RotFuchs 204 – Januar 2015

Warum der Nimritzer Ortschronist Herbert Klinger
auch mit 90 nicht aufgibt

Ein Friedensreport über den Krieg

Herbert Klinger

Vor vier Jahren wurden auf einer Ausstellung im Stadtmuseum Jena die Kriegstagebücher von Angehörigen der faschistischen Wehrmacht – darunter auch meine Aufzeichnungen seit 1942 – gezeigt. Organisatorinnen der in insgesamt acht Räumen untergebrachten Exposition waren die Mitarbeiterinnen der Universität Oldenburg Dr. Petra Popp und Dr. Sandra Starke, die meine Notizen kommentierend vorstellten. Ich meldete mich als Kriegszeuge zu Wort, weil ich – wie andere noch Übriggebliebene des großen Gemetzels – nur auf Frieden eingestellt bin.

Hier ein Auszug aus der seinerzeitigen Präsentation in Jena.

Sein Leben als Soldat hat er minutiös dokumentiert. Als Warnung und Mahnung möchte Herbert Klinger seine Dokumentation verstanden wissen. „Jeden Tag, im Stehen, im Liegen, im Sitzen, wie es eben ging“, hielt er seine Eindrücke fest, nachdem auch der Jahrgang 1924 die Einberufungsbefehle bekommen hatte. … Wenn er die einstigen Soldaten, heute Männer weit über 80, wiedersieht, sind sie ihm dafür dankbar, selbst wenn es jedesmal weniger werden, denen er ein neues aktualisiertes Exemplar seiner Erinnerungen übergeben kann. In Nimritz bei Pößneck ist er zu Hause. Als ehrenamtlicher Chronist sichert er in mittlerweile meterlangen Reihen von Aktenordnern Jahr für Jahr die Geschichte seines Ortes und dabei die seines eigenen Lebens. Der erste Band stammt aus dem Jahr 1942 und trägt den Titel: „17- bis 18jährige an die Ostfront befohlen! Jugendgeschichte gegen Wiederholungen, mit Kriegen muß Schluß sein!“

Herbert Klingers Kompanie bestand zur Hälfte aus jungen Männern vom Niederrhein, die anderen stammten wie er selbst aus Thüringen. Zunächst waren sie im Rahmen des Reichsarbeitsdienstes bei Minsk und bis zum Don hin eingesetzt. „Nur wenige haben überlebt“, erzählt er bei der Durchsicht seiner Aufzeichnungen immer wieder. Doch diese Wenigen wollte er suchen. …

Seit 1990 fahndete Herbert Klinger gezielt nach Überlebenden des RAD-Einsatzes in Westdeutschland. Die dadurch ermöglichten Wiedersehen stehen für ihn aber nicht im Zeichen eines rückwärtsgewandten Kameradschaftstreffens, sondern im Sinne eines bescheidenen Beitrags für Frieden und Verständigung. … Der Krieg endete für ihn im Januar 1945, nachdem er zuletzt an der „Ardennenoffensive“ teilgenommen hatte, mit amerikanischer Gefangenschaft. Zu seiner Sammlung gehören auch Flugblätter, die deutsche Soldaten zur Aufgabe und zum Überlaufen aufforderten.

Seit der Ausstellung habe ich mein Tagebuch auf 240 Seiten vervollkommnet. Vier Überlebende unserer Einheit – sie wurden 2014 wie ich 90 Jahre alt – halten Verbindung untereinander. Wir alle sind mit dem Buch als Friedens-Agitatoren und Zeitzeugen vor allem an Schulen unterwegs.

Für mich als Mitglied der Partei Die Linke hat unsere jahrzehntelange Propaganda nur einen Inhalt: Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!