Deutschlands proletarische Sportler waren eine gewaltige Kraft
Als 40 000 Athleten Ernst Thälmann empfingen
Trotz 12jährigen Verbots siegte die deutsche Arbeiterklasse, geführt von der damals revolutionären Sozialdemokratischen Partei, bei den Reichstagswahlen 1890 und zwang Bismarck, das Sozialistengesetz aufzuheben.
Unter nunmehr legalen Bedingungen schufen sich die Arbeiter gewerkschaftliche und genossenschaftliche Bildungs-, Frauen- und Turnvereine. Sie bildeten Verbände wie den 1893 gegründeten „Arbeiter-Turner-Bund“ (ATB). Er war weltweit die erste proletarische Klassenorganisation im Sport. Sein langjähriger Vorsitzender, Heinrich Rauh, redigierte und druckte das Organ des Bundes, die „Arbeiter-Turn-Zeitung“ (ATZ) in seinem kleinen Betrieb in Leipzig-Probstheida, in dem 1900 auch die ersten vier Nummern der Leninschen „Iskra“ erschienen.
1896 riefen die „Roten Husaren des Klassenkampfes“ den Arbeiter-Radfahrer-Bund „Solidarität“ (ARB) ins Leben. Ein Jahr später entstanden der „Arbeiter-Schwimmerbund“ (ASB), die Wanderbewegung der Naturfreunde und weitere proletarische Sportorganisationen.
Nach der Novemberrevolution nahm der „Arbeiter-Turn- und Sportbund“ (ATSB) seine Tätigkeit auf. Viele Arbeitersportler gehörten den Gewerkschaften und der SPD, manche der KPD an. Sie nahmen an den revolutionären Klassenauseinandersetzungen der Weimarer Republik teil.
Bereits im Juli 1922 feierte der ATSB das 1. Deutsche Arbeiter-Turn- und Sportfest in Leipzig. Am Tag vor der Eröffnung trafen die Teilnehmer mit 100 Sonderzügen, per Fahrrad und zu Fuß ein. Nach kurzer Begrüßung in der Halle intonierten 200 Hamburger Trommler und Pfeifer die Internationale, bevor 50 000 Teilnehmer geschlossen in die Massenquartiere marschierten. 25 000 fanden bei Arbeiterfamilien kostenlose Unterkunft.
Am folgenden Tag eröffneten Teilnehmer in der Kongreßhalle mit dem gemeinsamen Gesang der Internationale das Fest. Oberbürgermeister Dr. Rothe kritisierte in seiner Ansprache die Turner und Sportler. Die schwere Zeit sei nicht geeignet, Feste zu feiern. Außerdem forderte er die proletarischen Sportler auf, sich mit der bürgerlichen „Deutschen Turnerschaft“ zu vereinigen, was auf energischen Protest stieß.
Den anschließenden Festumzug eröffneten 2000 Arbeiter-Radfahrer, denen die Turner und Sportler in 16er Reihen zum Festplatz auf dem Messegelände folgten, unter ihnen 15 000 ausländische Gäste.
Massenübungen sowie nationale und internationale Wettkämpfe in vielen Sportarten gestalteten das Fest zu einem großartigen Erlebnis proletarischer Solidarität.
Rechte SPD-Führer in der Arbeitersportbewegung fürchteten den zunehmenden kommunistischen Einfluß und begannen seit 1925, oppositionelle Sportfunktionäre und später ganze Vereine auszuschließen oder mit sozialdemokratischen und unpolitischen Sportlern neue Vereine zu gründen – also die Arbeitersportbewegung zu spalten. Die Ausgeschlossenen durften die vereinseigenen Sportstätten nicht mehr benutzen. Vom reaktionären Staat unterstützt, verwehrten die Städte und Gemeinden den Ausgeschlossenen Zugang auch zu kommunalen Sporteinrichtungen. Diese bildeten 1929 die „Interessengemeinschaft zur Wiederherstellung der Einheit im Arbeitersport“ (IG), die zahlreiche Protestaktionen durchführte.
Bis 1930 wurden 65 000 oppositionelle Arbeitersportler ausgeschlossen, darunter der größte Verein, „Fichte“ Berlin, sowie ganze Verbände, besonders in Mitteldeutschland und im Ruhrgebiet.
Seit Ernst Thälmann 1925 die KPD führte, gab es im ZK eine Abteilung Sport. Sie informierte in der „Roten Fahne“ und in 37 KPD-Tageszeitungen auch über die wichtigsten sportpolitischen Aufgaben. Pfingsten 1930 kamen Massen Ausgeschlossener zur 1. Reichskonferenz und dem damit verbundenen 1. Reichstreffen oppositioneller Sportler nach Erfurt.
Vor 40 000 Teilnehmern forderte Ernst Thälmann die revolutionäre Einheit des Arbeitersports. Er erinnerte an die damals noch bei Marx stehende SPD, die 1891 hier ihren Parteitag durchgeführt hatte.
„Die Sozialdemokratie von heute tritt die Klasseninteressen des Proletariats mit Füßen. Sie, die während des Weltkrieges das internationale Banner des Sozialismus fallen ließ, führt heute, zwölf Jahre nach dem Kriege, nach der Novemberrevolution, die größten Schandtaten gegen die werktätigen Massen durch. Auch in den Fragen des Arbeitersports erweist sich die SPD als treueste Helferin der Bourgeoisie.
Demgegenüber ist die heutige Demonstration der Arbeitersportler, der Turner, Fuß- und Handballer, Wanderer, Schwimmer, Athleten, Arbeitersamariter und aller anderen Sparten der Arbeitersportbewegung ein gewaltiges Bekenntnis zur Kampfgemeinschaft für die rote Sporteinheit …“
Im Gegensatz zum Arbeitersport verfolgt der deutsche bürgerliche Sport völlig konträre Ziele. Ernst Thälmann zitierte den Generalsekretär des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen, Dr. Diem: „Heute strebt das deutsche Volk wieder zur Weltgeltung zurück. Der deutsche Sport soll seiner Jugend in diesem Streben die Muskeln straffen, Eisen ins Blut gießen und jenen frischen, natürlichen opferfreudigen Sinn erzeugen, der Grundlage aller Größe und allen Glücks einer Nation ist.“
Darauf antwortete Thälmann: „Diese Leute haben kein Recht, von Weltgeltung, von der Grundlage aller Größe und allen Glücks einer Nation zu sprechen … Wir Kommunisten … kämpfen auch für eine Nation, aber nicht für eine Nation der Thyssen und Klöckner, Borsig und Siemens, Blohm & Voß und Cuno, in der die Reichsregierung mit den faschistischen … Führern die Industriellen und Großagrarier bereichert und die Massen ausplündert. Wir kämpfen statt dessen für eine Nation, in der die Werktätigen das Staatsruder selbst in die Hand nehmen, in der sie die Schlüsselindustrien, die Eisenbahn, die Schiffahrt, die Banken in die Hände der Allgemeinheit überführen und den Weg zum Sozialismus einschlagen.“
Die 1. Reichskonferenz beschloß, die IG zur „Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit“ zu entwickeln, die seit Dezember 1930 Ernst Grube, Mitglied des ZK der KPD und Reichstagsabgeordneter, leitete. Sie initiierte gemeinsam mit weiteren revolutionären Organisationen den Massenwiderstand gegen faschistische Drohung und Kriegsgefahr.
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