RotFuchs 205 – Februar 2015

Putin: Rußland wird
kein zweites Jugoslawien!

RotFuchs-Redaktion

Am 4. Dezember 2014 begann Wladimir Putin seine jährliche Botschaft an die Versammlung der Russischen Föderation mit einer Einschätzung der Krise um die Ukraine. Dabei sprach er eine Warnung aus: Rußland werde, ebenso wie es Hitler geschlagen habe, Front gegen alle machen, die sein Auseinanderbrechen anstreben. „Avante!“, die Wochenzeitung der Portugiesischen Kommunistischen Partei, veröffentlichte eine Zusammenfassung der mehrstündigen Rede des russischen Präsidenten, die wir den RF-Lesern zur Kenntnis geben möchten:

„Ungeachtet unserer beispiellosen Öffnung gegenüber dem Westen und der Bereitschaft, auch in schwierigsten Fragen zusammenzuarbeiten, wobei wir sogar unsere Feinde von gestern als Freunde akzeptierten, zweifeln wir nicht daran, daß es ihnen das größte Vergnügen bereiten würde, bei uns ein jugoslawisches Szenarium des Auseinanderbrechens zu veranstalten. Das werden wir in derselben Weise nicht zulassen, wie wir es Hitler nicht gestattet haben. Alle sollten sich daran erinnern, wie solche Dinge enden.“

Diese Worte Putins sind Teil einer Botschaft, in der er die Krise in der Ukraine analysierte, die Grundorientierungen der Außen- und Innenpolitik des Landes umriß und künftige ökonomische Wandlungen ankündigte, um den Folgen der Rußland durch die USA und die Europäische Union auferlegten Sanktionen die Stirn bieten zu können.

Für den russischen Präsidenten stellen die Versuche westlicher Staaten, die Ereignisse in der Ukraine mit der Verteidigung der Menschenrechte zu begründen, „puren Zynismus“ dar. Der Beweis dafür bestehe darin, daß der Westen de facto die bewaffnete Machtübernahme in Kiew, die Gewalt und auch die Morde, die sich in Odessa zutrugen, wo Menschen lebendig verbrannt wurden, unterstützt. Putin erinnerte überdies daran, daß Washington und Brüssel Bestrebungen gefördert hätten, die Bevölkerung im Südosten der Ukraine, die sich solchen Taten widersetzt, unter Rückgriff auf die Streitkräfte zu unterdrücken. In bezug auf Kiews Aktionen habe man vorgespiegelt, daß es sich um einen Kampf um Demokratie handele.

Nachdem er die Unterschiede zwischen dem, was sich in der Ukraine ereignete, und dem „absolut legalen Prozeß“ um die Krim, der auf einem Referendum und einer Entscheidung des 2010 gewählten Parlaments beruhte, unterstrichen hatte, klagte Putin den Westen an, schon seit Dutzenden von Jahren eine Politik der „Eindämmung“ Rußlands zu betreiben. „Selbst wenn es eine Verschlechterung der Situation in der Ukraine und die Ereignisse um die Krim nicht gegeben hätte, wären von den ausländischen Partnern andere Vorwände gefunden worden, um Moskau zu isolieren“, bekräftigte Putin. „Die Politik der Eindämmung wurde nicht erst gestern erfunden. Sie wurde bereits in bezug auf unser Land vor vielen Jahren, vor Jahrzehnten, ja selbst vor Jahrhunderten praktiziert. Jedes Mal, wenn jemand meint, daß Rußland zu stark, zu unabhängig geworden sei, werden diese Mechanismen in Gang gesetzt. Daher ist es nutzlos, mit Rußland von einer Position der Stärke aus zu verhandeln.“

In seiner Rede unterstrich der Präsident die Notwendigkeit, „mit Respekt die legitimen Interessen aller Teilnehmer des internationalen Dialogs zu behandeln“. Dabei zog er in Erwägung, „daß es nicht um Kanonen, Raketen oder Kampfflugzeuge, sondern um die präzise Einhaltung der Normen des Völkerrechts zur Verteidigung der Sicherheit der Welt gegen blutige Konflikte geht“. Deshalb, so empfahl Putin, werde es nicht notwendig sein, irgend jemanden in der Absicht der Isolierung zu bedrohen oder den Betreffenden mit Sanktionen zu belegen, die mit Sicherheit für alle von Schaden seien, einschließlich jener, welche sie verhängen.

„Moskau“, fügte Putin hinzu, „wird niemals den Weg der Selbstisolierung, des Mißtrauens und der Suche nach Feinden wählen.“ Sein Ziel bestehe vielmehr darin, im Westen wie im Osten gleichwertige Partner zu besitzen.

Der russische Präsident erklärte: „Nein, wir beabsichtigen nicht, uns am aufwendigen Wettrüsten zu beteiligen. Aber wir werden in sicherer und garantierter Weise die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes unter den neuen Bedingungen aufrechterhalten. Es gibt keinen Zweifel daran, daß das geschehen wird. Rußland besitzt dafür ausreichende Kapazitäten und schöpferische Lösungen. Niemand wird die militärische Vorherrschaft über Rußland erlangen. Unsere Armee ist modern und fähig. Um unsere Freiheit zu verteidigen, haben wir genügend Kraft, Willen und Mut.“

Sich auf die ökonomische Situation Rußlands beziehend, gab Putin offen zu, daß sie äußerst komplex sei und besondere Maßnahmen erfordere. Daher schlug er u. a. ein Einfrieren der Steuern auf dem gegenwärtigen Niveau für einen Zeitraum von vier Jahren, die kurzfristige Verwirklichung bereits beschlossener Maßnahmen zur Erleichterung der finanziellen Belastung der Bürger sowie Schritte gegen Finanzspekulanten vor, die ein schmutziges Spiel mit dem Rubelkurs treiben.

Aus „Avante!“, Lissabon