RotFuchs 221 – Juni 2016

Ein Justizmord demaskiert „Hort der Menschenrechte und Demokratie“

Gert Thiede

Im Jahre 1927 wurden zwei aufrechte linke Gewerkschaftsführer der USA, Mitglieder der IWW („Industrial Workers of the World“), durch die amerikanische Justiz zum Tode verurteilt und ermordet.

Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti

Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti

In einem Artikel der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) vom 23. /24. Juli 1977 hieß es dazu: „Am 4. August 1927 demonstrierten 120 000 Berliner Arbeiter gegen den geplanten Justizmord an Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti. Beide wurden beschuldigt, 1919 Raubüberfälle und einen Mord begangen zu haben. Der Prozeß zog sich über sieben Jahre hin und war von einer wüsten antikommunistischen und nationalen Hetze begleitet. Bereits zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung zeigte sich, daß die amerikanische Justiz revolutionäre Arbeiter mundtot machen wollte. Beide wurden in dem Moment verhaftet, als sie sich dafür einsetzten, den Tod des italienischen Arbeiters Salsedo aufzuklären, der sich nach Verhören und Folterungen durch die Polizei aus dem 40. Stock eines Hochhauses gestürzt hatte.“

Das Urteil der amerikanischen Justiz lautete: Tod durch den elektrischen Stuhl. Der Richterspruch wurde auch nicht aufgehoben, als der von der Polizei gefaßte Verbrecher Celestino Madeiros die Tat gestand. Die amerikanische Klassenjustiz vollstreckte das Todesurteil am 23. August 1927.

„In der ganzen Welt erhob sich ein Proteststurm, entfacht von der Arbeiterklasse, der sich auch Teile des Bürgertums anschlossen. Der ehemalige Vorsitzende der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im österreichischen Gewerkschaftsbund Anton Hofer bezeichnete den Mord als ,ein Verbrechen an der internationalen Arbeiterbewegung‘. Die Fakten gröbster Verletzung der Menschenrechte in den USA sind bekannt. Die willkürliche Verurteilung der ,Wilmington 10’, die allgemeine Bespitzelung fortschrittlicher Bürger, die hinterhältige Ermordung von Gewerkschafts- und Arbeiterführern sind nur einige ihrer begangenen Ungesetzlichkeiten“, schrieb die LVZ weiter.

1977 – 50 Jahre später – kommentierte der Londoner „Morning Star“: „Die amerikanischen Behörden waren unter dem Druck der Meinung der Weltöffentlichkeit gezwungen zuzugeben, daß die Beschuldigung gegen Sacco und Vanzetti unbegründet waren“, nachdem der damalige Gouverneur von Massachusetts, Michael Dukakis, erklärt hatte, daß Sacco und Vanzetti zu Unrecht hingerichtet worden waren.

Das Anfang 1976 gegründete Internationale Komitee zur Rehabilitierung dieser zwei aufrechten Arbeiter hatte die demokratische Öffentlichkeit aufgerufen, den Kampf für die offizielle Aufhebung des Schandurteils zu unterstützen. Parallelen zum heutigen Geschehen in den USA und anderen Staaten sind unübersehbar.