2.3.4
Der Staatskredit
Die Kreditbeziehungen im Kapitalismus sind außerordentlich umfangreich und vielfältig. Schon immer war der Staatskredit ein wichtiges Mittel zur Beeinflussung des Reproduktionsprozesses des Kapitals. Da er an ein Subjekt, den Staat, gebunden ist, so kann der Staat sowohl als Verleiher als auch als Borger oder Leiher von Kredit auftreten. Er kann ferner kurzfristige und langfristige Kredite gewähren und solche in Anspruch nehmen. Als Verleiher gewährt der Staat zum Beispiel fungierenden Kapitalisten Kredit aus der Staatskasse, das heißt aus seinen Einnahmen. Die Empfänger solcher Kredite sind Unternehmen, an deren Entwicklung der Staat besonders interessiert ist, wie zum Beispiel Rüstungsunternehmen oder Unternehmen, die für den Verwertungsprozeß des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, heute des Monopolkapitals, wichtig sind (Infrastruktur, Wohnungsbau usw.). In diesen Fällen wird der Staatskredit in produktives Kapital verwandelt und ist an der Produktion von Profit beteiligt. Die zu zahlenden Zinsen sind ein Teil des Profits.
Mit Hilfe solcher Kredite kann der Staat für bestimmte Unternehmen oder Zweige besondere Entwicklungsbedingungen schaffen. Dies um so mehr, als die Zinsen, die er verlangt, relativ niedrig sind, zum Teil verzichtet er ganz darauf. Damit begünstigt der Staat die Verwertungsbedingungen dieser Unternehmen oder Zweige, und der Unternehmergewinn ist hier größer als bei jenen Kapitalisten, die mit geliehenem Geld arbeiten, jedoch höhere Zinsen zu entrichten haben.
Kreditnehmer ist der Staat dann, wenn er zum Beispiel Staatsanleihen emittiert, die zu verzinsen und zurückzuzahlen sind, oder wenn er Schatzwechsel, Schatzanweisungen ausgibt oder Kassenkredite bei der Bank aufnimmt.
Die aufgenommenen Kredite benutzt der Staat, um seine Ausgaben zu finanzieren und fällig gewordene Schulden zu bezahlen. Die Wirkung der durch Kredit finanzierten Ausgaben auf die Wirtschaftsentwicklung ist verschieden. Wenn damit beispielsweise Sozialaufwendungen, Investitionen für Krankenhäuser, Schulen, Wohnungen usw. finanziert werden, kann, wenn auch in unterschiedlichem Maße, eine zusätzliche Nachfrage nach Konsumgütern und Produktionsmitteln entstehen.
Unter bestimmten Bedingungen können davon wirtschaftsstimulierende Wirkungen ausgehen, allerdings können auch die Widersprüche verschärft werden, zum Beispiel in der Hochkonjunktur. Diese Art des Staatskredits ist meist zugleich mit inflationistischen Tendenzen verbunden, vor allem wenn die Schuldenaufnahme in größerem Umfang durch Notenbankkredite finanziert und die Schuldtitel Grundlage für die Geldemission werden. Auch die Zins- und Kreditrückzahlungen müssen in der Hauptsache von den Werktätigen getragen werden, so daß der Staatskredit mit zunehmender Ausbeutung der Werktätigen verbunden ist.
Ein großer Teil der Staatsausgaben der kapitalistischen Staaten wird zur Finanzierung der Rüstung, des Militarismus usw. verwandt. Rüstungsgüter dienen weder der Erweiterung der Produktion noch der Konsumtion. Sie fallen aus dem Reproduktionsprozeß heraus, müssen aber finanziert werden. Obwohl auch die Rüstungsproduktion unter bestimmten Bedingungen zum zeitweiligen Wachstum der Wirtschaft führen kann, hat sie letzten Endes Disproportionen, schwere Störungen im Reproduktionsprozeß, Ausbeutung und schließlich Vernichtung der wichtigsten Produktivkraft, des Menschen, zur Folge.
Die mit Hilfe des Staatskredits aufgebrachten Gelder dienen nicht zuletzt der Ausbeutung und Unterdrückung fremder Völker.
Die Staatsverschuldung hat in allen kapitalistischen Ländern ein riesiges Ausmaß angenommen.