RotFuchs 224 – September 2016

Waffen des Imperialismus

Dietmar Hänel

Waffen – seit Menschengedenken sind sie Mittel zur Durchsetzung von Machtansprüchen mittels Gewalt, aber auch zur Verteidigung gegen Gewalt. Wie Karl Marx feststellte, spaltet sich die ganze Gesellschaft im Verlauf ihrer Entwicklung „mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat“. Diese Entwicklung ist auch eng mit der stetigen Neuentwicklung von Waffen und ganzen Waffensystemen verbunden, die durch die Bourgeoisie in ihrer Eigenschaft als Besitzer der Produktionsmittel vorangetrieben wird, um ihre Machtansprüche zu festigen und zu vervollkommnen. Vergleichen wir Geschichte und Gegenwart, so scheint der Drang nach Osten, nach Rohstoffen, nach Land, nach noch mehr Profit stärker als der Drang nach einem friedlichen Zusammenleben der Völker.

Nach demselben Drehbuch …

Adolf Hitler an der Brandstätte am 1. März 1933:
„Das ist ein von Gott gegebenes Zeichen!“

Recep Tayyip Erdoğan nach dem „Putsch“, Juli 2016:
„Das war eine Gabe Allahs!“

1945 – der deutsche Faschismus, die Banken und Konzerne sind zerschlagen, und die Losung „Nie wieder Krieg“ ist in aller Munde – doch das leider nur im Osten Deutschlands. Die Bundesregierung hatte Anfang der 50er Jahre gegen erbitterten Widerstand von Teilen der Bevölkerung, aber mit Zustimmung der USA ihr Ja zur Wiederbewaffnung gegeben und damit die Grundlage für den Neuaufbau der deutschen Rüstungsindustrie geschaffen, die heute den dritten Platz bei den weltweiten Waffenexporten einnimmt. Keine der bisherigen Bundesregierungen – auch keine SPD-geführte – hat die Waffengeschäfte bisher gestoppt. Im Gegenteil, deutsche „Wertarbeit“ verkaufte und verkauft sich ausgesprochen gut, ob an NATO-Partner, Militärdiktaturen oder in Krisengebiete – nicht zuletzt auch mit Hilfe von Schmiergeld. Der Tod war und ist ein Meister aus Deutschland. Er bleibt es so lange, bis wir den Kampf gegen ihn ausreichend verstärken und ihn gewinnen. Mag jemand sagen, es gibt doch das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Außenwirtschaftsgesetz u. ä. Aber diese bieten so viele bewußt geschaffene Schlupflöcher, daß es müßig ist, darüber auch nur ein Wort zu verlieren.

Konzentriert man sich beim Thema Waffen auf Deutschland, beginnend im vergangenen Jahrhundert, so wird sichtbar, daß sich bis heute eine Rüstungslobby herausbildete, die ihren Einfluß dazu nutzt, eigene Interessen zur Erzielung maximaler Profite gegenüber der jeweiligen Regierung durchzusetzen. Daß dies gelungen ist, zeigt sich heute daran, daß der Militärhaushalt der Bundesrepublik allein in den letzten 15 Jahren um rund 25 % gewachsen ist. Die seit 1992 erfolgten 55 Auslandseinsätze der Bundeswehr, die die Summe von 17,2 Mrd. Euro an Steuergeldern verschlangen, dürften einen nicht unerheblichen Beitrag dazu geleistet haben. Aktuell sind die Rüstungsexporte der Quell von Höchstprofiten. Daß sie zugleich immer Krieg, Zerstörung und Tod bedeuten und ein Instrument der deutschen Außenpolitik sind, wird von den Politikern geflissentlich verschwiegen. Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang sind die bürgerlichen Medien, die „Meinungsmacher“, die dem Volk die Notwendigkeit einer solchen Politik, die Notwendigkeit der Aufrüstung, schmackhaft machen. Im Vordergrund stehen dabei zum einen die Forderungen nach „mehr deutscher Verantwortung in der Welt“ und zum anderen die Dämonisierung Rußlands. Beides verschlingt bei der praktischen Umsetzung enorme Summen.

Im Hintergrund geht es um die geschickte Umschreibung deutscher Weltmacht­ansprüche. Wie solche enden, ist aus der Geschichte bekannt. Und nicht zu vergessen, die „Beruhigungspille“ des Vizekanzlers, der für die Genehmigung von Rüstungsexporten verantwortlich zeichnet und der mit der Behauptung „Die Vorgängerregierung ist schuld“ die Verantwortung für diverse Rüstungsexporte von sich weist. Auch Kleinigkeiten werden bei der Meinungsmache nicht außer acht gelassen, um das Volk auf mögliche Veränderungen einzustimmen. So geschehen unter der Rubrik „Kurzmeldungen“ eines Fernsehsenders vom 29. Juni: „Einer Studie zufolge will die Mehrheit der Bundesbürger die Wiedereinführung der Wehrpflicht.“ Ein Satz, unkommentiert. Hintergrund sind vermutlich die Personalsorgen der Bundeswehr. Oder ein Beispiel aus dem Jahr 2014: „Russisches U-Boot vor Stockholm“. Kürzlich wurde nun richtiggestellt, daß es sich um ein schwedisches Boot handelte. Das Ziel aber war erreicht – die Militärausgaben Schwedens wurden um rund 600 Mio. Euro erhöht. Norwegen August 2015: Die angeblich teuerste Fernsehserie des Landes „Okkupiert“ handelt von einer russischen Invasion. Hintergrund auch hier: die Vorbereitung der gegenwärtig von der NATO-Führung geforderten Erhöhung der Rüstungsausgaben der Mitgliedsländer und der suggerierten Notwendigkeit der Truppenstationierung der NATO an der Westgrenze Rußlands.

Solche und ähnliche Berichterstattungen der Meinungsmacher, die sich gegen Rußland richten, haben nur ein Ziel – unterschwellig die Bereitschaft der eigenen Bevölkerung für einen neuen Krieg zu erreichen. Die differenzierten Koordinierungs­maßnahmen im Interesse der Rüstungsunternehmen erscheinen sehr vielfältig. Ein Beispiel hierfür zeigt sich in der Vergabe sogenannter Hausausweise für Lobbyisten, die den Zugang zum deutschen Bundestag ermöglichen. Im Jahre 2015 waren das über 400 Verbände, Unternehmen und Organisationen, deren Vertreter sich die Klinke in die Hand gaben, um politische Entscheidungen des Bundestages in ihrem Sinne beeinflussen zu können. Rüstungsvertreter wurden vorrangig mit Hausausweisen der CDU/CSU ausgestattet. Nehmen wir eine dieser Organisationen heraus – die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Sie verfügte 2015 über 43 Hausausweise. Die KAS bereitet Umsturzversuche in anderen Ländern ideologisch und mit großer finanzieller Unterstützung der dortigen „Systemgegner“ vor, koordiniert deren Vorgehensweisen und bildet sie aus.

Alles im Interesse der „westlichen Wertegemeinschaft“, des Imperialismus. Gelingt ein Umsturz, sind deutsche Waffenlobbyisten gerngesehene Gäste, und in der Folge sind deutsche Waffenlieferungen in diese Länder vorprogrammiert. Selbstver­ständlich um die „Freiheit“ zu verteidigen! Die Reihe dieser Einmischung ist lang – Chile, Georgien, Jugoslawien, Ukraine, Rußland, die lateinamerikanischen Staaten, um nur einige wenige zu nennen. Und nicht nur das. Vertreter der KAS forderten im Rahmen einer Studie den Ausbau der westlichen Kernwaffen zum Zwecke der „glaubwürdigen Abschreckung“ Rußlands.

Der Frieden ist in Gefahr. Tun wir alles in unseren Kräften Stehende, den Kriegstreibern das Handwerk zu legen!