faschismus herausreißen will, der muß den Kapitalismus überwinden. Diese Überzeugung führte ihn in die FDJ und die KPD.

Mit einer ungeheuren Schnelligkeit wurde zu dieser Zeit in den Westzonen die Restauration der alten Macht- und Besitzverhältnisse vollzogen. Die Gründung der BRD als Bollwerk gegen den Sozialismus bedeutete die Spaltung Deutschlands. Schon Anfang der 50er Jahre wurde die Remilitarisierung Westdeutschlands betrieben. Herbert und seine Genossinnen und Genossen wußten: Das mußte verhindert werden, es brauchte ein friedliches, einheitliches Deutschland, mit guten Beziehungen zur Sowjetunion. Mit ihrer Arbeit störten sie die Pläne der Herrschenden, welche wie immer mit Repression reagierten. 1951 wurde die FDJ verboten und der Verbotsantrag gegen die KPD gestellt. Herbert arbeitete illegal weiter und lebte einige Jahre mit seiner Frau und Genossin Gerda und ihren Kindern in der DDR im Exil.

Die scharf antikommunistische und antisowjetische Politik der BRD wurde in den folgenden Jahren mehr und mehr zum Anachronismus. In den 60er Jahren kam Bewegung in die starren politischen Verhältnisse Westdeutschlands. Beim Versuch, den Entwurf eines neuen Parteiprogramms öffentlich vorzustellen, wurde Herbert verhaftet. Auch die „liberalen“ Herrschenden zeigten: „Das KPD-Verbot bleibt.“ Es gilt bis heute, während die NPD einen Freibrief erhält. Gibt es ein besseres Beispiel dafür, wie wenig sich in der BRD geändert hat?

Erneut stellte sich den westdeutschen Kommunisten die Frage: Was tun? Heiße Debatten wurden geführt. Nicht ohne Widerspruch setzte sich die Position durch, daß eine legale KP gebraucht werde, auch wenn das KPD-Verbot fortbestand. Um zu verdeutlichen, daß man dieses schändliche Urteil damit aber keinesfalls anerkannte, wurde die DKP 1968 „neu konstituiert“. Wer glaubte, die herrschende Klasse, die ihre Regierungsgeschäfte damals von einer „sozialliberalen“ Regierung unter Willy Brandt besorgen ließ, würde nun ihren Frieden mit dieser Partei machen, irrte. Bereits ab 1971 wurden die Kommunisten von ebendieser Regierung wieder mit Berufsverboten belegt.  Die DKP und Herbert Mies wurden von Anfang an als eine Art fünfte Kolonne der Sowjetunion, der DDR, der KPdSU und der SED verleumdet. Andererseits gab es auch für deutsche Kommunisten in der BRD, im Frontstaat des Imperialismus an der politischen, ökonomischen und militärischen Nahtstelle Europas keinen anderen Platz als an der Seite des „realen Sozialismus“. Das war eine Frage des Friedens und der eigenen Identität. Herbert und seine Genossen vollbrachten große taktische und strategische Leistungen. Der Kampf um die Verankerung der Forderung nach Vergesellschaftung in den Gewerkschaften, der Kampf gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen, die vielfach erfolgreichen Anstrengungen zur Zusammenführung von Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung sind nur einige Beispiele dafür. Doch sie erlitten mit den europäischen Konterrevolutionen 1989/90 eine dramatische Niederlage. Sie war für Herbert ein harter, ein heftiger Schlag. Er mußte miterleben, wie Gorbatschow, den er anfangs für einen Genossen und Freund gehalten hatte, nicht nur den Sozialismus zerstören ließ, sondern auch Genossen wie Erich Honecker, Heinz Keßler und Egon Krenz der Rache des Klassengegners auslieferte.

Für mich blieb er immer auch ein wichtiger Freund und Berater. Erst recht seitdem ich versuche, in seine Fußstapfen als Vorsitzender der DKP zu treten.