RotFuchs 191 – Dezember 2013

100 Jahre „Irish Volunteers“

Florian Osuch

In der Geschichte des irischen Freiheitskampfes blieb bislang nahezu jede Erhebung erfolglos. Bis heute streiten Iren für die uneingeschränkte Souveränität ihres Landes. Aber in nahezu jeder Generation wagten Mutige Revolten gegen die englische Krone. Dazu gehörten die vor 100 Jahren gegründeten Irish Volunteers. Es war die Zeit der Home Rule – von Bestrebungen zur teilweisen Selbstverwaltung Irlands. Erste Gesetze hatte es 1886 und 1893 gegeben. Bedeutende irische Freiheitskämpfer waren damals aktiv. Arthur Griffith zählte zu den Förderern irischer Kultur. Er gründete 1905 die Partei Sinn Féin. Der Gewerkschafter James Conolly hatte bereits 1896 die Irish Socialist Republican Party ins Leben gerufen. Der Arbeiterführer James Larkin war 1907 nach Belfast gekommen, um die meist katholischen Tagelöhner im Schiffsbau zu organisieren.

Als 1911 die Liberale Partei in Großbritannien die Wahlen gewann, schien einer dritten Auflage der Home Rule nichts mehr im Wege zu stehen. Im Norden Irlands bangten pro-britische Unionisten um ihre Vorherrschaft und gründeten die Freiwilligenmiliz Ulster Volunteer Force (UVF). Die pro-irischen Kräfte formierten 1913 ihrerseits die Irish Volunteers. Chef der zeitweise fast 200 000 Mitglieder umfassenden Organisation war Eoin MacNeill. Zahlreiche Posten besetzte die Irish Republican Brotherhood.

Kurz nachdem Großbritannien 1914 in den Ersten Weltkrieg eingetreten war, wurde die Home Rule unterzeichnet. Sie sollte jedoch erst nach Beendigung des Krieges in Kraft treten. Die pro-irische Bewegung spaltete sich u. a. an der Frage, ob Großbritannien im Krieg unterstützt werden sollte. Eine Mehrheit setzte sich durch, und bis zu 175 000 Männer wurden zu einer irischen Division zusammengezogen.

Eine Minderheit sammelte sich um Eoin MacNeill. Mit im Boot war auch die Irish Republican Brotherhood. Sie wollte die Tatsache ausnutzen, daß Großbritannien mit dem Krieg befaßt war, und machte für eine Revolte mobil. MacNeill lehnte den Plan ab, so daß die Erhebung hinter seinem Rücken geplant wurde.

Am Ostermontag 1916 begann der Aufstand, der in wenigen Tagen niedergeschlagen wurde. Die Brutalität der englischen Armee empörte auch viele Iren, welche der Revolte zunächst skeptisch gegenübergestanden hatten. Teile der Dubliner Innenstadt waren zerbombt, 3500 Menschen wurden verhaftet, 90 Anführer des Aufstandes zum Tode verurteilt, 15 von ihnen hingerichtet.

Obwohl der Osteraufstand scheiterte, besaß er große Ausstrahlungskraft. Viele Iren brachten die Erhebung mit Sinn Féin in Verbindung, obwohl deren Führer Arthur Griffith daran nicht beteiligt war. Als 1918 in Großbritannien gewählt wurde, konnte die Sinn Féin ihre Stimmenzahl vervielfachen. Doch statt die Mandate in London wahrzunehmen, bildeten ihre Abgeordneten eine eigene Regierung in Dublin.

Die Irish Volunteers fusionierten mit der sozialistischen Arbeitermiliz Irish Citizen Army zur Irish Republican Army. Mit dem Anglo-Irischen Vertrag wurde 1921 die Teilung Irlands besiegelt. Im Süden entstand ein an das britische Commonwealth gebundener „Free Irish State“, der Norden verblieb bei Großbritannien. Im spätkolonialen nordirischen Zweiklassenstaat wurde die katholische Bevölkerungsminderheit durch London scharf diskriminiert.