4.3
Der kapitalistische Grundwiderspruch
im System der ökonomischen Gesetze
und Widersprüche des Kapitalismus
Lenin hob stets hervor, daß erst der Marxismus den Weg wies „zur allumfassenden, allseitigen Erforschung des Prozesses der Entstehung, der Entwicklung und des Verfalls der ökonomischen Gesellschaftsformation, indem er die Gesamtheit aller widerstreitenden Tendenzen untersuchte, diese auf die exakt bestimmbaren Lebens- und Produktionsverhältnisse der verschiedenen Klassen der Gesellschaft zurückführte“136. In diesem Zusammenhang betont Lenin, daß der Marxismus durch die Theorie des Klassenkampfes den entscheidenden „Leitfaden“ aufdeckte, der die in dem scheinbaren Labyrinth und Chaos der historischen Entwicklung sich verbergende Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung zu entdecken erlaubt.137 „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen“138, heißt es im Kommunistischen Manifest.
Alle ökonomischen Gesetze und Widersprüche der kapitalistischen Produktion sind hinsichtlich ihrer Stellung und Funktion innerhalb dieser Produktionsweise daher in erster Linie an ihrer Bedeutung für die Entstehung, revolutionäre Entfaltung und schließliche Überwindung des entscheidenden Klassenwiderspruchs zwischen Kapital und Arbeit zu messen.
Der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privatkapitalistischen Form der Aneignung der Ergebnisse ist die spezifisch kapitalistische Erscheinungsform des allgemeinen Widerspruchs zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen. Er bringt den entscheidenden Klassengegensatz im Kapitalismus am umfassendsten zum Ausdruck. Er ist der Widerspruch, der die unaufhörliche Verschärfung dieses Klassengegensatzes unmittelbar zum Inhalt hat. Nur durch die revolutionäre Überführung der Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum kann dieser Widerspruch, kann der Kapitalismus als Gesellschaftsformation beseitigt werden. Deshalb ist der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer Aneignung der grundlegende aller kapitalistischen Widersprüche. „Die Produktion ist ein gesellschaftlicher Akt geworden; der Austausch und mit ihm die Aneignung bleiben individuelle Akte, Akte des einzelnen: Das gesellschaftliche Produkt wird angeeignet vom Einzelkapitalisten. Grundwiderspruch, aus dem alle Widersprüche entspringen, in denen die heutige Gesellschaft sich bewegt, und die die große Industrie offen an den Tag bringt.“139
In der Phase der maschinellen Großproduktion bildeten sich auch die für die gesamte weitere Entwicklung des Kapitalismus maßgebenden Zusammenhänge zwischen dem kapitalistischen Grundwiderspruch und den anderen Widersprüchen und ökonomischen Gesetzen des Kapitalismus heraus: Der kapitalistische Grundwiderspruch und andere entscheidende Widersprüche und Gesetze des Kapitalismus entstanden gleichzeitig und in enger Wechselwirkung miteinander. Dabei bildete der Grundwiderspruch stets sowohl den Ausgangspunkt als auch die entscheidende Entwicklungsbedingung. An dieser Stelle kann nur auf einige Prozesse verwiesen werden, die ausführlich in anderen KKK-Bänden behandelt werden.140 Das Mehrwertgesetz als ökonomisches Grundgesetz des Kapitalismus und der kapitalistische Grundwiderspruch bedingen sich unmittelbar. Die volle Herausbildung des kapitalistischen Grundwiderspruchs in der Phase der maschinellen Großproduktion bedeutete eine relativ schnelle Entwicklung der Vergesellschaftung der Produktion, der Großproduktion, und der Arbeitsproduktivität bei kapitalistischer Form der Aneignung der Arbeitsergebnisse. Der Kapitalismus entwickelte sich von Anfang an auf dem Wege der Konzentration der Produktion und des Kapitals bei immer wütenderer Konkurrenz zwischen den Unternehmen. Die durch das Mehrwertgesetz und den kapitalistischen Grundwiderspruch hervorgerufene gesamtgesellschaftliche Anarchie der Produktion verstärkte sich.