RotFuchs 192 – Januar 2014

Nazi-Mordinstrumente mit Sammlerwert

Brigitte Wackernagel

Da mir die Angelegenheit von allgemeinem Interesse zu sein scheint, möchte ich der Redaktion einen für Veröffentlichungszwecke leicht redigierten Auszug aus einem Brief zur Verfügung stellen, den ich nach Eingang des entsprechenden „Werbeprospekts“ einer Verlagsgruppe in Weil am Rhein zugesandt habe:

Einige Male schon hatte sich mein Mann für von Ihnen angebotene Sammlerstücke wie Imitationen von DDR-Fahrzeugen interessiert und diese auch von Ihnen bezogen. Deshalb zählte man ihn wohl zum Kundenkreis ihrer Unternehmensgruppe. Heute erhielten wir eine „atemberaubende Original-Dokumentation“, die mir im wahrsten Sinne des Wortes den Atem verschlug! Außer einer Replik des Eisernen Kreuzes aus dem Ersten Weltkrieg bot man das Infanteriemesser 42 der in fast ganz Europa und Teilen Nordafrikas ob ihres Amoklaufs verhaßten faschistischen Wehrmacht an. Beigefügt war eine sechsseitige Farbdokumentation zur „Geschichte“ dieses Mordinstruments. Man forderte zugleich dazu auf, unbedingt die Sammelkarten „Der deutsche Soldat“ zu beziehen, deren erste drei bereits in der Sendung enthalten waren. „50 Dokumentationen plus eine detailgetreue Replik des Eisernen Kreuzes sind für Sie vorgemerkt – Wert nur 26,90 Euro“, hieß es da.

In welchem Film befinde ich mich eigentlich? Man muß wirklich gespannt sein, wann einem das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP in einer Luxusausführung offeriert wird!

Als Kind habe ich die Schrecken des Zweiten Weltkrieges in Berlin erleben müssen. Die Bombenangriffe bei Tag und Nacht sowie den Endkampf in den Straßen der Hauptstadt werde ich nie vergessen. Ununterbrochen heulten die Raketengeschosse der sowjetischen Katjuschas über uns hinweg, ehe sich das faschistische Gesindel endlich ergab. Niemals wieder sollte von deutschem Boden ein Krieg ausgehen – das war der Wunsch der meisten Menschen, die all das erlebt hatten, von den Festlegungen der Alliierten ganz abgesehen.

Die jetzt von Ihnen angebotenen „Dokumentationen“ sind eine Verhöhnung all jener, welche in diesem schrecklichsten aller Kriege ihr Leben lassen mußten.

Die große Mehrheit der Deutschen fühlte sich in Hitlers Drittem Reich den „Herrenmenschen“ zugehörig und begeisterte sich anfangs für die „Erfolge“ der faschistischen Wehrmacht, über die in Sondermeldungen unablässig berichtet wurde. Die Verbrechen, die in den überfallenen Ländern nicht nur von der SS, sondern auch von der Wehrmacht begangen wurden, sprengten alle Dimensionen. Und da erdreisten sich Unbelehrbare, solche Machwerke herauszubringen.

Die Dokumentation Gewehr36 – Standardwaffe der Infanterie – beschreibt den „Auslandseinsatz“ von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan, die sich angeblich zum Schutz der einheimischen Bevölkerung dort befinden sollen.

Mit dem Infantriemesser 42, dessen Kauf Sie empfehlen, sind Hunderttausende Soldaten und Zivilisten fast aller Länder Europas, besonders aber der Sowjetunion, ermordet oder verstümmelt worden.

Bitte verschonen Sie uns künftig mit Angeboten dieser Art!