Ein junger Philosoph zur nationalen Frage
Es gibt derzeit ein gewaltiges Konfliktpotential in der Welt, welches nicht nur die konträren Interessen der Staaten und Klassen widerspiegelt, sondern auch den regionalen Separatismus ins Kraut schießen läßt. Die Unabhängigkeitsbekundungen artikulieren sich zumeist als Gegensatz zu den jeweils im gesamtnationalen Rahmen staatstragenden Kräften, die – wie in Katalonien oder Teilen Italiens – nicht grundlos beschuldigt werden, der Entwicklung einzelner Regionen Hindernisse in den Weg zu legen. Zur imperialen Machtbehauptung ist die Destabilisierung und Spaltung strukturschwacher Staaten stets ein adäquates Mittel, was sich zuvor in Kongo oder Sudan vollzog und heute in Syrien, Irak und Libyen beobachten läßt.
Doch trifft das auch auf Staaten wie Großbritannien und Spanien zu, in deren Grenzen regionale Autonomiebestrebungen nicht in erster Linie auf äußere Machteinflüsse zurückzuführen sind? Kann man diese aus unserer Klassenposition begrüßen?
Marx kritisierte an Hegels Rechtsphilosophie, sie sähe nur die subjektive Seite der Weltgeschichte, nicht aber die objektive, welche durch die sozialökonomischen Verhältnisse bestimmt wird.
Die genauere Ausarbeitung dieses theoretischen Ansatzes finden wir später in der „Deutschen Ideologie“, wo Marx das theoretische Fundament seiner Theorie von Basis und Überbau skizziert. Der Überbau, zu dem der Staat gehört, erhebe sich auf dem Fundament einer gleichgearteten ökonomischen Basis, die indes weitgehend ausgereift sein müsse, wobei der Überbau auf die Basis in dialektischer Weise einwirke. Die bürgerliche Revolution kämpfte in der Epoche der Aufklärung nicht grundlos für die Formierung des Nationalstaates und das Ende der Vielstaatlerei. Sie tat das aus ökonomischen wie aus praktischen Gründen.
In seiner Schrift „Marxismus und nationale Frage“ bezeichnete Stalin die Nation als „eine historisch entstandene Gemeinschaft von Menschen“. So wäre es ein Fehler, nationalen Separatismus grundsätzlich und für sich genommen als eine dem Fortschritt dienende Kategorie zu betrachten.
Auf die heutigen Verhältnisse angewandt, ergibt sich aus meiner Sicht für Marxisten, die bekanntlich national verwurzelt und zugleich proletarische Internationalisten sind, folgende Position: Die Nation muß als historische Errungenschaft des bürgerlichen Zeitalters, welche der Imperialismus durch seine Dynamik zu zerstören droht, verteidigt werden. Abtrennungsbestrebungen sollte man stets konkret analysieren. Im Falle reaktionärer oder sogar faschistischer Bedrohung wie derzeit in der Ostukraine sind sie als zeitweiliges, zum eigenen Überleben notwendiges Mittel zu unterstützen. Eine auf Dauer ausgerichtete Kleinstaatlerei aber wäre historisch rückschrittlich und diente nur dem Imperialismus, auf dessen Überwindung unser gesamter Kampf gerichtet ist.
Nachricht 1282 von 2043
- « Anfang
- Zurück
- ...
- Wortmeldung eines SPD-Genossen
aus Niederbayern - Zwei Bahnstreiks in Deutschland
- Für freimütige Debatten
über Zukunftsmodelle - Ein junger Philosoph zur nationalen Frage
- „O Heiland, reiß die Himmel auf!“
- Bei Attacken nicht gleich
den Kopf einziehen! - Über Leben und Tod
zweier Widerstandshelden - ...
- Vorwärts
- Ende »