1.2.
Die Profitrate –
Ausdruck des Verwertungsgrades des Kapitals
und Triebkraft der kapitalistischen Produktion
Wie wir aus der Mehrwerttheorie wissen, schafft nur die Arbeitskraft des Arbeiters den Mehrwert, den sich der Kapitalist ohne Bezahlung aneignet. Im vorangegangenen Abschnitt sahen wir jedoch, daß die Quelle des Mehrwerts verschleiert wird, weil es dadurch, daß die Produktion durch die Kombination von Arbeitskräften und Produktionsmitteln erfolgt, den Anschein hat, als ob auch die Produktionsmittel Mehrwert hervorbringen. Tatsächlich erfolgt die Produktion nur durch das Zusammenwirken von Arbeitskräften und Produktionsmitteln, wobei allerdings nur die Arbeitskräfte Wert und Mehrwert erzeugen. Demnach besteht zwar zwischen den Wertbestandteilen c und v ein sehr enger Zusammenhang. Beide spielen in der Wert- und Mehrwertproduktion eine ganz unterschiedliche Rolle. Für den Kapitalisten ist die Verausgabung der beiden Kapitalteile jedoch gleichrangig, da das gesamte Kapital nicht nur dem Produktions-, sondern auch dem Verwertungsprozeß dient. Daher setzt er den produzierten Mehrwert beziehungsweise den erzielten Profit auch ins Verhältnis zu dem von ihm verausgabten Gesamtkapital.
So wichtig nun für den Kapitalisten die Größe der Profitmasse ist, die er sich aneignen kann, noch wichtiger ist für ihn der Aufwand an Kapital, mit dem er diesen Profit erzielt hat. Wenn zum Beispiel ein Kapital in Höhe von 10 Millionen $ einen Profit von 100.000 $ einbringt und ein Kapital in Höhe von 1 Million $ ebenfalls 100.000 $ Profit bringt, dann ist bei beiden Kapitalen die absolute Größe des Profits gleich, aber der Kapitalaufwand oder der Kapitalvorschuß zur Gewinnung dieses Profits ist ungleich.
Das kann natürlich keinem Kapitalisten gleichgültig sein. Für ihn ist nicht die absolute Größe des Profits ausschlaggebend, sondern dessen Verhältnis zur Höhe des gesamten vorgeschossenen Kapitals. Der Kapitalist mißt die Rentabilität seines Unternehmens nicht an dem Verhältnis von Mehrwert zum variablen Kapital, an der Mehrwertrate, sondern an dem prozentualen Verhältnis von Mehrwert zum vorgeschossenen Gesamtkapital. Dieses Verhältnis ist der Verwertungsgrad des Kapitals oder die Profitrate. Die Profitrate hat folglich die Formel
p' = | m | * 100 = | p |
C | C |
(Marx verwendet auch die Formeln
p' = | m | , | p | , | m | , | p | . |
c + v | c + v | k | K |
In diesen Fällen ist unterstellt, daß das vorgeschossene konstante Kapital insgesamt und auf einmal übertragen wird.)
Auf unsere beiden Beispiele angewendet, ergeben sich folgende Profitraten:
(1.) p' = | 100 000 | * 100 = 1 % |
10 Millionen |
(2.) p' = | 100 000 | * 100 = 10 % |
1 000 000 |
Aus dem Mechanismus der kapitalistischen Produktionsweise ergibt sich nicht nur die Verwandlung des Mehrwerts in den Profit, sondern auch die Verwandlung der Mehrwertrate in die Profitrate. Historisch geht die Profitrate der Mehrwertrate voraus. „Aus der Verwandlung der Mehrwertrate in die Profitrate ist die Verwandlung des Mehrwerts in Profit abzuleiten, nicht umgekehrt. Und in der Tat ist die Profitrate das, wovon historisch ausgegangen wird. Mehrwert und Rate des Mehrwerts sind, relativ, das Unsichtbare und das zu erforschende Wesentliche, während Profitrate und daher die Form des Mehrwerts als Profit sich auf der Oberfläche der Erscheinungen zeigen.“12
Die vorkapitalistischen Kaufleute gingen tatsächlich bei der Beurteilung ihrer Erfolge nicht von der absoluten Größe des Profits, sondern von dessen Verhältnis zum aufgewendeten Kapital, also von der Profitrate, aus.13
Beim Übergang des Handelskapitals in die Produktion, der Verwandlung der Handelskapitalisten in Manufaktur- und industrielle Kapitalisten, war gerade das Bestreben, die Profitrate zu erhöhen, maßgebend. Aber dadurch, daß die Handelskapitalisten zu industriellen Kapitalisten wurden, änderte sich die ökonomische Grundlage der Profitrate. Anstelle des in der Zirkulation durch den nichtäquivalenten Austausch gewonnenen Überschusses wurde die Mehrarbeit der Lohnarbeiter die Grundlage der Profitrate.
Durch die kapitalistische Produktionsweise wurde die Profitrate zu einer verwandelten Form der Mehrwertrate und der Profit zur verwandelten Form des Mehrwerts.
Die Profitrate ist die Triebkraft der kapitalistischen Produktion. Je höher die Profitrate, desto höher die Verwertung, der Verwertungsgrad eines gegebenen Kapitals. Die Jagd nach dem höchsten Profit ist vor allem die Jagd nach der höchsten Profitrate.
Die Profitrate ist, wie Marx feststellte, „das belebende Feuer“, die „treibende Macht in der kapitalistischen Produktion“14, der Stachel, der die Produktion vorantreibt oder erlahmen läßt, je nachdem, ob die Profitrate hoch oder niedrig ist.
Die Rolle der Profitrate als Stachel der kapitalistischen Produktion hat der „Quarterly Reviewer“ treffend charakterisiert, den auch Karl Marx zitiert: „Das Kapital hat einen horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“15
Die Wahrheit dieser Feststellung wird auch heute durch das unmenschliche Verhalten der Imperialisten voll bestätigt. Die barbarischen Kriege der USA-Imperialisten gegen Völker auf der ganzen Erde gingen und gehen um die Sicherung der Profitquellen, um die Unterjochung und Ausbeutung der dieser Völker. Dabei wurden und werden Verbrechen verübt, die, wie der schwedische Ministerpräsident Palme einmal öffentlich erklärte, nach dem zweiten Weltkrieg einige Führer des deutschen Faschismus an den Galgen brachten. Überall geht es um die enorme Profitrate für die großen Konzerne.
Durch die Verwandlung der Mehrwertrate in die Profitrate wird der Ausbeutungsgrad verhüllt, denn das prozentuale Verhältnis des Mehrwerts zum gesamten vorgeschossenen Kapital
m | oder | m |
c + v | C |
ist stets kleiner als das Verhältnis des Mehrwerts zum variablen Kapital
m |
v |
Die Profitrate drückt demnach den Ausbeutungsgrad stets niedriger aus als die Mehrwertrate. Genau gesagt, drückt sie überhaupt nicht den Ausbeutungsgrad, sondern den Verwertungsgrad des gesamten Kapitals aus.
Betrachten wir in diesem Zusammenhang Mehrwert und Profit, so finden wir, daß sie sich der Form nach unterscheiden, aber nicht der Größe nach. Die Masse des Profits ist gleich der Masse des Mehrwertes. Dagegen unterscheidet sich die Profitrate von der Mehrwertrate nicht nur der Form nach, sondern auch in ihrer Größe. Die Profitrate ist stets kleiner als die Mehrwertrate. betrachten wir zum Beispiel ein Kapital in der Zusammensetzung 80c + 20v + 20m.
Die Mehrwertrate beträgt
m' = | m | * 100 = | 20 | * 100 = 100 %. |
v | 20 |
Die Profitrate beträgt
p' = | m | * 100 = | 20 | * 100 = 20 %. |
c + v | 80 + 20 |
das heißt, der Profitrate von 20 Prozent liegt eine um das Fünffache höhere Ausbeutungsrate zugrunde.
Die Mehrwertrate macht das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit offensichtlich, sie bringt den Ausbeutungsgrad der Arbeiter zum Ausdruck. Die Profitrate dagegen drückt den Verwertungsgrad des Kapitals aus, verhüllt das kapitalistische Ausbeutungsverhältnis und den Ausbeutungsgrad.