RotFuchs 236 – September 2017

Protest gegen Geschichtsfälschung
in Thüringen

Peter Truppel

Vor einiger Zeit wurde in der Gedenkstätte Auschwitz eine neue Ausstellung eröffnet. Sie zeigt die Geschichte der Erfurter Firma Topf & Söhne. Diese Firma produzierte bis zum Kriegsende Krematoriumsöfen, die in die deutschen Vernichtungslager, so auch nach Auschwitz, geliefert wurden. Bodo Ramelow, Thüringens Ministerpräsident, leg­te am Ort des Geschehens einen Kranz nieder und hob dabei besonders den hohen Stellenwert von Erinnerungsarbeit hervor.

Was damit gemeint war, führte dann die thüringische Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) aus. Diese Ausstellung dokumentiere die Geschäftsbeziehungen des genannten Unternehmens mit der SS und zeige, wie dieser Teil seiner Geschichte über Jahre sowohl in der DDR wie auch in der alten Bundesrepublik verdrängt worden sei. Dreistigkeit kennt offenbar keine Grenzen mehr, und Geschichtsverdrehung ist an der Tagesordnung. Helfen wir also Frau Grütters auf die Sprünge. – Ich bin in Erfurt geboren und habe in meiner Heimatstadt bis 1964 gelebt und gearbeitet. Mein Eltern­haus stand unweit der Erfurter Schmiedstedter Brücke. Bog man hinter dieser Brücke links ab Richtung Weimar und Melchendorf, fiel unweigerlich der Blick auf das impo­sante, aus roten Klinkern errichtete Betriebsgebäude der Firma Topf & Söhne. Für uns Kinder war dies ein unheimlicher Ort. Denn schon sehr früh hatten wir in der Schule erfahren, was hier produziert wurde und welchem Zweck diese Produktion diente.

Fest verankert in den Lehrplänen unserer Schule war ein Schulausflug in das benach­barte KZ Buchenwald. Buchenwald, in die Geschichte eingegangen als ein Terrorlager, in dem die Häftlinge geschlagen, gequält, totgeprügelt, durch Hunger und Durst er­mordet wurden, verfügte auch über ein kleines Krematorium, was die Firma Topf & Söhne geliefert und installiert hatte. Auf dem Hof dieses Krematoriums wurde Ernst Thälmann ermordet. Die Lehrer, die uns auf diesen Schulausflügen begleiteten, mach­ten uns immer auf das an den Öfen angebrachte Firmenschild aufmerksam. So wur­den wir bereits als junge Menschen über die unsagbaren Verbrechen des faschisti­schen Deutschland aufgeklärt.

Die Verstrickung dieses Erfurter Unternehmens in den Vernichtungsapparat der Nazis war kein Einzelfall. Ebenfalls bereits in der Schule erfuhren wir von den ungeheuren Dimensionen der Zusammenarbeit deutscher Großunternehmen und Monopole mit dem faschistischen System zur Durchsetzung seiner Weltherrschaftsziele.

Für mich ist die Leugnung und Verfälschung historischer Fakten durch die Landes­regierung meiner Thüringer Heimat – geduldet von einem PDL-Ministerpräsidenten – nicht hinnehmbar. Immer deutlicher wird, wie die heute Herrschenden versuchen, von eigenem Versagen bei der Verfolgung und Bestrafung von Nazi- und Kriegsverbrechen abzulenken, indem sie Falschmeldungen, Lügen und Unwahrheiten über den antifa­schistischen Charakter unseres sozialistischen Staates verbreiten.