3.3
Die Rolle der Geldzirkulation
im kapitalistischen Reproduktionsprozeß
Die produzierte Warenmasse W′I und W′II, die stofflich aus Produktionsmitteln und Konsumtionsmitteln besteht, muß, damit kontinuierlich produktive und unproduktive individuelle und gesellschaftliche Konsumtion stattfinden kann, zuvor verkauft und gekauft werden. Die gesamte kapitalistische Warenzirkulation wird durch das Geld vermittelt. Die Austauschprozesse zum Beispiel zwischen den beiden Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion können nicht einfach in der Naturalform der Arbeitsprodukte erfolgen, sondern werden durch die Geldzirkulation ermöglicht. Dazu ist Geld erforderlich. Woher stammt es, und wie gelangt es in die Zirkulation?
Die kapitalistischen Produzenten stehen sich als Eigentümer ihrer jeweils produzierten Waren gegenüber. Damit sie zu anderen Waren, zu anderen Gebrauchswerten kommen, um weiter produzieren und leben zu können, müssen sie sich wechselseitig als Verkäufer und Käufer gegenübertreten. Dazu müssen sie auch über Geld, über Geldkapital verfügen. „Monopolbesitz der gesellschaftlichen Produktionsmittel wie des Geldes“42 und der erzeugten Waren charakterisiert sie ja gerade als Kapitalisten. Dieses Geld für die Zirkulation der Waren (die den Mehrwert beziehungsweise das Mehrprodukt enthalten) stammt aus den vielfältigen Verschlingungen der verschiedenen Kapitalkreisläufe sowie aus akkumuliertem Geldkapital.43
Das Geld stammt, als Goldgeld, letztlich aus der Goldproduktion. Die kapitalistischen Goldproduzenten kaufen Waren, Bagger, Fahrzeuge, Lebensmittel usw. Dadurch gelangt das Goldgeld in die Hände der industriellen (und sonstigen) Kapitalisten, die es ihrerseits für den Kauf von Produktionsmitteln und Arbeitskräften in die Zirkulation geben. Das Geld kehrt dann nach reibungslosem Verkauf der produzierten Waren wieder an sie zurück.
Im Marxschen Reproduktionsschema wird als eine weitere Abstraktion zwar angenommen, daß das gesellschaftliche Gesamtprodukt (eines Landes und eines Jahres) zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig und gleichzeitig vorhanden ist. In der kapitalistischen Praxis ist es aber so, daß jedes individuelle Kapital und damit auch das gesellschaftliche Gesamtkapital in allen drei Kreisläufen – als Kreislauf des Geldkapitals, des produktiven Kapitals und des Warenkapitals – nebeneinander existiert.44 Damit befindet sich das Kapital aber auch in seinen drei Kapitalformen – als Geldkapital G, als produktives Kapital P und als Warenkapital W′ – gleichzeitig nebeneinander; und zwar in jedem Betrieb, in jedem Wirtschaftsbereich, in den beiden Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion und in der ganzen kapitalistischen Wirtschaft.
Im Kreislauf des produktiven Kapitals zum Beispiel produzieren die Arbeiter im Produktionsprozeß den Neuwert v + m. Diesen Neuwert eignet sich der kapitalistische Unternehmer mit dem gesamten Warenprodukt an. Auf dem Markt erfolgt über den Verkauf und den Kauf, wobei die erforderliche Geldmenge in die Zirkulation gelangt, die Rückverwandlung der Waren in Geld. Das ist ein Prozeß, der durch ständige Störungen, Konflikte und Widersprüche gekennzeichnet ist.
Mit dem Warenverkauf nimmt zum Beispiel auch der Wertteil v die Form von Geldkapital an, das den Kapitalisten nun wieder zum erneuten Kauf der Ware Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt dient. Dieses Geld ist die verwandelte Form des Arbeitsprodukts des Arbeiters. „Während der Arbeiter einen Teil der Produktionsmittel in Produkt verwandelt“, schreibt Marx, „rückverwandelt sich ein Teil seines früheren Produkts in Geld.“45 Während also die Lohnarbeiter im Produktionsprozeß fungieren und dafür Lohn erhalten, verlassen gleichzeitig Produktionsmittel und Konsumtionsmittel den Produktionsprozeß und gehen in die Warenzirkulation ein. Während die Kapitalisten mit einem Teil ihres Kapitals gerade diesen zweiten Zirkulationsvorgang W′ – G′, vollziehen, beginnt ein anderer Kapitalteil den ersten Zirkulationsakt, G – W, werden Produktionsmittel und Arbeitskräfte gekauft und bezahlt usw.
So wie die kapitalistischen Unternehmer ihr Geldkapital nacheinander vorschießen, so fließt es auch nacheinander, nicht auf einmal, zurück. Dadurch können sie gleichzeitig verkaufen, produzieren und kaufen. Das Geld fungiert dabei vor allem als Zirkulationsmittel und als Zahlungsmittel. Die Menge des für diese Warenzirkulation erforderlichen Geldes reguliert das früher behandelte Geldumlaufgesetz.46 Das Geld fungiert, das soll noch einmal betont werden, als Vermittler der Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals.