RotFuchs 196 – Mai 2014

Zu den Gewaltorgien gegen das bolivarische Venezuela

Die Revolution ist in Gefahr

RotFuchs-Redaktion

Der am 14. April 2013 als Nachfolger des kurz zuvor verstorbenen Revolutionsführers Hugo Chávez zum Präsidenten der Bolivarianischen Republik Venezuela gewählte einstige Busfahrer Nicolas Maduro ist ein bewußter Sohn seiner Klasse. Er betrachtet die von den Chavistas angestrebte Überwindung der Vorherrschaft einer mit dem Auslandskapital verfilzten parasitären Oberschicht der venezolanischen Gesellschaft als ein Kapitel Klassenkampf. Und er sucht als Spitzenpolitiker der einflußreichen Vereinigten Sozialistischen Partei (PSUV) die inhaltliche Kooperation auch mit den traditionsreichen Kommunisten Venezuelas.

Erste Unruhen wurden bereits kurz nach Maduros Wahlsieg angezettelt. Seit dem 10. Februar versuchen teils maskierte und bewaffnete Gegner des revolutionären Weges – von den westlichen Medien einmal mehr als „demokratische Volksbewegung“ apostrophiert – das zu erreichen, was ihnen an den Wahlurnen viermal hintereinander verwehrt blieb und auch in diesem Nicht-Wahljahr auf demokratischem Wege unmöglich sein wird: den Sturz Präsident Maduros.

Erstens wollen sie nicht bis zum neuerlichen Parlamentsvotum Ende 2015 warten, und zweitens haben sie von diesem auch nichts zu erhoffen. So flüchten sie sich in Straßenterror und bewaffnete Zusammenstöße mit der Staatsmacht.

Während sich der eigentliche Oppositionsführer – der frühere Mitarbeiter der USA-Botschaft in Caracas Henrique Capriles – derzeit eher im Hintergrund hält, gibt eine andere Formation der Ultrarechten, auf die bei den letzten Wahlen nur zwischen drei und fünf Prozent der Stimmen entfielen, den Ton an: Der „Volkswille“ (Voluntad Popular) eines gewissen Leopoldo Lopez fordert ungeachtet der Tatsache, daß Venezuelas Verfassung erst nach dreijähriger Amtszeit des Staatschefs ein Referendum über dessen Abberufung vorsieht, Maduros sofortigen Rücktritt. Eine Ende Februar erfolgte Meinungsumfrage erbrachte indes, daß 81,6 % der Bürger des lateinamerikanischen Staates die derzeitigen Proteste als „gewalttätig“ betrachten und 85 % die von den rechten Provokateuren errichteten Straßensperren für illegitim halten.

Da es in Venezuela – vor allem auf Grund des Boykotts und der Sabotage der Bourgeoisie – derzeit erhebliche Versorgungsengpässe, Produktionsausfälle und eine sich weiter beschleunigende Inflation gibt, verschafft diese Tatsache der zahlenmäßig weitaus kleineren Opposition eine gewisse Massenbasis. Nach einer Reihe von Tötungsverbrechen ordnete das Gericht die Inhaftierung des selbsternannten Oppositionsführers Lopez an, der daraufhin das Land zu verlassen suchte. Die politische Rechte rief sofort zu einer „Verteidigungskampagne auf, während US-Außenminister Kerry mit „ernsten negativen Konsequenzen“ drohte, falls Venezuela Lopez arretieren sollte, was inzwischen geschehen ist.

Die Gegner der Chavistas, die mehr als 90 % der Medien kontrollieren und unzensiert zur „freien Meinungsbildung“ beitragen können, verbreiten unablässig die Mär, Venezuela sei ein Maulkorbstaat. Die großen Blätter und Sender attackieren zugleich den Präsidenten und dessen Anhänger mit haßerfüllten Schlagzeilen, Spots und Karikaturen.

Einige der bei den Unruhen ums Leben Gekommenen wurden – wie der Chavista-Aktivist Juan Montoya – eindeutig von der Rechten umgebracht. Erwiesen ist ebenfalls, daß mehrere Regierungsgegner nach der auch in Kiew praktizierten Methode von den eigenen Leuten getötet worden sind, um die Haßatmosphäre auf den Siedepunkt zu bringen. Anfang März waren 18 durchweg von Bürgermeistern aus den Rechtsparteien verwaltete Munizipien Schauplatz von Gewaltorgien, während in den 300 übrigen zu diesem Zeitpunkt Ruhe herrschte.

Bei den fast täglich stattfindenden Demonstrationen beider Seiten wurde die Trennlinie zwischen den Gesellschaftsklassen offenkundig. Gegen Maduro agieren Angehörige der wohlhabenden Bevölkerungsschichten, Geschäftsleute, höhere Angestellte und Studenten privater Universitäten, für ihn mehrheitlich Arbeiter und einfache Leute.

In Venezuela handelt es sich nicht, wie aus den USA verlautet, um einen Volksaufstand, sondern um konterrevolutionäre Subversion und Agitation mit mächtigen Verbündeten im Hintergrund. Die Tatsache, daß in den rechten Hochburgen Merida und San Cristobal die Jagd auf Rotgekleidete – die Farbe der Chavistas wie der Kommunisten – entfesselt wurde, zeigt das ideologische Profil der Akteure.

In den an Kolumbien grenzenden Bundesstaaten Tachira und Merida wurden mit israelischen Waffen ausgerüstete Angehörige paramilitärischer Banden dingfest gemacht. Unter ihnen befanden sich Experten für Straßen- und Häuserkampf. Bewaffnete Gegner der venezolanischen Revolution haben in den letzten Monaten Krankenhäuser, Schulen, Kraftwerke, Ministerien, Polizeireviere, Transport- und Telekommunikationseinrichtungen, Universitäten, Hotels und Supermärkte angegriffen.

Da sie davon ausgeht, auch in absehbarer Zukunft an den Wahlurnen nicht siegen zu können, strebt die venezolanische Reaktion einen Machtwechsel auf anderem Wege an. Ermuntert wird sie durch Obamas Ruf nach einer ausländischen Intervention, der wiederum ein Indiz dafür ist, daß man einheimischen Kräften einen Erfolg im Alleingang derzeit nicht zutraut.

Übrigens charakterisierte Außenminister Elías Jaua das Geschehen in einem der ölreichsten Staaten der Welt mit den Worten, Venezuela sehe sich „einer faschistischen Attacke“ gegenüber, die „durch Gruppen von Leuten erfolgt, welche in der Begehung von Gewalttaten eigens trainiert worden sind“.

Da man eine solche Entwicklung lang- und mittelfristig anstrebte, wurden „bewährte Hilfsorganisationen“ auf das Land der Chavistas angesetzt: die National Education for Democracy und die U.S. Agency for International Development.

RF, gestützt auf „People’s World“, New York, und „Morning Star“, London