Griff in die literarische Schatztruhe (12)
Einst erfolgreiche DDR-Autoren
dem Vergessen entreißen
Rainer Kerndl wurde am 27. November 1928 in Bad Frankenhausen geboren. Als Journalist verfaßte er ab 1954 Theaterkritiken für die „Junge Welt“, später für „Neues Deutschland“. Kerndl schrieb auch Stücke, wobei er eng mit dem Berliner Maxim-Gorki-Theater zusammenarbeitete. Nach seiner Erzählung „Ein Wiedersehen“ (1956) entstand das Stück „Schatten eines Mädchens“ (1961). Es folgten „Seine Kinder“ (1963) und „Plädoyer für die Suchenden“ (1966).
Eine moderne Simpliziade stellte Kerndl in „Die seltsame Reise des Alois Fingerlein“ (1967) vor. „Der verratene Rebell“ (1968) und „Zwei in einer kleinen Stadt“ (1969) zeugten vom Bekennermut des Autors. Kerndls Stücke waren von Auseinandersetzungen um richtiges oder falsches Handeln geprägt. Erwähnt seien hier „Ich bin einem Mädchen begegnet“ (1969), „Wann kommt Ehrlicher?“ (1971), „Romanze für einen Wochentag“ (1972), „Macht mit Kompromissen“ (1976) und „Der vierzehnte Sommer“ (1977). Sie wurden vor allem auch deshalb zu Publikumserfolgen, weil seine Figuren um ihre Selbstbehauptung ringen mußten. In „Der Georgsberg“ (1984) nahm er die mit den Intershops Einzug haltende Doppelmoral aufs Korn, was die Absetzung des Stückes zur Folge hatte. Doch Kerndl machte auch weiterhin keinen Bogen um heiße Eisen. Etliche seiner Stücke lieferten Stoff für lebhafte Diskussionen.
Als Prosa-Schriftsteller führte sich Rainer Kerndl mit dem Jugendbuch „… und keiner bleibt zurück“ (1953) ein, in dem er seine Erlebnisse beim Bau der Wasserleitung für die Maxhütte Unterwellenborn schilderte. 1956 legte er die Erzählung „Die Eroberung der Burg Walldorf“ und den Band „Ein Wiedersehen“ vor.
Der Moralist der Bühne und geschätzte Theaterkritiker wandte sich schließlich auch dem Abenteuerroman zu, wie „Eine undurchsichtige Affäre“ (1981) und „Ein ausgebranntes Leben“ (1983) bewiesen. In seinem für Schüler unterer Klassen bestimmten Buch „Die Kinder der Schahnas“ erzählt Kerndl die Geschehnisse um ein taubstummes Mädchen in einem Flüchtlingslager bei Damaskus.
Aus der Feder des vielseitigen Autors stammt auch ein halbes Dutzend Fernsehspiele – so „Der verratene Rebell“ (1967), „Zwei in einer kleinen Stadt“ (1969), „Jenny“ und „Die Urlauber“ (beide 1978), in denen es u. a. um Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in den Partnerbeziehungen geht. In „Bimbo Hubert. Eine Filmgeschichte“ (1993) verliert ein Bauarbeiter seinen Job und erlebt, wie Menschen anderer Hautfarbe von chauvinistisch gesinnten Landsleuten ausgegrenzt werden.
Kerndls Schaffen wurde mit dem Nationalpreis der DDR sowie dem Lessing- und dem Goethe-Preis der Stadt Berlin gewürdigt.
Der 1908 in Bernburg geborene Werner Reinowski entdeckte seine Liebe zu Texten schon vor 1933 als Arbeiterkorrespondent. Recht spät begann er, Werke der Literatur zu schaffen. Sein besonderes Interesse galt seit den 50er Jahren der künstlerischen Begleitung von Wandlungsprozessen auf dem Lande. Die Bodenreform und der Weg vom Ich zum Wir waren dabei Inhalte, welche das Denken und Handeln seiner Gestalten bewegten. Reinowskis „Diese Welt muß unser sein“ (1953) galt als erster deutscher Roman über die Gründung Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) in der DDR.
Zu seinen Büchern zählt auch eine Bodenreform-Trilogie „Der kleine Kopf“ (1952), „Vom Weizenfeld die Spreu“ (1952) und „Der Ungeduldige“ (1969). Mit dem zuletzt genannten Titel legte der Schriftsteller ein originelles, reiche Kenntnisse vermittelndes Buch vor. Eindringlich schilderte er die Auseinandersetzungen auf dem Lande und machte zugleich transparent, wie sich diese in und zwischen einzelnen Menschen abspielten. Diesem Thema blieb Reinowski auch später treu, wie „Der heitere Heinrich“ (1956), „Unbequeme Freundin“ (1973 und „Die Guldenwiese“ (1975) verrieten.
Er besaß einen scharfen Blick für echte Konflikte und Menschenschicksale, die er in episch gelungener Form vorzustellen vermochte. Mit diesen Werken setzte Werner Reinowski die Traditionen des Dorfromans fort, die bereits in den 20er Jahren von Autoren wie Adam Scharrer begründet worden waren. Zu verweisen ist hier auf die Titel „Zwei Brüder“ (1959, Neufassung 1972) und „Zivilcourage“ (1969). 1986 legte Reinowski seine Autobiographie „Unkraut vergeht nicht“ vor, in der er vor allem die harten Zeiten zwischen 1908 und 1931 ins Visier nahm. Dabei hob er ihn prägende Ereignisse hervor: seine Lehrzeit als Tischler in Braunschweig, sein Wirken in der Sozialistischen Arbeiterjugend und in der SPD sowie sein Schuften in einer Gießerei, über das er seinen allerersten Artikel verfaßt hatte. Die Selbstdarstellung des 1987 Verstorbenen zeichnet sich durch Glaubwürdigkeit, Schlichtheit und Lebensnähe aus.
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