Kapital und Mehrwert

3.3
Die Stadien der Produktion des relativen Mehrwerts

Bedeutete die Entwicklung des absoluten Mehrwerts die Entstehung und Ausbreitung des Kapitalverhältnisses, wodurch immer breitere proletarisierte Schichten dem Kapital unterworfen wurden - bei zunächst zunehmender Länge des Arbeitstages -, so konnte die Vergrößerung des relativen Mehrwerts nur durch den technischen Fortschritt, durch die Steigerung der Arbeitsproduktivität erreicht werden. Historisch gesehen, lassen sich drei Stadien der Produktion des relativen Mehrwerts unterscheiden: die kapitalistische einfache Kooperation, die kapitalistische Manufaktur und die maschinelle Großindustrie des Kapitalismus.

Die Klassiker des Marxismus-Leninismus gingen stets davon aus, daß die Wurzeln der Entwicklung des Systems der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Entwicklung und im Entwicklungsgrad der materiellen Produktion zu erblicken sind.76 Auch für die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise trifft zu, daß die Verhältnisse, die die Menschen bei der Erzeugung materieller Güter eingehen, grundsätzlich vom Entwicklungsstand der Produktivkräfte abhängen.

Aus dieser Tatsache ergibt sich die große Bedeutung, die die Klassiker des Marxismus-Leninismus den verschiedenen Entwicklungsstadien der Produktivkräfte sowie der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit beimessen. Die kapitalistische einfache Kooperation, die kapitalistische Manufaktur sowie die Maschinerie und große Industrie werden deshalb von Marx und Lenin auch als Stadien des Kapitalismus, als Entwicklungsstufen des industriellen Kapitalismus, bezeichnet.77

Diese drei Stadien sind - das sei hier bereits hervorgehoben - gleichzeitig die entscheidenden Phasen der Mehrwertproduktion sowie der Entstehung und vollen Herausbildung des kapitalistischen Grundwiderspruchs. Im Verlauf dieser Entwicklungsstadien entwickelten sich alle Merkmale des antagonistischen Gegensatzes zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer Aneignung, vertiefte sich der antagonistische Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital und breitete sich die kapitalistische Ausbeutung über alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens aus. In diesem Prozeß der Vergesellschaftung der Produktion erfolgte die vollständige Unterordnung der Arbeit unter das Kapital, das heißt der Arbeiterklasse unter das Kapitalverhältnis.

Im Hinblick darauf stellt W. I. Lenin fest, daß es ein grober Fehler wäre, den Kapitalismus mit der maschinellen großen Industrie zu identifizieren. Die Bedeutung der Lehre von Karl Marx habe gerade darin bestanden, diese maschinelle Industrie als ein Stadium des Kapitalismus darzustellen, die Manufaktur als das den Maschinen vorausgegangene Stadium des Kapitalismus. Gleichzeitig wird der qualitativ unterschiedliche Entwicklungsgrad der Mehrwertproduktion, der in jeder dieser Phasen erreicht wurde, nachdrücklich hervorgehoben.78