RotFuchs 193 – Februar 2014

Bemerkungen des langjährigen DKP-Vorsitzenden
Herbert Mies zu einem RF-Beitrag

„Nostalgisches“ aus Mannheim

Herbert Mies

Kommunisten sollten Klaus Steiniger dafür dankbar sein, daß er mit seinem sehr anregenden Beitrag „Über Junge und Alte“ im Dezember-„RotFuchs“ einen wichtigen Aspekt unseres Kampfes thematisiert hat: das Verhältnis zwischen den Generationen. Obwohl er dabei in erster Linie die Situation auf dem Gebiet der einstigen DDR im Auge hat, regte er auch mich zum Nachdenken über die Entwicklung der Beziehungen älterer Kommunisten in Westdeutschland zu jüngeren und jungen Menschen an. Dabei geht es mir vor allem um die Frage eines entwickelten oder unterentwickelten gegenseitigen Vertrauens. Einen solchen Prozeß habe ich 70 Jahre lang mit Erfolgen und Defiziten im Westen der BRD mitgestaltend erlebt.

Uns allen muß klar sein: Eine junge Generation ist – was Erfahrungen und Erkenntnisse betrifft – nicht mit einer anderen gleichzusetzen. Wie ein Volk in seiner Gesamtheit differenziert betrachtet und bewertet werden muß, so gilt das auch für dessen Jugend. Als Kommunisten hatten wir vor allem jenen Teil junger Menschen im Auge, der – wenn oftmals auch nur vage – fortschrittlichen Ideen und Überlegungen gegenüber aufgeschlossen war. Schon bald nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus wandten wir uns mit der Losung, „Wir heißen Euch hoffen …“ an alle aufbauwilligen Jugendlichen, zu denen wir ja selbst gehörten. Deshalb sprachen wir damals von der „Aufbau-Generation“. Ihr folgte in den 50er und 60er Jahren die „Ohne-uns-Generation“, die sich der Wiederaufrüstung und dem erneuten Militärdienst für den deutschen Imperialismus verweigerte. Dann spielten linke und marxistische Gedanken unter Teilen der Jugend eine wachsende Rolle. Jetzt hatten wir es mit nicht wenigen jungen Westdeutschen zu tun, die sich mit großer Willenskraft zur Gesellschaftsveränderung bekannten. Für mich war das die „Aufbruch-Generation“. Die jetzt die politische Arena betraten, waren junge Leute, welche ein politisches Kraftzentrum suchten, dem sie vertrauen konnten. Für den, der das nicht erkannte, fuhr der Zug ohne Kommunisten ab. Auch solches mußte ich erleben.

Doch in all diesen Etappen des Ringens um Bewußtseinsentwicklung waren wir stets um ein enges Vertrauensverhältnis zwischen den Generationen bemüht. Immerhin gelang es uns, mit der schlagkräftigen SDAJ und dem durchaus einflußreichen Marxistischen Studentenbund Spartakus (MSB), aber auch in vielfältigen Jugendbündnissen unser Wort zur Geltung zu bringen. Noch heute vermerke ich nicht ohne Genugtuung, daß ich es immer für falsch gehalten habe, das Verhältnis zwischen der DKP und jungen Menschen auf die These zu reduzieren, der Jugendverband sei die „Kampfreserve der Partei“. Nein, das ist er nicht, sondern ihr jugendlicher Partner. Deshalb müssen die Beziehungen zwischen beiden auch partnerschaftlichen Charakter tragen. Ich jedenfalls habe es so gehalten. So war ich froh, daß die „Komsomolskaja Prawda“ am Beginn der 70er Jahre über Meinungsäußerungen zu meiner These in einer Reihe kommunistischer Parteien und Jugendverbände zustimmend berichtete.

Aus einem angedachten Leserbrief zum RF-Leitartikel „Über Junge und Alte“ ist nun ein kleiner „nostalgischer Beitrag“ geworden. Ich kann mich dem Lob Georg Fülberths für den „RotFuchs“ und Klaus Steiniger, das in Gestalt eines Leserbriefs ebenfalls im RF 191 erschien, nur anschließen.