Papst Franziskus:
„Diese Wirtschaft tötet“
Die drei Worte der Überschrift sind eine der Kernaussagen der ersten apostolischen Lehrschrift „Evangelii gaudium“ von Papst Franziskus. Zu dem herrschenden ökonomischen System stellt er fest, daß es „in der Wurzel ungerecht“ ist. Er führt aus, es sei „unglaublich, daß es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während eine Baisse (ein Kurseinbruch, die Red.) an der Börse Schlagzeilen macht“. Genauso sorgt es nicht für einen Aufschrei des Entsetzens, wenn alle fünf Sekunden irgendwo in der Welt ein Kind an Hunger stirbt, während die USA im Jahr 2011 138 Millionen Tonnen Mais verbrannt haben. Auf dem Erdball hungert circa eine Milliarde Menschen, 180 Millionen Kindern im Vorschulalter bleiben wichtige und lebensnotwendige Nährstoffe vorenthalten. Schlimmer noch: Für lächerliche zwei Milliarden Euro könnte der Hunger von 100 Millionen Kindern wirksam bekämpft werden. Aber statt dessen werden z.B. in den USA knapp 40 Prozent der Maisernte zu Bioethanol gemacht. Das Essen verschwindet im Tank und landet nicht auf dem Teller des hungernden Teiles der Menschheit.
Daß die Gegensätze zwischen reichen und armen Staaten immer größer werden, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Daß auch in unserem Land die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderklafft, ist inzwischen unumstritten. Neu ist, daß ein Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche bereit ist, sich mit dieser brutalen ökonomischen und politischen Realität zu beschäftigen! Und er formuliert auch konkrete Forderungen: „Die Notwendigkeit, die strukturellen Ursachen der Armut zu beheben, kann nicht warten … Solange die Probleme der Armen nicht von der Wurzel her gelöst werden, indem man auf die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation verzichtet und die strukturellen Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte in Angriff nimmt, werden sich die Probleme der Welt nicht lösen und kann letztlich überhaupt kein Problem gelöst werden.“ Jetzt müssen überall mutige Taten folgen!
„Die Rote Spindel“, Nordhorn
Lohnschreiber des Kapitals reagieren empört: „Man stelle sich vor, dieser Papst hätte einmal die Antriebskraft des Kapitalismus gelobt, der eben doch die Menschen aus der Armut katapultiert, was die globale Entwicklung der letzten Jahre eindeutig beweist. Ein Lob der Marktwirtschaft aus seinem Munde, das hätte der Welt gutgetan!“ („Die Welt“ vom 6. 12. 2013)
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