Ein Überraschungsgast im Thang Long
Unter jenen, welche sich Ende Dezember vergangenen Jahres im vietnamesischen Hotel Thang Long an der Treskowallee des Berliner Stadtteils Karlshorst eingefunden hatten, um mir zu einem runden Geburtstag zu gratulieren, befanden sich auch zwei Mitstreiter vom Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde: BüSGM-Vorsitzender Gert Julius und der inzwischen 72jährige Bernd Cachandt.
Bei ihm handelte es sich um einen alten Bekannten. Erstmals waren wir uns im Sommer 1975 in Lissabon begegnet, wo ich damals als Auslandskorrespondent des ND arbeitete.
Bernd gehörte einer Juso-Delegation an, die mit dem Auftrag nach Portugal geschickt worden war, ihre Solidarität mit dem von der Friedrich-Ebert-Stiftung aufgebauten rechtssozialistischen Gegenspieler der Nelkenrevolution Mário Soares zu bekunden.
Die Abordnung des SPD-nahen Jugendverbandes war im Hotel Roma abgestiegen und in dessen Lobby zufällig auf Solveig Hansson – eine schwedische Kommunistin – gestoßen. Um die Vermittlung des Kontakts zu einem „portugalerfahrenen deutschsprachigen Journalisten“ gebeten, nannte die listenreiche Genossin meinen Namen. Da sie „zufällig“ auch die Telefonnummer kannte, riefen mich die jungen Leute bald danach an. Punkt 18 Uhr standen sie vor unserer Tür am Campo Pequeno.
Das Gespräch verlief offen und kameradschaftlich. Es endete erst um vier Uhr früh. Mit einigem Wissen zur Rolle des Herrn Soares ausgerüstet, verzichteten die Jusos auf die von ihnen ins Auge gefaßte Pressekonferenz zur Unterstützung jener falschen Revolutionäre, die sich damals ohne Scham der Internationale und des Symbols der geballten Faust bedienten.
Im Thang Long stand mir Bernd, mit dem ich vor 38 Jahren zum ersten Mal gesprochen hatte, plötzlich als Gratulant gegenüber. Er habe schon bald nach der Lissabon-Reise die SPD verlassen, erfuhr ich. Seinen Kampf gegen die Feinde von Revolutionen setzte der Westberliner später in der SEW fort. Heute gehört er dem BüSGM-Vorstand an.
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