RotFuchs 194 – März 2014

Unter Hitler wie unter Adenauer
ins Gefängnis geworfen:
Martha Hadinsky

Wilfried Steinfath

Die meisten werden Martha Hadinsky nicht einmal dem Namen nach kennen. Doch diese Frau verdient es, daß man an sie erinnert.

Am 31. Oktober 1911 in einer Bergarbeiterfamilie geboren, arbeitete sie später als Einzelhandelskauffrau in Mühlheim. Bereits in jungen Jahren lehnte sie sich gegen das Hitlerregime auf. 1936 wurde sie wegen ihres aktiven Engagements in einer Gruppe junger Widerstandskämpfer verhaftet. Die Gestapo hatte herausgefunden, daß Martha Hadinsky der „Arbeitsbank“ und dem „Sportverband“ beigetreten war. Deren Ziel bestand darin, Angehörige des „Reichsarbeitsdienstes“ und junge Athleten für den Kampf gegen die Nazis zu gewinnen. Im sogenannten Duisburger Jugendprozeß wurde Martha Hadinsky zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die ihr auferlegte Strafe verbüßte sie im Frauenzuchthaus Ziegenhain bei Kassel. Hier erkrankte sie an Tuberkulose, so daß sie nach achtjähriger Haft vorzeitig entlassen wurde. Wieder auf freiem Fuß, setzte Martha Hadinsky den Kampf ungebrochen fort. Sie knüpfte Kontakte zu politischen Häftlingen des Zuchthauses Lüttringhausen, die von den Faschisten als „Bombensuchkommando“ eingesetzt wurden.

Nach der Zerschlagung der Hitlerdiktatur kam die erprobte Widerstandskämpferin in Adenauers „Rechtsstaat“ nicht an. Ihrer Gesinnung blieb sie treu. Auch nach dem am 16. August 1956 vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ausgesprochenen KPD-Verbot gab Martha Hadinsky nicht auf. Das ließ bundesdeutsche Richter in Aktion treten. Am 27. August 1959 stand sie ein zweites Mal vor einem politischen Sondergericht. Man warf ihr vor, eine überzeugte Kommunistin geblieben zu sein. „Aus Abschreckungsgründen“ sei es daher geboten, eine Strafe auszuwerfen, die „kommunistischer Wühltätigkeit“ Grenzen setze, hieß es in der Urteilsbegründung.

Diesmal erhielt Martha Hadinsky „nur“ ein Jahr und vier Monate Gefängnis. Anträge ihrer Verteidiger auf vorzeitige Haftentlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe wurden mit der Begründung zurückgewiesen, die Strafgefangene habe „keine Reue gezeigt“. Die Landesrentenbehörde verlangte „Wiedergutmachung“ und forderte die bisher gezahlte Summe zurück.

Damals entzogen die selbsternannten Rechtsnachfolger des faschistischen Dritten Reiches nicht wenigen fortschrittlich eingestellten Menschen in der BRD – vornehmlich Kommunisten – die materielle Lebensgrundlage. Ausdruck dieser Politik waren die unter Willy Brandt – dem Idol so mancher PDL-Politiker – verhängten Berufsverbote. Martha Hadinsky sah kein Land mehr. Am 3. Juni 1963 nahm sie sich das Leben.