Bushs Guantánamo –
eine Hypothek für Obama
Guantánamo raubt Obama den Schlaf“, schrieb das in Havanna erscheinende KP-Organ „Granma“, als die verbliebenen 166 Häftlinge des vor 10 Jahren auf illegal besetztem kubanischem Territorium errichteten Folterlagers Ende Mai überraschend in den Hungerstreik traten. Vergeblich hatte Washington darauf gebaut, daß die Erinnerung der Weltöffentlichkeit an jene furchtbaren Zeiten inzwischen verblaßt sei, als dort 700 als vermeintliche Terroristen nach dem 11. September 2001 Festgenommene zusammengepfercht worden waren.
Die großbürgerliche „New York Times“ erinnerte in einem Kommentar daran, daß Guantánamo „die Verkörperung der gefährlichen Ausweitung exekutiver Gewalt“ unter dem seinerzeitigen US-Präsidenten George W. Bush gewesen sei. In den Jahren seines Regiments habe es zum Ritual gehört, Personen ohne jede gesetzliche Grundlage zu inhaftieren, geheime Gefängnisse zu unterhalten und Foltermethoden zu legalisieren.
Barack Obama, der schon zu Beginn seiner ersten Amtszeit die Schließung des Konzentrationslagers angekündigt, sein Versprechen dann aber wie viele andere gebrochen hatte, suchte jetzt verbal den Eindruck zu erwecken, daß er seine einstige Zusage noch nicht vergessen habe. „Ich glaube auch weiterhin daran, daß wir Guantánamo dichtmachen sollten“, ließ er verlauten. „Wir müssen begreifen, daß es seiner nicht bedarf, um Amerikas Sicherheit zu bewahren. Das Gefängnis ist teuer und schädigt unser internationales Ansehen.“
Nicht jeder Einflußreiche in den USA stimmt diesem Lippenbekenntnis des Präsidenten zu. „Washington Post“-Skribent Benjamin verzichtete auf jegliches Hakenschlagen: „Selbst wenn Guantánamo wie durch ein Wunder dichtmachte, müßten wir es anderen Ortes wieder einrichten.“ Demgegenüber vertrat Ken Gude vom Brain Trust CAP – einem in Washington angesiedelten „Denktank“ – die pragmatische Auffassung, das Gefängnis in der Bucht von Guantánamo diene „Amerikas Sicherheitsinteressen“ nicht.
Tatsächlich werden keinerlei Schritte in Richtung der von Obama erneut angekündigten Schließung der langjährigen Folterhölle unternommen. Zu deren „Standardprogramm“ gehörte zu Bushs Zeiten außer zermürbender Isolierhaft in extrem heißen oder auch stark unterkühlten Zellen das berüchtigte Waterboarding, bei dem der Kopf eines Delinquenten bis an die Schwelle des Ertrinkens unter Wasser gedrückt wird. Damals äußerte Obamas Vorgänger im Weißen Haus seine Genugtuung über die von ihm „zum Schutz Amerikas gefaßten harten Entschlüsse“.
Prof. Raul Hinojosa von der University of California vertrat den Standpunkt, der jüngste Hungerstreik in Guantánamo beweise, daß die Lage angesichts von Obamas Tatenlosigkeit faktisch außer Kontrolle geraten sei. General John Kelly vom Südkommando der U. S. Army, dem das Lager direkt untersteht, stimmte dem zu, indem er ebenfalls erklärte, die Nahrungsverweigerung der Häftlinge resultiere daraus, daß sich die von ihnen erhoffte Entlassungsorder des Präsidenten einmal mehr als leeres Gerede erwiesen habe.
Zweifellos verbirgt sich hinter solcher Schuldzuweisung auch die Absicht des Pentagons, dem ungeliebten Afroamerikaner an der Spitze der Vereinigten Staaten den Schwarzen Peter zu überlassen.
RF, gestützt auf „Granma“, Havanna
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