Kreislauf und
Umschlag des Kapitals

3.4
Theorien über fixes und zirkulierendes Kapital

Karl Marx setzte sich ausführlich mit den Theorien der klassischen bürgerlichen Ökonomen und der Vulgärökonomie auseinander. Die Kategorien fixes und zirkulierendes Kapital fanden die bürgerlichen Ökonomen in der Praxis der kapitalistischen Wirtschaft vor, interpretierten sie aber nicht richtig und drangen nicht zu ihrem Wesen vor, das Karl Marx mit der Entdeckung der Einteilung des industriellen Kapitals in konstantes und variables Kapital enthüllte. Diese Auseinandersetzung mit den bürgerlichen Theorien über fixes und zirkulierendes Kapital hat nicht nur historische Bedeutung, sondern ist durchaus aktuell.

Eine dieser bürgerlichen Auffassungen über den Charakter des fixen und zirkulierenden Kapitals ist die, daß beide Formen des Kapitals mit dem Gebrauchswert der Produktionsmittel verwechselt werden. Gebäude, Maschinen, Anlagen usw., so wird behauptet, sind unbeweglich, sie stehen fest, demnach sind sie fixes Kapital. Rohstoffe, Halbzeuge, Arbeitskräfte sind beweglich, also sind sie zirkulierendes Kapital. Die gleiche Vorstellung besteht häufig auch über das konstante und das variable Kapital. Wie falsch diese Vorstellung ist, ersieht man daraus, daß zum Beispiel Lokomotiven, Schiffe, Flugzeuge usw. fixes Kapital sein können, obwohl sie nicht fest stehen, sondern sich fortbewegen. Andererseits sind Maschinen, Anlagen usw., wenn sie Erzeugnisse der Produktion sind und verkauft werden, keineswegs fixes Kapital, sondern Warenkapital und damit Zirkulationskapital.

Es wird also nicht nur die materielle Funktion der Produktionsmittel mit dem gesellschaftlichen Charakter des fixen Kapitals verwechselt, sondern auch das fixe und zirkulierende Kapital mit dem Zirkulationskapital, das heißt mit dem in der Zirkulation angelegten Kapital (Handelskapital, Bankkapital). Diese falschen Auffassungen vertraten besonders Adam Smith und David Ricardo. Sie erkannten nicht, daß das Zirkulationskapital Warenkapital ist, und zwar als besonderes Durchgangsstadium des industriellen Kapitals.

Fixes und zirkulierendes Kapital sind aber nur Formen des industriellen Kapitals. Sie unterscheiden sich lediglich durch die Art und Weise der Übertragung des in ihnen verkörperten Wertes auf das neue Produkt. Beim fixen Kapital geschieht das allmählich, in verschiedenen Produktionsperioden. Beim zirkulierenden Kapital erfolgt das in der Regel54 auf einmal, in einer Produktionsperiode. Zum zirkulierenden Kapital gehört auch das variable Kapital, dessen Wert nicht übertragen, sondern durch die Arbeit der Arbeitskraft reproduziert wird. Das variable Kapital schlägt ebenfalls in einer Produktionsperiode um.

Adam Smith und David Ricardo haben das besondere Verdienst, den Nachweis erbracht zu haben, daß die Arbeit der Lohnarbeiter Wert und Mehrwert beziehungsweise Profit erzeugt und daß der Kapitalist einen Teil seines Kapitals in Arbeitskräften anlegt. Sie schwankten aber in ihren Auffassungen. Eine der Ursachen dafür war, daß sie den Doppelcharakter der warenproduzierenden Arbeit nicht erkannten und die Wertbestimmung der Ware Arbeitskraft nicht eindeutig definierten; außerdem verwechselten sie ständig das fixe und das zirkulierende Kapital mit dem konstanten und dem variablen Kapital.

Diese Verwechslung wurde von den Kapitalisten und ihren Verteidigern, den Vulgärökonomen und Apologeten, ausgenutzt, denn durch sie wird die Quelle des Mehrwerts, die kapitalistische Ausbeutung, überhaupt verschleiert. Durch die Gleichsetzung des variablen mit dem konstanten zirkulierenden Kapital ist nicht ersichtlich, daß das variable Kapital beziehungsweise die Arbeitskraft der Arbeiter Wert und Mehrwert hervorbringt, während der Wert des konstanten zirkulierenden Kapitals nur durch die konkrete Arbeit der Arbeiter auf das Produkt übertragen wird. „Man begreift daher, warum die bürgerliche politische Ökonomie A. Smiths Konfusion der Kategorien ‚konstantes und variables Kapital’ mit den Kategorien ,fixes und zirkulierendes Kapital’ instinktmäßig festhielt und kritiklos ein Jahrhundert durch von Generation zu Generation nachplapperte. Der im Arbeitslohn ausgelegte Kapitalteil unterscheidet sich bei ihr gar nicht mehr von dem in Rohstoff ausgelegten Kapitalteil, und unterscheidet sich nur formell – ob er stückweis oder ganz durch das Produkt zirkuliert wird – vom konstanten Kapital. Damit ist die Grundlage für das Verständnis der wirklichen Bewegung der kapitalistischen Produktion, und daher der kapitalistischen Exploitation, mit einem Schlage verschüttet. Es handelt sich nur um das Wiedererscheinen vorgeschoßner Werte.“55

Erst Karl Marx löste das Problem vollständig, indem er erstens die Einteilung des Kapitals in konstantes und variables Kapital entdeckte und damit nachwies, daß Wert und Mehrwert nur durch das in der Produktion funktionierende variable Kapital, durch die Arbeitskraft, entstehen können. Zweitens wies er nach, daß die Einteilung des produktiven Kapitals in fixes und zirkulierendes Kapital eine Antwort darauf gibt, wie sich die verschiedenen Bestandteile des Kapitals bei der Wertabgabe beziehungsweise der Wertproduktion, beim Umschlag des Kapitals und deren Wirkung auf den Verwertungsgrad des Kapitals verhalten.

Die von Karl Marx getroffene Feststellung, daß die bürgerlichen Ökonomen die Konfusion bei der Behandlung des fixen und zirkulierenden Kapitals von Generation zu Generation nachplappern, gilt auch noch heute. Diese Konfusion tritt vor allem in der Behauptung auf, daß neben den Lohnarbeitern auch die Maschinen, die moderne Produktionstechnik überhaupt, also das fixe Kapital, Mehrwert erzeugen.

Das Anwachsen des fixen Kapitals ist ein Ausdruck wachsender Arbeitsproduktivität. Mit Hilfe der modernen Produktionstechnik wird die Produktivkraft der Arbeit gesteigert und eine größere Masse von Gebrauchswerten erzeugt. Steigerung der Arbeitsproduktivität heißt, mit gleichem Aufwand an lebendiger Arbeit in der gleichen Zeit eine größere Menge von Produkten erzeugen. Diese größere Produktenmenge verkörpert dann, abgesehen vom Wert der verbrauchten Produktionsmittel, den gleichen Wert wie die geringere Produktenmenge, die bei niedrigerer Arbeitsproduktivität erzeugt wird. Durch eine höhere Arbeitsproduktivität werden also mehr Produkte erzeugt, aber der Wert des einzelnen Produktes sinkt.

Wendet nun ein einzelner Kapitalist die moderne Technik an, während die anderen Kapitalisten bei der alten Technik bleiben, dann erzeugt jener einen Extramehrwert, da sein individueller Arbeitsaufwand niedriger ist als der gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitsaufwand. Es sieht jedoch so aus, als ob die neue Maschine, die neue Technik, den Extramehrwert hervorgebracht hätte und nicht die Arbeiter. Auf diesen äußeren Schein stützt sich die bürgerliche Theorie, daß auch Maschinen Mehrwert erzeugen.

Tatsächlich wird durch die neue Technik die Produktivkraft der Arbeit erhöht. Sie geht mit ihrem Wert in den Wertbildungsprozeß ein, indem dieser wie bei der alten Maschine durch die konkrete Arbeit der Arbeiter nach und nach auf das Produkt übertragen wird. In dem Maße, wie die neue Technik von allen Kapitalisten des Produktionszweiges angewendet wird, bestimmt ihre Anwendung die gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitszeit zur Herstellung der Produkte, und damit verschwindet auch der Extramehrwert.

Es gilt zu untersuchen, ob der mit der wissenschaftlich-technischen Revolution wachsende Anteil des fixen Kapitals auch von einem Ansteigen des in ihm verkörperten Wertes begleitet ist. Durch die wissenschaftlich-technische Revolution steigt mit dem Umfang des fixen Kapitals in bedeutendem Maße die Produktivkraft der Arbeit. Diese wirkt auch auf den Wert des fixen Kapitals. Daraus ergibt sich, daß der stoffliche Umfang des fixen Kapitals schneller wächst als der Wert des fixen Kapitals. Wir beschäftigen uns im KKK-Band über den Profit ausführlicher mit diesem Problem.56