Auch nüchterner denkende Antikommunisten
distanzieren sich von Knabe
Bläst da wer zur „Hubertusjagd“?
Mit der ihm eigenen versteinerten Miene und unter Verzicht auf einen Abschlußkommentar registrierte Hubertus Knabe das für ihn niederschmetternde Ergebnis einer Umfrage der MDR-Sendung „Fakt ist …“, die unter dem Titel „Streit um DDR-Symbole“ ausgestrahlt wurde. Nur 13 % der Befragten befürworteten im März 2014 seine Forderung nach einer drastischen Beschneidung von Grundrechten, 87 % stimmten dagegen. Auch die am Gespräch beteiligten Vertreter von SPD und CDU und der Leiter eines DDR-Museums in Radebeul mochten seinem „Konzept“ so nicht folgen.
Knabe beklagte „zweierlei Maß“ gegenüber „rechtem und linkem Radikalismus“. Er forderte, sich am Beispiel Ungarns, Lettlands, Estlands und weiterer Staaten zu orientieren, wo sich sogar C & A für das Zeigen eines T-Shirts mit einem Che-Guevara-Porträt entschuldigen mußte. In diesen Ländern stehen Symbole aus sozialistischen Tagen unter Strafe. Extremer Nationalismus, Rassismus und aggressiv-imperialistisches Gebaren bestimmen den Kurs. Das inspiriert Knabe: Sogar der Pantomime, der in Volkspolizeiuniform am Brandenburger Tor seine Brötchen als Touristenattraktion verdient, ist für ihn „eine unzumutbare Verhöhnung der Opfer“.
Dieses Übermaß an Borniertheit veranlaßt selbst professionelle DDR-Hasser, Knabe die Gefolgschaft zu versagen und eine „Hubertusjagd“ in Erwägung zu ziehen.
Auch wenn sie der Auftrag, die Verunglimpfung der „stalinistischen Diktatur“ zu betreiben, verbindet, findet unter ihnen zu Konzepten und Taktiken ein heftiger Streit statt. Etlichen dieser DDR-Diffamierungs-experten ist nämlich nicht entgangen, daß allzu plumpe und einseitige Geschichtsverdrehung kontraproduktiv sein kann. Doch anderes ist mit dem Mann aus Unna nicht zu haben.
Beim Hobeln fallen dann bisweilen außergewöhnliche Späne. Prof. Dr. Richard Schröder – er war nach dem 18. März 1990 SPD-Fraktionsvorsitzender in der letzten Volkskammer und ist heute Vorsitzender des Beirats beim Bundesbeauftragten für die „Stasi“-Unterlagen – profilierte sich mit seinem der PDS geltenden Ausspruch: „Wir wollen Euch nicht verbieten, wir wollen nur Euer Geld!“
Etliche Jahre später – 2013 und 2014 – griff er Knabe in zwei langen „FAZ“-Artikeln scharf an. Er begründete darin, warum ein Verbot von DDR-Symbolen juristisch nicht zu rechtfertigen wäre. Durch den Einigungsvertrag und den „Zwei-plus-vier-Vertrag“ sei die DDR der BRD als deren Partner beigetreten und mit ihren Institutionen, Bezirken oder anderen Organen in sie übernommen worden. Man müßte also zunächst diesen Vertragspartner und dessen Körperschaften verbieten, was für zahlreiche Rechtsnachfolgeeinrichtungen ernste Konsequenzen hätte.
Wie Frau Merkel in Griechenland entgegengehaltene Plakate zeigten, gibt es in Westeuropa durchaus kein angstbeladenes Negativimage der DDR, wie deren bundesdeutsche Schmäher behaupten. Im Gegensatz zu Nazi-Deutschland, als dessen Nachfolgestaat sich die BRD betrachtet, hat sie niemals Kriege und Leid über die Völker gebracht. Ihre Gleichsetzung mit Hitlers 3. Reich werde anderswo als Verharmlosung der Geschichte des deutschen Faschismus betrachtet, konstatierte Schröder.
Die Gleichsetzung von DDR und Nazistaat sei ein ernster Denkfehler: „Sie waren in entscheidenden Punkten doch nicht gleich‘‘, bemerkte er und warf Knabe vor, daß er de facto dem Grundsatz folge: „Bei der Einschränkung der Grundrechte dürfen wir Deutschen uns von keinem anderen Land überbieten lassen.“
Illiberal und fanatisch sei Deutschland oft genug gewesen. Das, was anderswo geschehe, tauge „für uns nicht zur Nachahmung. Die Präsenz russischer Truppen in der DDR wurde nicht als empörende Fremdbestimmung erlebt, sondern als Folge des verlorenen Krieges und Tatsache des Kalten Krieges.“
Aus seiner Sicht gebe es zwei Arten von Opfern, im Englischen durch die Worte Victims und Sacrifices gekennzeichnet. Die einen seien Geschädigte, wie bei einem Verkehrsunfall, stellte Schröder fest. „Das ist kein Verdienst, adelt nicht und macht nicht kompetent.“ Es begründe unter bestimmten Voraussetzungen „Anteilnahme und gegebenenfalls Entschädigungsansprüche“, was den Opferstatus für manche nachträglich begehrenswert erscheinen lasse. Peter Fechter und andere Republikflüchtige seien solche „Victims“, aber keine „Sacrifices“, welche aus politischer Überzeugung und Opposition gehandelt und Risiken auf sich genommen hätten. Nur sie verdienten aus seiner Sicht „Anerkennung und öffentliche Ehrung“. So weit Prof. Schröder.
Die Heroisierung und ständige Präsentation von „Opfern“ in Schulen und anderswo bedürfe der Freiheit gegenteiliger Äußerungen, damit eine wirkliche Meinungsbildung erfolgen könne, verlangte auch ein Teilnehmer an der Sendung „Fakt ist“.
Die Realität sieht indes anders aus. So wurde eine ostdeutsche Lehrerin, die gesagt hatte, wer in der DDR nicht den Konflikt mit der Gesellschaft gesucht habe, sei bei der Gestaltung seines Lebens in der Regel unbehelligt geblieben, mit Hilfe von Personalrechtsmitteln diszipliniert. Ähnliches empfehlen Knabe-Konkurrenten jetzt zur Verhinderung von „Vorfällen“, wie sie sich am 8. Mai in Treptow ereignet hatten. Das Auftreten in NVA-Uniformen gekleideter Teilnehmer einer Veranstaltung am Treptower sowjetischen Ehrenmal veranlaßte Hardliner dazu, sofort nach Verboten zu schreien. Ein Schüler aus den Niederlanden, der ein T-Shirt mit rotem Stern trug, mußte das Bekleidungsstück am Flughafen abgeben und wurde anschließend bestraft.
Es liegt an der PDL als einziger Linkspartei im Deutschen Bundestag sowie allen außerparlamentarischen demokratischen Kräften, daß derartige Ungesetzlichkeiten nicht auch in der BRD zur Norm werden. Zur Zeit besitzt das Konzept der „Gruselkabinette“ und sonstigen Dämonisierungsveranstaltungen à la Knabe allerdings noch ein massive Unterstützung durch all jene, die so oder so von DDR-Diffamierung leben. Dagegen hilft nur entschlossener Widerstand.
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