1.2
Der Kreislauf des produktiven Kapitals
Die allgemeine Formel des Kreislaufs des produktiven Kapitals lautet:
P … W' – G' – W … P
und in erweiterter Form
P … W' – G' . G – W | < | A Pm |
… P |
Seinem Inhalt nach ist dieser Kreislauf die periodisch erneuerte Funktion des produktiven Kapitals, seine Reproduktion, das heißt der Produktionsprozeß als Reproduktionsprozeß. Da es sich um den kapitalistischen Produktions- und Reproduktionsprozeß handelt, umfaßt er natürlich die periodische Wiederholung des Verwertungsprozesses und die Reproduktion seiner Bedingungen.
Eine Besonderheit besteht darin, daß der Zirkulationsprozeß in der Form der einfachen und nicht der kapitalistischen Warenzirkulation auftritt:
W' – G' – W | < | A Pm |
oder gekürzt: W – G – W. Beim Kreislauf des Geldkapitals war sie eindeutig G – W – G oder G – W – G’.
Aus der Beobachtung dieser Besonderheiten des Kreislaufs des produktiven Kapitals entsprangen verschiedene falsche Auffassungen über den Charakter der kapitalistischen Produktionsweise und ihnen entsprechende bürgerliche ökonomische Theorien.
Das Kapital existiert, wie Karl Marx feststellte, nur als „rastlose Bewegung des Gewinnens“13. Nicht der einzelne Gewinn, sondern der ständig wiederholte Gewinn macht den Geldbesitzer zum Kapitalisten. Das Mehrwertgesetz treibt daher die Kapitalisten dazu, den Mehrwert überwiegend zu akkumulieren und dadurch die Produktion ständig auszudehnen. Oberflächlich betrachtet, scheint die kapitalistische Produktion eine Produktion um der Produktion willen zu sein. Die klassischen bürgerlichen Ökonomen, als die wissenschaftlichen Vertreter der Bourgeoisie, gingen auch tatsächlich von der Annahme aus, daß das Ziel der kapitalistischen Produktion nicht der Mehrwert, sondern die Entwicklung der Produktion sei.
Die Formel P … W’ – G’ – W … P, von der sie ausgehen, drückt in der Tat die den Kapitalisten unbewußte objektive historische Mission der kapitalistischen Produktionsweise aus, die Produktivkräfte zur Entfaltung zu bringen und dadurch die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für ihre Ablösung durch den Sozialismus hervorzubringen. Aber die objektive historische Mission des Kapitalismus ist nicht identisch mit dem Zweck und Ziel der kapitalistischen Produktion. Die Kreislaufformel des produktiven Kapitals verdeckt nicht nur das Ziel der kapitalistischen Produktion, die Aneignung von Mehrwert, sondern sie wird auch bewußt zur Verschleierung der kapitalistischen Ausbeutung benutzt.
Das Monopolkapital und seine Verteidiger nutzen heute diese Verschleierung aus, um gegen die „Verteufelung des Profits“ zu polemisieren. Sie erklären, daß keine Wirtschaft ohne Gewinn betrieben werden könne. Der „Gewinn“ sei notwendig, um die Entwicklung der Wirtschaft zu gewährleisten, um im „freien Wettbewerb“, also im Konkurrenzkampf, bestehen zu können. Vor allem aber sei er notwendig, um den Arbeitern den Arbeitsplatz zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Karl Marx hat in seiner Theorie von der Akkumulation des Kapitals nachgewiesen, daß der größte Teil des Mehrwerts in Kapital verwandelt und damit das Ausbeutungsfeld und die Macht des Kapitals ausgedehnt werden. Da zugleich eine Modernisierung und Rationalisierung der Produktion erfolgt, die den Zweck hat, die Ausbeutung zu verstärken und mit weniger Arbeitern pro Kapitaleinheit einen größeren Mehrwert aus ihnen herauszupressen, sind weder die vorhandenen Arbeitsplätze gesichert noch ist gewährleistet, daß neue geschaffen werden.14
Der Kreislauf des produktiven Kapitals, isoliert und nicht als Bestandteil des Kreislaufs des industriellen Kapitals betrachtet, verhüllt den gesellschaftlichen Inhalt und damit das Wesen der kapitalistischen Produktion. Die Tatsache, daß jede gesellschaftliche Produktion zugleich Reproduktion ist, ist eine allgemeine Gesetzmäßigkeit, die jedoch durch die jeweiligen Produktionsverhältnisse ihre spezifische, im Kapitalismus ihre klassenspezifische Wirksamkeit erhält. Die kapitalistische Reproduktion reproduziert daher auch immer die kapitalistischen Produktionsverhältnisse.
Den Kreislauf des produktiven Kapitals analysierte Karl Marx unter zwei Aspekten: unter dem Aspekt der einfachen Reproduktion und dem der erweiterten Reproduktion. Zur Existenzbedingung der Kapitalisten gehört die erweiterte Reproduktion. Das ergibt sich aus dem Mehrwertgesetz, das als Zwangsgesetz der Konkurrenz erscheint und unter dessen Druck die Kapitalisten Mehrwert akkumulieren müssen. Karl Marx begann seine Analyse deshalb mit der einfachen Reproduktion, weil sie immer die Voraussetzung der erweiterten Reproduktion ist.