RotFuchs 232 – Mai 2017

Erklärung des Ältestenrats der Partei Die Linke

Der Wahlkampf hat begonnen

RotFuchs-Redaktion

Am 9. März tagte der Ältestenrat der Partei Die Linke unter Leitung seines Vorsitzenden Hans Modrow. Das Gremium verabschiedete unter dem Titel
„Der Wahlkampf hat begonnen“ eine Erklärung, die wir hier auszugsweise dokumentieren:

Der Wahlkampf zum Bundestag wird mit einer Schärfe geführt werden, wie es sie noch nicht gegeben hat. Die Funktionseliten sehen sich mit vielfältigen, tiefen Krisen und ungewohnten Herausforderungen konfrontiert, die mit Aussitzen, Lavieren oder Vertuschen, wie so oft praktiziert, kaum noch zu „händeln“ sind. Ein „Weiter so“ scheint nicht mehr möglich.

Die Enttäuschung vieler mit der sogenannten repräsentativen Demokratie hat Zulauf, weil die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet wird. Zukunftsängste aus realem Erleben greifen um sich trotz Wirtschaftswachstums. Weder Politiker noch Mainstream-Medien können diese noch wegschwatzen. Der Wahlsieg von Trump und seine rabiaten Attacken auf das gewohnte Establishment haben den Schleier der vielen Scheinheiligkeiten auch in der EU zerrissen. Ratlosigkeit und Verwirrung haben um sich gegriffen. Die Friedensfrage ist und sollte für Die Linke im Wahlkampf an erster Stelle stehen. Wo Vertrauensbildung fehlt, wird Mißtrauen verbreitet, und die Gefahren einer militärischen Eskalation bestimmen das Klima. Die Bestrebungen der Bundesregierung, die EU zu militarisieren, erfahren seit dem „Brexit“ und der Inauguration des Präsidenten Trump einen neuen Schub.

Hinzu kommt, daß man sich in Deutschland in Gestalt der AfD mit einer Rechtsaußen­opposition konfrontiert sieht, die dem neoliberalen Lager entsprungen ist, extrem rechtsradikale Kräfte aufsaugt und nun eigenständige, ambitionierte Machtan­sprüche stellt.

Leider hat es die Linkspartei nicht verstanden, rechtzeitig und wirkungsvoll dagegen­zuhalten. Viele ehemalige Wähler haben nicht mehr erkennen können, daß Die Linke weiter Vertreterin ihrer Interessen für Frieden und soziale Gerechtigkeit sein will, und fühlten sich nicht mehr durch sie vertreten. Die Positionierung einiger leitender Funktionäre auch noch vor dem Magdeburger Parteitag, daß Die Linke nun vor allem gestalterische Aufgaben zu lösen habe, führte zu Unverständnis und Verunsicherung.

Der Parteivorstand ist gut beraten, wenn er im Wahlkampf die Frage einer Regie­rungs­beteiligung sehr bedacht unter Einbeziehung der Basis berät und entscheidet.

Die SPD mit Martin Schulz rückt mit einer Kritik der „Agenda 2010“ die Frage nach sozialer Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes und versucht, das Thema Armut und Reichtum zu besetzen. Für die Ursachen der wachsenden Spaltung in Arm und Reich ist jedoch die herrschende Politik verantwortlich.

Wähler und Nichtwähler, die sich in der DDR für ein antifaschistisches, nicht von Profitgier und Kriegstreiberei dominiertes Deutschland eingesetzt haben, wünschen sich eine differenziertere Debatte zur Geschichte der DDR, ihren Ergebnissen, Problemen, Widersprüchen. Es ist an der Zeit, gegen Klischees des kalten Krieges, wie die Reduzierung auf das Wirken des MfS, offensiv aufzutreten. Die Diskussion um Andrej Holm zeigt, daß die Auseinandersetzung um die DDR durchaus ein großes Thema bleibt.