RotFuchs 230 – März 2017

Warum ich meinem Vaterland DDR
die Treue halte

Johannes Chemnitzer

In Deutschland verbreiten Regierung und bürgerliche Medien fortwährend gegen den einzigen deutschen Friedensstaat, die DDR, Schimpf und Schande ohne geringste Anzeichen, einen sachlichen Dialog über die wahre Geschichte führen zu wollen. Gemeint ist der Staat, aber getroffen werden Millionen ehrenhafte Bürger dieses Landes, die pionierhaft darangingen, mit der verhängnisvollen Linie der deutschen Geschichte und dem imperialistischen Ausbeuter- und Unterdrückersystem endgültig Schluß zu machen.

Die Kapitulation der deutschen Wehrmacht erlebte ich nach kurzem RAD (Reichs­arbeitsdienst) und als kasernierter Wehrmachtssoldat in Freiberg. Zu dritt entschlossen wir uns zum Fußmarsch nach Hause. Am 8. Mai 1945 war ich daheim in meiner Heimatstadt Wildenfels/Erzgebirge. Antifa-Jugendgruppen machten mobil. In einer Parteiversammlung der KPD – Vater nahm mich mit dorthin – meldete ich mich zum Eintritt in die Partei an. Es folgte die Teilnahme an den Mitgliederversamm­lungen. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) wurde 1949 gegründet. Es kam eine antifaschistische Bewegung in Gang. Das Potsdamer Viermächte­abkommen zwischen Frankreich, Großbritannien, der Sowjetunion und den USA führte in der sowjetischen Besatzungszone zu einer revolutionären Umgestaltung des täglichen Lebens und zur Erfüllung des Vermächtnisses: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! Nie wieder ein deutscher Soldat auf fremdem Boden! Da war für die am Krieg schuldige deutsche Großbourgeoisie und für die damaligen Nazi-Größen und ihre Machenschaften kein Platz mehr. Die Macht der großen Konzerne und Monopole wurde gebrochen, die Produktionsmittel wurden in Volkseigentum überführt, die Banken verstaatlicht. Es gab keinen Raum mehr für Oligarchen und Korruption. Die Ursachen für Kriege wurden von Grund auf beseitigt.

Noch unter Besatzungsbedingungen wurde die demokratische Bodenreform verwirklicht. Auch mein Vater wurde Neubauer. Ich selbst konnte eine Fachschule besuchen. Das Bildungswesen erhielt große Aufmerksamkeit.

Nach knapp vier Jahren antifaschistisch-demokratischer Umgestaltung wurde die DDR gegründet. Nicht jeder Deutsche war mit dem Herzen dabei. Der Faschismus hatte ein schlimmes Erbe hinterlassen. Es gab kaum eine Familie, die nicht von dessen Hinterlassenschaft betroffen war. Bei uns war mein Cousin Gottfried vermißt, Onkel Otto und Onkel Herbert gefallen, und Onkel Karl hatte im KZ gelitten. Die DDR konnte sich ihre Bürger nicht aussuchen. Manch einer lehnte sie ab oder verließ sie später.

Die Fachschule hatte ich als staatlich geprüfter Landwirt verlassen. Meine Partei gab mir ein agrarpolitisches Wirkungsfeld in einer Maschinen-Traktoren-Station (MTS) und danach im Kreis Zwickau-Land. Um meine Ausbildung qualifiziert abzuschließen, wurde mir ein Studium der Gesellschaftswissenschaften in Moskau ermöglicht.

Ganz anders verlief die Entwicklung nach dem 8. Mai 1945 in den Westzonen. Wenn amerikanische und britische Besatzungsoffiziere Menschen, die meist teilnahmslos am Straßenrand standen, befragten, dominierte die Klage über Bombenangriffe und Zerstörungen. Plötzlich war für sie die Nazi-Diktatur verschwunden, als wäre nichts geschehen. Bekundungen angeblicher Unschuld und Verschwiegenheit machten sich breit, von Schuldgefühlen kaum eine Spur. Schuld waren nur die Oberen. Antifaschis­tische Bestrebungen fanden zu wenig Widerhall. Viele Befragte schwiegen. Andere schwelgten in Erinnerungen an Hitlers „Leistungen“ für Arbeit und Brot, beschwerten sich über die Versailler Verträge oder waren geprägt von tiefem Russenhaß. Die Nazi-Verbrecher wurden nicht verfolgt; selbst Adenauer verklärte die SS zur „regulären“ Truppe. Mit der Truman-Doktrin, dem Marshallplan und mit Carepaketen wurde die Bevölkerung „gekauft“ und der Kapitalismus rasch gestärkt.

Der 8. Mai 1945, der Tag der Befreiung vom Faschismus, den die DDR sorgsam pflegte und dem die Bevölkerung jedes Jahr in angemessener Form gedachte, wurde im Westen über Jahrzehnte hinweg als Tag des Zusammenbruchs und der Niederlage teils bedauert, teils verschwiegen.

Die kriegs- und mordlustige Großbourgeoisie lag zum Kriegsende geschlagen am Boden. Statt sie wie im Osten völlig zu entmachten, konnte sie im Westen wieder Kräfte sammeln. Mit der Spaltung Deutschlands und der Einbeziehung in ihr imperialistisches Bündnissystem bereiteten die Westmächte die Wiederherstellung der alten Ordnung vor. Die separate Währungsreform führte zur wirtschaftlichen Spaltung Deutschlands.

Die BRD nahm Kurs auf die Revision der Ergebnisse des 2. Weltkriegs, vor allem auf die Annexion der DDR. Das Wiedererstehen des deutschen Imperialismus wurde durch die antikommunistische Haltung der rechten Führer der SPD und des DGB stark begünstigt. Der Beitritt zur NATO im Jahre 1955 – nur ein Jahrzehnt nach Auschwitz und nach dem faschistischen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion –, brüskierte die ganze Welt.

Aus heutiger Sicht hat der internationale Imperialismus durch kalten Krieg und unzählige heiße Kriege, durch Rüstungswettlauf, ökonomische Übermacht und auch durch technologische Überlegenheit sowohl die UdSSR als auch die DDR erfolgreich beseitigt. Indem er jegliches Völkerrecht, die Menschenwürde und Menschenrechte mit Füßen tritt, zeigt sich sein hundertfaches Unrecht.

Die Deutsche Demokratische Republik war im humanistischen Sinne mein wahres politisches Vaterland.