RotFuchs 236 – September 2017

Unentdecktes Land e. V.

Wer wir sind und was wir wollen

RotFuchs-Redaktion

Unentdecktes Land e. V.

Anlaß zur Gründung des Vereins Unentdecktes Land war der 9. November 2014. Damals ver­sammelten sich einige wenige junge Leute auf dem Berliner Alexanderplatz und überraschten – angeregt von einer Antikriegsaktion gegen den Jugoslawienkrieg 1999 – Passanten mit einem überdimensionalen Großtransparant: „Diese Grenze wurde aufgehoben, damit wir gemeinsam wieder in den Krieg ziehen.“ Diese Losung fiel uns relativ spontan ein, was uns freute, denn die mediale Glorifizierung des 25. Jahrestages des Mauerfalls war unerträglich. Dazu bastelten wir eine Kon­struktion, die es erlaubte, das Transparent in vier Metern Höhe aufzuspannen, und gestalteten unübersehbare Tafeln mit Fakten über den deutschen Militarismus, den seit 1990 leider keine DDR mehr daran hindern kann, durch die Welt zu stolzieren. Aber die Bürger dieses Landes leben; immer mehr wollen die Entwicklung seit 1990 nicht hinnehmen und geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen den Nachkommen wei­ter. Wir lernen von ihnen. Am 3. Oktober 2015 sollte eine weitere Aktion auf dem Pariser Platz starten. Sie wurde – offenbar, weil man unsere Aufklärungsarbeit fürch­tete, von den „Staatsschützern der deutschen Einheit“ auf den Potsdamer Platz abge­schoben, so daß sie ihre volle Wirkung nicht entfalten konnte. Zuletzt waren wir am 13. August 2016 auf dem Pariser Platz präsent, übrigens in direkter Konfrontation mit Hubertus Knabe, der zum selben Tag am selben Ort sein stattliches Gruselkabinett auffuhr. Zähneknirschend und durchaus mit allerlei für uns ungünstigen Einschrän­kungen kamen Beamte des Staatsapparates dennoch ihrer Aufgabe nach, unsere Aktion vor Knabes angriffslustigen Trupps zu schützen.

Und noch eine Aktivität soll nicht verschwiegen werden. Am 8. Mai 2015 führten wir an der Neuen Wache eine Aktion zum Tag der Befreiung durch. Neben neuen und alten Fakten über den deutschen Militarismus und einem Aufruf in vier Sprachen – Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch – präsentierten wir unter dem Titel „Zerstörung durch Umdeutung“ auch eine Ausstellung zur Geschichte der Neuen Wache, in der wir zeigten, wie die BRD die antifaschistische Gedenkstätte zu einer Art deutscher Opferstätte umfunktionierte. Unsere Aktion auf dem Alexanderplatz 2014 ermutigte uns zur Gründung des Vereins, in dessen Satzung es unter anderem heißt: „Der Verein ,Unentdecktes Land e. V.‘ fördert die wissenschaftliche und publizistische Auseinandersetzung mit der Deutschen Demokratischen Republik als der bisher größ­ten Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Hierfür erstellt der Verein eine eigene, regelmäßig öffentlich durchgeführte Ausstellung zu den Ursachen und Folgen der Gründung und des Endes der DDR.“ Gegenwärtig sind wir dabei, eine solche Aus­stellung vorzubereiten. Wir wollen die Entstehung der DDR, ihr Blühen, ihre Wider­sprüche und ihre seit 1990 bis heute fortlaufende Abwicklung, Zerstörung und Ver­teufelung faktenreich darstellen und dabei auch die soziale Lage in Ostdeutschland heute thematisieren. Das ist ein großes Unterfangen, denn 40 Jahre DDR, For­schungs- und Archivmaterialien, die Auswertung der Materialien über die wirtschaft­lichen, sozialen und geopolitischen Folgen ihrer Annexion wollen erst einmal gesich­tet sein.

Mit unserer Ausstellung, die ab 2018 vor allem auf öffentlichen Plätzen in Städten und Ortschaften präsentiert werden soll, werden wir unseren Beitrag zur unerträg­lichen Legendenbildung über Platz und Geschichte der DDR leisten. Es wäre gut, wenn es gelingt, möglichst viele, vor allem die Jungen, zu Gesprächen über „das unentdeckte Land“ einzuladen, Fragen aufzuwerfen und die angebliche Alternativ­losigkeit des Kapitalismus aufs Korn zu nehmen. Unser Anliegen ist es, mit der Be­völkerung über Frieden, Antifaschismus, Sozialismus einerseits, Krieg, Faschismus und imperialistische Annexion und Konterrevolution andererseits in die Diskussion zu kommen. Daß dies unbedingt notwendig ist, zeigt eine von uns durchgeführte Veran­staltung zum Film „Spur der Steine“ im Berliner Café „Sibylle“, bei der wir über Pro­bleme der Arbeitswelt der DDR, über Unterschiede zwischen Film und Buch, Aufgaben und Möglichkeiten von Kulturschaffenden in der DDR debattierten. Unser Verein hat ein antifaschistisches Profil. Das bedeutet vor allem, Lehren aus der deutschen Ge­schichte bewußtzumachen. Mit ihr wollen wir uns wissenschaftlich und publizistisch auseinandersetzen, Ursachen und Folgen ihrer Gründung und ihres Endes erkennen.

Im Verein kann man – unabhängig von der Stellung und Haltung zu verschiedenen Fragen der internationalen Politik – als Mitglied, Förderer und/oder Ausstellungs­redakteur tätig werden. Messen lassen wir uns an unserer kritischen, aber unbedingt solidarischen Haltung zur DDR als Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Wir meinen, damit eine Orientierung in den antifaschistischen, antimilitaristischen und sozialen Kämpfen in diesem Land zu haben. Bündnispolitisch sind wir momentan im Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden e. V. (OKV), im Aktionsbündnis Thäl­mann-Denkmal des Freundeskreises Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals e. V. und in „RotFuchs“-Regionalgruppen aktiv.

So versuchen wir, Veranstaltungen von Mitgliedsorganisationen des OKV zu besu­chen, und unterstützen das OKV bei der Vorbereitung und Durchführung der großen Protestveranstaltung zum 3. Oktober, auf der wir einander alle zu sehen hoffen. Von verschiedenen „RotFuchs“-Regionalgruppen sind wir – auch jetzt im zweiten Halbjahr – herzlich eingeladen worden, unseren Verein vor Ort vorzustellen. Wir freuen uns auf diese Begegnungen und grüßen all jene solidarisch, die gegen Krieg und Faschismus, gegen Verelendung und Reaktion, gegen Anti-DDR-Hetze und Antikommunismus käm­pfen.

Unentdecktes Land e. V.