RotFuchs 224 – September 2016

Über die Remilitarisierung Westdeutschlands und
einige „Väter“ von Bundeswehr, BND und Grenzschutz

Braune Wurzeln …

Wilfried Steinfath

Der von den deutschen Faschisten angezettelte II. Weltkrieg war kaum beendet, da verlangte der spätere westdeutsche Bundeskanzler, Konrad Adenauer, im Jahre 1946 eine „europäische Armee“ mit deutscher Beteiligung. General Hans Speidel, dessen militärische Karriere bereits im I. Weltkrieg begann, forderte im Juni 1948 in einer Denkschrift die „Gleichbehandlung“ einer künftigen deutschen Armee. Speidel brachte es in seiner militärischen Laufbahn – I. Weltkrieg, II. Weltkrieg und Bundeswehr – bis zum Oberbefehlshaber der NATO-Landstreitkräfte Mitteleuropa. Speidel war seit 1948 „Berater“ von Konrad Adenauer. Ein weiterer Berater war Adolf Heusinger, Berufssoldat seit 1915, ab 1937 im Generalstab der faschistischen deutschen Wehrmacht. Er hatte sich „Verdienste“ erworben als Ostfeldzugplaner, Partisanenbekämpfer und Erfinder des Volkssturms. Seine militärische Karriere gipfelte am 1. März 1957 in der Ernennung zum ersten Generalinspekteur der Bundeswehr.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ein weiteres Beispiel: Friedrich Foertsch, seit 1918 Reichswehr, ab 1943 Generalstabschef Ostfront, beteiligt an der 900 Tage dauernden Belagerung Leningrads. In der Sowjetunion wurde Foertsch wegen Kriegsverbrechen zu 25 Jahren verurteilt. In Westdeutschland geht die militärische Karriere weiter: 1956 Generalmajor der Bundeswehr, ab 1961 zweiter Generalinspekteur der Bundeswehr.

Seit 1950 existierte das „Amt Blank“. Dieses Amt diente der Vorbereitung der Wiederbewaffnung Westdeutschlands. Wichtige Mitarbeiter waren schon hier Hans Speidel und Adolf Heusinger. Voran gingen sogenannte informelle Zirkel von ehemaligen Wehrmachtsoffizieren, die sich als Lobbyisten für die Wiederbewaffnung betätigten. Vom damaligen Leiter des Amtes Blank und späteren Minister, Theodor Blank, wurde immer gern suggeriert, daß die Bundeswehr quasi aus dem Nichts entstanden sei. Dem ist aber nicht so, sie war das Kind bereits bestehender Strukturen und Organisationen.

Seit dem 16. 3. 1951 gab es den Bundesgrenzschutz. Diese „paramilitärische“ Polizeieinheit verfügte bis in die 80er Jahre über mittelschwere Infanteriewaffen. Bezeichnend ist, daß auch hier der erste Kommandeur, Anton Grasser, eine braune Vergangenheit hatte: bis 1936 Major der Polizei, dann Wechsel zur Wehrmacht. Im II. Weltkrieg agierte er als General der Infanterie, war kommandierender General und Oberbefehlshaber der Armeeabteilung Narva. In der westdeutschen Hierarchie brachte er es zum Inspekteur des BGS und Kommandeur des BGS-Kommandos Süd.

Eine weitere wichtige Figur: Reinhard Gehlen, Generalmajor der deutschen Wehrmacht, Leiter der Abteilung „Fremde Heere Ost“, ab Juni 1946 Leiter des von den USA gebildeten Nachrichtendienstes mit deutschem Personal. Die damaligen Mitarbeiter rekrutierten sich überwiegend aus Angehörigen der faschistischen Organisationen SS, SD, Gestapo und Abwehr. Das war der Grundstein des heutigen BND. Gehlen brachte es in der BRD zum Dienstgrad Generalleutnant.

Am 12. 11. 1955, dem 200. Geburtstag des preußischen Generals Gerhard von Scharnhorst, wurde die Bundeswehr offiziell gegründet. Diesem Ereignis ging eine Bundestagsdebatte vom 16./17. 7. 1955 voraus. Hier verabschiedete man ein sogenanntes Freiwilligengesetz, das die Einstellung von 6000 freiwilligen Soldaten vorsah. Bereits am 1. 7. 1956 wurde in Westdeutschland die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.

(Zur Erinnerung: Die Nationale Volksarmee der DDR wurde am 1. 3. 1956 gegründet. Eine Wehrpflicht gab es dort erst ab dem 24. 1. 1962.)

Die Hauptstoßrichtung der neu zu gründenden Armee gab der 1. Generalstabsoffizier, Johann Adolf Graf von Kielmansegg, vor, ebenfalls durch die Schule des faschistischen Generalstabs gegangen und Berater von Adenauer. In der „Welt“ schrieb er am 6. 1. 1955: „Wer die Verteidigung der Bundesrepublik bejaht, muß fordern, daß diese an der Zonengrenze, und zwar wirksam, beginnt.“ Das war eine inoffizielle Kriegserklärung an die DDR.

In diesem Geist wurde die Armee der sogenannten Bürger in Uniform aufgebaut. Was über die Jahre daraus gemacht wurde, erleben wir heute. Die „Bürger in Uniform“ lassen im Namen des deutschen Monopolkapitals, aber auch des selbsternannten Weltpolizisten USA, ihre Masken fallen.

Übrigens war die BRD in den Nachkriegsjahren als Waffenexporteur an achter Stelle, überwiegend mit Exporten ins faschistische Franco-Spanien. 2015 ist die BRD auf der Welt-Rangliste der Waffenexporteure an die dritte Stelle vorgerückt. Welch eine Entwicklung! Der Profit der Rüstungsindustrie ist immerhin gesichert – der Frieden auf der Welt leider nicht.

Wir empfehlen zur Ergänzung:

„Braunbuch“ über Kriegs- und Naziverbrecher in der BRD und in Westberlin
(verschiedene Ausgaben)

Deutsche Kriegsbrandstifter wieder am Werk
(Eine Dokumentation über die Militarisierung Westdeutschlands)
3 Bände, Verlag des Ministeriums für nationale Verteidigung
/ Deutscher Militärverlag
Berlin 1959 bis 1961, zahlreiche Abbildungen, insgesamt 1012 Seiten
(siehe Cover-Abbildungen)

Joachim Krüger / Joachim Schulz:
Kriegsverbrecher Heusinger
45 Jahre im Solde des deutschen Imperialismus
Verlag des Ministeriums für nationale Verteidigung
Berlin 1960, 248 Seiten