Neue Weissagungen einer elitären bürgerlichen „Denkfabrik“
Düstere Prognosen des „Club of Rome“
Seit 2012 macht „Der neue Bericht an den Club of Rome“ die Runde. Herausgeber ist Jorgen Randers – einer der wenigen noch lebenden Wissenschaftler, die schon 40 Jahre zuvor am ersten Bericht dieses elitären Gremiums mitgearbeitet haben. Der Report trug den Titel „Grenzen des Wachstums“. Randers will einerseits die Bilanz der gesellschaftlichen Entwicklung seit 1972 ziehen, die für ihn enttäuschend ist, andererseits stellt er seine „globale Prognose für die nächsten 40 Jahre“ vor. Er sieht (immer noch) Chancen, daß die Menschheit ihre weltweiten Probleme lösen könnte, wenn die seit dem ersten Bericht gesammelten Erfahrungen des verflossenen Zeitraumes genutzt würden.
Machen wir uns zunächst einmal mit Entstehung und Entwicklung des „Club of Rome“ vertraut. Die Gründung erfolgte 1968. Der erste Paukenschlag war Denis und Donella Meadows schon erwähnter Bericht von 1972. Er wurde in 25 Sprachen übersetzt und in 12 Millionen Exemplaren verbreitet. Die Autoren fragten nach den Ressourcen, die das Überleben der Menschheit ermöglichen, und gingen davon aus, daß es dafür hinreichender Reserven zur Versorgung der rapide anwachsenden Erdbevölkerung bedürfe. Die damals von ihnen aufgeworfenen Fragen lassen sich verdichten: Wie lange werden die entdeckten Rohstoffe und Energien reichen? Wie belastbar sind die lebensnotwendigen Umweltbedingungen wie Wasser, Luft, Boden und Artenvielfalt?
Es war unübersehbar geworden, daß ein bloßes „Weiter so!“ in die Katastrophe führen würde. Überdies begann damals das „Computer-Zeitalter“. Es wurde möglich, mathematische Modelle für die Zukunfts-entwicklung zu erarbeiten. Indem der Bericht die „Grenzen des Wachstums“ nachwies, löste er eine bis heute anhaltende Debatte über den Zusammenhang von Ökologie, Ökonomie und Politik aus.
20 Jahre nach ihrem ersten Dokument brachten die Meadows 1992 mit dem Report „Die neuen Grenzen des Wachstums“ ihre Daten auf den letzten Stand. Dabei stellte sich heraus, daß die Reserven bei einigen Rohstoffen offensichtlich größer waren, als man angenommen hatte. Bei der Bilanz für die Dritte Welt ergab sich indes eine Verschlechterung der Lage auf der südlichen Halbkugel: Die Zerstörung fruchtbaren Bodens ging weiter; die Trinkwasserreserven waren einmal mehr geschrumpft, wobei die zunehmende Verknappung zu einer Reihe militärischer Konflikte geführt hatte; die Vernichtung tropischer Wälder beschleunigte die Klimaverschlechterung auf dramatische Weise.
Gerade in der Dritten Welt war zu sehen, wie schnell die profitorientierte Ausplünderung der Naturreichtümer sich als Katastrophe für die ganze Menschheit erweist. Eine der Erfahrungen der Meadows lautet: Politiker dürfen nicht davon ausgehen, daß es „der Markt“ schon richten werde. Der folgt nämlich nicht den Gesetzen der Vernunft. Ein Blick auf die Entwicklung in Afrika und im Mittleren Osten zeigt zudem: Konflikte und von außen angeheizte Bürgerkriege haben in erschreckendem Ausmaß zugenommen, nicht zuletzt deshalb, weil die Habenichtse ihren Anteil am Wohlstand einfordern. Die Imperialisten aber entfesseln geradezu klassische Kolonialkriege wie in Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien und anderswo.
Wie reagierte die BRD auf die Aktivitäten des „Club of Rome“, der vor allem durch Bücher von Ernst Ullrich von Weizsäcker und Klaus Töpfer unterstützt wurde?
Bei den meisten bundesdeutschen Politikern schrillten in den 70er Jahren keineswegs die Alarmglocken. Allein Willy Brandt übergab als Vorsitzender der Nord-Süd-Kommission der UNO am 12. Februar 1980 deren damaligem Generalsekretär Kurt Waldheim einen als „Brandt-Report“ in die Geschichte der UNO eingegangenen Bericht. Waldheim übersandte ihn allen 153 seinerzeitigen Mitgliedstaaten. Die Weltbank mit dem früheren US-Kriegsminister Robert McNamara an der Spitze leitete „Hilfsmaßnahmen“ ein, auch die Kirchen sicherten „Unterstützung“ zu.
Obwohl der „Brandt-Report“ in den 70er und 80er Jahren die Diskussion um Fragen der Entwicklungshilfe stark beeinflußte, was ich damals in Afrika und Großbritannien selbst wahrnehmen konnte, kam es nur zu mageren Resultaten, sieht man vom Handeln sozialistischer Staaten ab. Der Zusammenbruch der UdSSR und der mit ihr verbundenen europäischen RGW-Länder wirkte sich auf die Dritte Welt dramatisch aus.
Die Arbeit des „Club of Rome“ ist historisch nicht überholt. Glücklicherweise gibt es auch heute bürgerliche Wissenschaftler, die vor Schwierigkeiten nicht sofort kapitulieren. Ernst-Ullrich von Weizsäcker gab 2006 unter Mitarbeit anderer das Buch „Grenzen der Privatisierung“ heraus. 53 Autoren führen in ihren den ganzen Erdball betreffenden Fallstudien den Beweis, daß die ungezügelte Privatisierung folgenschwere Negativwirkungen auslöst.
Weizsäcker hat 2013 auch das Vorwort zu Ugo Berdis „Der geplünderte Planet“ geschrieben, das die Situation und die Zukunft auf dem Gebiet der Rohstoffversorgung analysiert. Das Buch ist der 33. Bericht des „Club of Rome“ und eine weitere Fortschreibung des ersten Reports von 1972.
Jorgen Randers schließt den Reigen mit „2052. Der neue Bericht an den Club of Rome“. Der Norweger ist Klimastratege. Seine Ausarbeitung stellt sich zwei Aufgaben: die Ergebnisse der 40 Jahre zwischen 1972 und 2012 zu bilanzieren und eine Prognose für den Zeitraum bis 2052 zu wagen.
Der Autor zeigt sich pessimistisch. Keines von den bisher angestrebten Zielen sei erreicht worden, vermerkt er, ohne die Existenz des Sozialismus in Europa bis 1990, die negativen Folgen des Kalten Krieges und des Wettrüstens bei seiner Analyse zu berücksichtigen. Mit Blick auf die Zukunft stellt er fünf Fragen: Wird das Wirtschaftswachstum sein Ende finden? Wie wird sich der Konsum, insbesondere in Asien, entwickeln? Wird die Eintracht zwischen den Generationen zu Ende gehen? Welche Folgen zeitigt der Klimawandel? Und: Welches Extremwetter wird sich 2052 herausgebildet haben?
Der Autor zieht dabei die Fortexistenz des Kapitalismus nicht in Zweifel. Randers vertritt den Standpunkt, daß das Bevölkerungswachstum weiter zunimmt, während die Nahrungsmittelproduktion aus vielen Gründen zurückgehe. Schwere Zeiten würden für die Meere wie für die arktischen Gewässer eintreten. „Wird die Welt zusammenbrechen?“ fragt der Wissenschaftler aus Skandinavien.
Makaber ist, wie Randers einen möglichen Atomkrieg in Erwägung zieht. Die Bomben würden zwar etwa 100 Millionen Menschen töten, die Weltwirtschaft aber nur um acht Monate zurückwerfen. „Die Ungerechtigkeit, daß die einen getroffen werden und die anderen nicht“, könne nicht hingenommen werden. Solche Notizen eines bürgerlichen Denkers bedürfen wohl keines Kommentars.
Randers spricht sich für einen „modifizierten Kapitalismus“ aus, in dem weises Regieren an Bedeutung gewinne. Leider sagt er nicht, wo so etwas zu finden ist. Er selbst bezweifelt, daß es die Menschheit schafft, ihr Überleben zu sichern.
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