RotFuchs 191 – Dezember 2013

Lukrative „Hinterlieger“ der Müllabfuhr

Horst Birkholz

Das, was ich hier erzählen will, ist für den RF sicher ein etwas ungewöhnlicher Hilferuf, zugleich aber politisch durchaus interessant, weil typisch.

Da wurde den 250 Kleingärtnern unserer Anlage Anfang vergangenen Jahres mitgeteilt, daß sie rückwirkend ab 2008 an die Berliner Stadtreinigung (BSR) eine jährliche Gebühr von 56 Euro pro Parzelle zu entrichten hätten. Wofür mochte das sein? Für Straßenreinigung jedenfalls nicht, denn es wurde und wird bei uns nichts gereinigt, da nichts zu reinigen ist.

Nach einer entsprechenden Anfrage verwies man auf das Berliner Straßenreinigungsgesetz. Dort stehe etwas von „Hinterliegern“, die ebenso wie die unmittelbaren Anlieger Reinigungsgebühren zu entrichten hätten. Gemeint sind mit dem dudenfremden Ausdruck jene, deren Grundstücke hinter einem anderen liegen und Zugang zu der Straße besitzen, an welche die vordere Fläche grenzt. Also etwa ein Zweiter oder Dritter, aber doch keine 250! Da tatsächlich nur ein einzigen Grundstück unserer Anlage teilweise eine Straße berührt, die von der BSR gereinigt wird, wären allenfalls acht Gärten dahinter (8 x 400 qm = 3 200 qm) im Sinne des Gesetzes als „Hinterlieger“ zu betrachten. Alle übrigen wären da eher „Nebenlieger“, um im Bilde zu bleiben.

Wie sich nun zeigte, kommt man in diesem Fall mit dem gesunden Menschenverstand nicht weiter. In besagtem Gesetz geht es nicht darum, etwas vernünftig zu regeln, sondern ausschließlich ums Kasse-Machen, obwohl für die Knete überhaupt nichts geleistet wird.

Meine Probleme begannen, als ich mich mit dem erwähnten Rechtsakt beschäftigte. Eine solche Tortur wünsche ich niemandem! Immer, wenn ich glaubte, endlich verstanden zu haben, um was es geht, mußte ich zurückblättern, um zu konstatieren, daß ich überhaupt nichts begriffen hatte. Alles ist so nebulös formuliert, daß jeder normale Leser auf der Strecke bleibt.

Da ist im Gesetz von Straßenreinigungsverzeichnissen A, B und C die Rede. A- und B-Straßen werden von der BSR gereinigt, C-Straßen überwiegend von den Anliegern selbst. A- und B-Straßen sind wiederum nach der Häufigkeit des Tätigwerdens der BSR in Reinigungsklassen unterteilt. Die wiederum sind ausschlaggebend für die zu entrichtenden Summen der An- und Hinterlieger. Die für ein Grundstück maßgebliche R-Klasse wird durch die öffentliche Straße bestimmt, an die das Grundstück grenzt. Meine Zufahrtsstraße ist öffentlich, ausgebaut, von Einfamilienhäusern gesäumt und durch die Anlieger selbst zu reinigen.

Wenn wir also schon einen Obolus zahlen sollen, dann müßte er doch an die Anlieger entrichtet werden, nicht aber an die BSR.

Unsere 300 Meter lange Zufahrtsstraße bleibt völlig außer Betracht, dafür aber fällt eine nur etwa 10 Meter breite Berührung der 107 000 qm messenden Gesamtanlage mit einer A-Straße ins Gewicht. Und das dient als Begründung für eine Gesamtzahlung von knapp 14 000 Euro jährlich!

Auf eine Anfrage schrieb mir der Präsident des Deutschen Kleingärtnerverbandes, Dr. Norbert Franke, daß von Kleingärtnern in der BRD mitunter 17 (!) öffentliche Abgaben gefordert würden.