3.4
Zur Reproduktion des konstanten fixen Kapitals
Eine besondere Schwierigkeit für den kapitalistischen Reproduktionsprozeß ergibt sich aus der Reproduktion des konstanten fixen Kapitals, aus dem besonderen Umschlag beziehungsweise dem Problem des Ersatzes des fixen Kapitals.
Innerhalb der Abteilung I kann und muß eine weitere Unterteilung vorgenommen werden: Es muß zwischen dem Bereich, der Arbeitsmittel produziert, und dem Bereich, der Arbeitsgegenstände, Rohmaterialien usw. herstellt, unterschieden werden. Zu der Unterabteilung, die Arbeitsmittel produziert, gehören zum Beispiel solche Industriezweige wie der Stahlbau, der Maschinenbau, der Fahrzeugbau und die Bauindustrie. Ihre Arbeitserzeugnisse, ihre Waren tauschen sich gegen konstantes fixes Kapital, cf, aus. Zu der anderen Unterabteilung gehören zum Beispiel der Bergbau, die Metallurgie und die chemische Industrie. Die von ihnen geschaffenen Arbeitsgegenstände tauschen sich gegen konstantes zirkulierendes Kapital, cz, aus47. Auch zwischen diesen beiden Unterabteilungen der Abteilung I und den verschiedenen dazu gehörenden Industrie- und Landwirtschaftszweigen usw. müssen bestimmte Proportionen eingehalten werden, damit der gesellschaftliche Reproduktionsprozeß reibungslos verläuft.
Marx ging es in seiner Analyse des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses zunächst darum, die Grundbedingung der einfachen Reproduktion aufzuzeigen, die eingehalten werden muß, damit Produktion und Reproduktion reibungslos, ohne Vergeudung gesellschaftlicher Produktivkräfte vonstatten gehen können. Er konnte und mußte zunächst von der Annahme ausgehen, daß sämtliche Elemente des konstanten Kapitals im Laufe des Jahres verschleißen und ersetzt werden müssen. Er abstrahierte also (wie in früherem Zusammenhang bereits festgestellt wurde) von den Unterschieden zwischen fixem und zirkulierendem Kapital48. Da aber der unterschiedliche Umschlag der Kapitalteile den Austausch innerhalb der beiden Abteilungen und zwischen den Abteilungen I und II wesentlich beeinflußt, mußten dann die Besonderheiten des Ersatzes des fixen Kapitals mit in die Analyse einbezogen werden.49
Der Wert des fixen Kapitals wird allmählich auf das neue Produkt übertragen, das heißt, der Umschlag des fixen Kapitals umfaßt in der Regel mehrere Jahre. In dieser Zeit fungieren die Arbeitsmittel, die stofflichen Elemente des fixen Kapitals, in ihrer Naturalform im Produktionsprozeß weiter.
Wird das jährliche Warenprodukt verkauft, so wird auch der übertragene Wert des fixen Kapitals in Geld verwandelt. Aber nach dieser Verwandlung wird der Unterschied zu den anderen Wertelementen des Jahresprodukts sichtbar. Das in der Produktion der Waren verbrauchte konstante zirkulierende Kapital muß in natura (Rohmaterialien, Hilfsstoffe usw.) vollständig ersetzt werden. Ebenso muß die verausgabte Arbeitskraft durch frische Arbeitskraft erneuert werden, damit die Produktion von neuem beginnen kann. Das aus dem Warenabsatz erzielte Geldkapital muß beständig in diese Elemente des produktiven Kapitals umgesetzt werden.
Dagegen wird das als Ersatz für den Wert des verschlissenen Teils des fixen Kapitals gewonnene Geld nicht wieder sofort in die Elemente des produktiven Kapitals rückverwandelt. Es verharrt neben dem produktiven Kapital in seiner Geldform. Diese Akkumulation, diese Schatzbildung wiederholt sich so lange, bis die aus einer größeren oder geringeren Anzahl von Jahren bestehende Reproduktionsperiode des fixen Kapitals abgelaufen ist. „Dies Geld“, schreibt Marx, „dient dann dazu, das fixe Kapital (oder Elemente desselben, da die verschiednen Elemente desselben verschiedne Lebensdauer haben) in natura zu ersetzen und so diesen Bestandteil des produktiven Kapitals wirklich zu erneuern.“50
Marx geht von der Grundbedingung der einfachen Reproduktion I (v + m) = IIc aus. Der Warenwert von 2000 IIc enthält auch das Wertelement für den zu ersetzenden Verschleiß des fixen Kapitals, das aber, wie festgestellt wurde, nicht sofort in natura ersetzt wird. Daraus ergibt sich die folgende Schwierigkeit: Die Produktionsmittel der Abteilung I, in deren Naturalform die I (v + m) existieren, sind zu ihrem ganzen Wertbetrag von 2000 gegen ein Äquivalent in Konsumtionsmitteln der Abteilung II umzusetzen. Aber die Konsumtionsmittel von II, in deren Naturalform die IIc existieren, können nicht zu ihrem vollen Wertbetrag in Produktionsmittel umgesetzt werden, weil ein Wertteil, der zu ersetzende Verschleiß des fixen Kapitals, zunächst in der Geldform verharren muß. Dieses Geld kann innerhalb der Reproduktionsperiode nicht wieder fungieren. Beträgt der Wertteil für den zu ersetzenden Verschleiß des fixen Kapitals 200, dann taucht zum Beispiel die Frage auf, wie es den Kapitalisten von II möglich ist, bei Äquivalentenaustausch 200 IIc in Geldform aufzubewahren. Würden die kapitalistischen Unternehmer der Abteilung II Konsumtionsmittel für 2000 IIc an I verkaufen, aber Produktionsmittel für weniger als 2000 I (v + m) von I kaufen, zum Beispiel nur für 1800, dann hätten sie 200 der Zirkulation entzogen. Auf der Seite der Kapitalisten der Abteilung I gäbe es aber eine Überproduktion von Produktionsmitteln im Wert von 200, und damit, stellt Marx fest, „wäre die ganze Basis des Schemas zerronnen, nämlich Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter, wo also völlige Proportionalität zwischen den verschiednen Produktionssystemen vorausgesetzt ist. Die eine Schwierigkeit wäre nur beseitigt durch eine viel unangenehmere.“51
Marx schlußfolgert daraus, daß außer dem Ersatz des verschlissenen Kapitalteils in Geld auch ein Ersatz in natura erfolgen muß. Das kann tatsächlich geschehen, weil der stoffliche Ersatz des fixen Kapitals auch in der Abteilung II nicht insgesamt in einem Jahr erfolgt. Die einzelnen Kapitale, die hier in den verschiedenen Zweigen angelegt sind, haben ebenfalls ein unterschiedliches Lebensalter. Während bestimmte Kapitalanlagen im laufenden Jahr abgenutzt sind und aus dem akkumulierten Geldfonds in natura ersetzt werden müssen, brauchen andere Anlagen stofflich noch nicht ersetzt zu werden. Die Abteilung II besteht also auch aus Kapitalen, deren fixe Kapitalteile sich in ganz verschiedenen Phasen ihrer Reproduktion befinden. Insofern ist in den Umsatz 2000 IIc gegen 2000 I (v + m) auch der stoffliche Ersatz von fixem Kapital eingeschlossen. Das setzt voraus, daß sich in früheren Jahren das für diesen Austausch nötige Geld akkumuliert hat. Die Kapitalisten, bei denen die Erneuerung des fixen Kapitals in seiner Naturalform fällig geworden ist, schießen daher nicht nur für den Kauf von Arbeitskräften, Arbeitsgegenständen, Rohmaterialien und Hilfsstoffen Kapital vor, sondern auch für die Anschaffung von Arbeitsmitteln. Mit dem akkumulierten Geldkapital werden die materiell zu ersetzenden Elemente des fixen Kapitals gekauft.
Die Reproduktion des konstanten fixen Kapitals setzt die Einhaltung bestimmter Proportionen voraus. Schon bei einfacher Reproduktion gilt als Vorbedingung: Das fixe Kapital der Abteilung II, das seinem Wert nach in Geld rückverwandelt und daher im laufenden Jahr in natura zu erneuern ist, muß gleich sein dem Jahresverschleiß des anderen fixen Kapitals der Abteilung II, das noch in seiner alten Naturalform weiter fungiert und dessen Verschleiß zunächst in Geld zu ersetzen ist, bis dann ebenfalls seine Erneuerung in natura notwendig ist. Ein solches Gleichgewicht erschiene danach als Erfordernis der Reproduktion auf gleichbleibender Stufenleiter, „was in andren Worten heißt, daß in der die Produktionsmittel produzierenden Klasse I die proportionale Teilung der Arbeit unverändert bleiben muß, soweit sie einerseits zirkulierende und andrerseits fixe Bestandteile des konstanten Kapitals“ liefert.52 Aber diese (und andere) erforderliche Proportionen werden in der kapitalistischen Praxis verletzt. Disproportionen, Mißverhältnisse bei der Produktion von Elementen des fixen und zirkulierenden Kapitals können sich so weit zuspitzen, daß sie mit zu Wirtschaftskrisen führen.53 Marx stellt dazu fest, daß „das Gleichgewicht – bei der naturwüchsigen Gestaltung dieser Produktion – selbst ein Zufall ist“54.
Weitere Probleme bereits der einfachen Reproduktion hängen mit der Wertsenkung von Elementen des konstanten fixen Kapitals zusammen (infolge steigender Arbeitsproduktivität), was zu Unterschieden zwischen dem zu ersetzenden ursprünglichen und dem gegenwärtig erforderlichen Wertbetrag führt, so daß sich Akkumulationsmöglichkeiten ergeben. Weitere Möglichkeiten der Akkumulation ergeben sich daraus, daß der angesammelte Akkumulationsfonds bereits vor der Rückverwandlung für die Kapitalverwertung ausgenutzt wird. Das sind Möglichkeiten des Übergangs von der einfachen zur erweiterten Reproduktion.