Der DDR wurden Milliardensummen geraubt
Am 21. November 1949 mußte von der Regierung der noch jungen DDR ein Protokoll unterschrieben werden. Ihm entnehmen wir: „Der Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik hat dem Amt für Information den folgenden amtlichen Bericht der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle zur Veröffentlichung übergeben:
Infolge ungenügender demokratischer Wachsamkeit ist es einer Anzahl monopolkapitalistischer Agenten im Lande Sachsen-Anhalt gelungen, in den Regierungsapparat und in etliche wirtschaftliche Institutionen einzudringen und mangelndes demokratisches Bewußtsein bei einigen verantwortlichen leitenden Personen des öffentlichen Lebens für verbrecherische Manipulationen zum Schaden des Volkseigentums auszunutzen.“
Was war passiert?
Gegenstand des Berichts waren die Vorgänge um die Deutsche Continentale Gas-Gesellschaft (DCGG) mit Sitz Dessau. Sie wurde 1855 dort gegründet.
Während des II. Weltkrieges waren etwa 60 000 Mitarbeiter bei der DCGG beschäftigt, darunter unzählige Zwangsarbeiter. Nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus wurde sie per Befehl Nr. 124 der SMAD mit Wirkung vom 30. Oktober 1945 enteignet. In der Folge hatte die Landesregierung von Sachsen-Anhalt per Befehl die Verfügungsgewalt auszuüben.
Dem Konzern mit Betriebsteilen in den Westzonen gelang es, Mitarbeiter der Landesregierung zu korrumpieren und zum Verrat zu bewegen. Die Aufsichtsratsmitglieder Kaatz, Herwegen und Scharf hintertrieben die Enteignung. Der damalige Landgerichtsdirektor Simon unterstützte sie mit juristischer Beratung, der seinerzeitige Wirtschaftsbeauftragte beim Dessauer Oberbürgermeister – ein Mann namens Pauli – bestätigte, daß die DCGG nicht enteignet worden sei.
Diese DDR-feindlichen Machenschaften ermöglichten es, daß im westfälischen Hagen eine Parallelfirma, die Deutsche Continentale Gas-Gesellschaft Hagen (Westfalen) gegründet werden konnte. Diese besaß auf einen Schlag große Teile des Dessauer Monopolunternehmens. Aus dessen Tresoren wurden zunächst Aktien im Nominalwert von 12 926 300 Reichsmark entwendet. Es folgten weitere Anteile mit einem Bilanzwert von 13 132 000 RM. Das setzte sich fort. Im Frühjahr 1948 wurden von Konten der Dessauer Gesellschaft 230 456,51 RM an ein dubioses Sonderkonto in Berlin-Nikolassee (US-Sektor) überwiesen. Im Sommer 1948 wurde ein weiteres Aktienpaket der Dessauer DCGG gestohlen, Nominalwert 1 Million RM. Unter Mitwirkung des damaligen Westberliner Bürgermeisters, vermutlich schon Ernst Reuter (SPD), wurde in Westberlin ein Erlös von 1 040 000 Westmark erzielt. Im Vorfeld hatte in den drei westlichen Besatzungszonen eine „Währungsunion“ stattgefunden, bei der es sich de facto um eine Währungsspaltung handelte.
Zeitgleich wurden Patente und Produktionsunterlagen an die Schweizer Firma Escher verkauft. Die Gegenleistung bestand aus hochwertigen Nahrungs- und Genußmitteln für die westlichen Besatzungszonen.
Als eine weitere von der BRD initiierte Transaktion bevorstand, gelang es den Kontrollorganen der DDR, dieser Plünderung aus dem Westen vorzubeugen. Unter Beteiligung eines Ministers und eines stellvertretenden Ministers der Landesregierung von Sachsen-Anhalt sollten diesmal Aktien im Wert von 44 000 000 RM in den Westen verschoben werden. Die von dort gesteuerten Akteure wurden, soweit nicht geflohen, verhaftet und abgeurteilt.
Dieser Raubzug war nicht der einzige seiner Art. Etwa ein Jahr nach dem Geschehen bei der DCGG berichtete die Kontrollkommission über einen ähnlichen Fall. Diesmal sollten die Bernburger Sodawerke ausgeraubt werden.
Die Absichten – Plünderung der DDR – waren immer gleich in dem Ziel, ihre wirtschaftliche Konsolidierung zu verhindern.
Die Liste dieser vom westdeutschen Monopolkapital gelenkten Sabotageakte ließe sich beliebig verlängern. Von solchem Banditentum waren sämtliche Wirtschaftsbereiche der DDR betroffen.
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