Ein namhafter Mediziner der DDR wandte sich an den „RotFuchs“
Erfahrungen mit dem „Rechtsstaat“ BRD
Angesichts einer Situation hierzulande, in der selbst prominente Verfassungsjuristen davon sprechen, daß es noch nie eine solche Kluft zwischen dem Buchstaben des Gesetzes und der Wirklichkeit gegeben habe, sehe ich mich veranlaßt, den „RotFuchs“-Lesern meine oftmals absurden Erfahrungen mit der Justiz mitzuteilen.
Das Leben als Neu-Bundesbürger begann bei mir – wie bei sehr vielen anderen auch – mit existenzbedrohenden Kündigungen. Dreimal hintereinander wurde ich als Direktor des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin „wegen Staatsnähe als ungeeignet“ vom Gesundheitsminister der bereits in die Hände rechter Kräfte gefallenen letzten DDR-Regierung und von deren Arbeitsminister entlassen. Meine Klagen vor den Arbeitsgerichten wiesen in erster Instanz unerfahrene junge Absolventen, in zweiter Instanz dann regierungsnahe Juristen in „Kurzprozessen“ ab. Die daraufhin notwendigen Verfahren wegen „Strafrente“ endeten für mich als „Sammelkläger“ nach drei Instanzen erfolgreich.
Karikatur: Renatus Schulz
Das erste „wirre“ Jahrzehnt nach dem Anschluß der DDR an die BRD brachte mich vor das Finanzgericht Cottbus, da mein zuständiges Finanzamt und das Landesministerium für Finanzen in einem „Musterverfahren“ nicht anerkennen wollten, daß Lehrstunden auch bei Fortbildungsveranstaltungen wie überall in der Welt nur 45 Minuten dauern. Das Finanzamt mußte mir mehrere tausend Euro zurückzahlen, da es die steuerliche Absetzbarkeit von 60-Minuten-Schulstunden abhängig gemacht hatte.
Ein „Berufungsgericht“ beim Verwaltungsgericht Potsdam verurteilte mich auf Antrag meiner eigenen Kassenärztlichen Vereinigung, weil ich im Ärztlichen Notdienst für zwei zeitlich weit auseinanderliegende Hausbesuche bei demselben Patienten in einer Nacht zweimal abgerechnet hatte.
In den 90er Jahren informierte ich den Landrat, daß ich ihn wegen Untätigkeit verklagen müßte, sollte er nicht umgehend über sein Amt zur Regelung offener Vermögensfragen den juristisch klaren Sachverhalt bestätigen, daß mein Grundstück mit Wohnung und Praxis im Haus nicht zur Rückgabe oder Entschädigung für zwei Erbengemeinschaften des ehemaligen Gutsbesitzers in Frankfurt/M. und Australien zur Verfügung steht. Diesmal hatte ich Erfolg.
Das dritte Jahrtausend brachte dann weitere ernsthafte juristische Auseinandersetzungen, in die ich involviert war. Diesmal trat ich wie Hunderttausende unmittelbar Betroffene als Sammelkläger und Gutachter gegen den BER-Flughafen und für das Nachtflugverbot auf. Ich klagte bis zum Bundesverwaltungsgericht in drei Instanzen. Wir stießen leider auf Richter, die sich dem Großkapital und von ihm abhängigen Bundes- und Landesregierungen, nicht aber der Bevölkerung verbunden fühlten. Sie beschieden unsere Klage ablehnend. Dieser Prozeß wird wie das skandalöse, mafiöse Gebaren um die Inbetriebnahme des Hauptstadt-Flughafens in die Geschichte der Region eingehen.
Eine schlimme Überraschung erlebten wir nach einer Schulungsveranstaltung am Nachmittag in Berlin: Unsere Wohnung und unsere Gemeinschaftspraxis waren vom Dach bis zum Keller ausgeraubt und verwüstet worden. Die polizeilichen Ermittlungen bestätigten, daß eine bereits bekannte rumänische Bande am Werk gewesen war. Ergebnis: Die Täter kamen nicht vor Gericht, da sie unbekannten Ortes verzogen waren. Als massiv Geschädigte mußten wir auf Verlangen der Versicherungen mehrere tausend Euro kostende mechanische und elektronische Sicherungen einbauen und uns von einem Sicherheitsdienst überwachen lassen.
Erneut trat meine Kassenärztliche Vereinigung, an die ich hohe Beiträge zu entrichten habe, juristisch gegen mich auf. Da ich im Notdienst Keltican gegen Schmerzen injiziert und abgerechnet hatte, wurde ich vor das Sozialgericht geladen, weil diese Ampullen nur Privat- und keinen Kassenpatienten zustehen. Ich wurde zur Rückzahlung von 7,15 Euro (!) verdonnert.
Im letzten Jahrzehnt setzten sich derart dubiose juristische Aktionen, die auch mich betrafen, fort: 2011 wurden Hunderttausende Grundstücksbesitzer zu Nachzahlungen für Anlagen verpflichtet, die teilweise bereits zu Kaisers Zeiten gebaut und beglichen worden waren. Das Geld sollte bundesdeutschen Unternehmen zugeführt werden. Damit waren wir in Absurdistan angekommen. Drei Instanzen deckten diesen Unsinn. Erst das Bundesverfassungsgericht revidierte im Dezember 2015 die Fehlurteile.
Einen „Höhepunkt“ meiner juristischen Auseinandersetzungen unter BRD-Bedingungen erreichte ich im letzten Jahr meiner Hausarzt-Tätigkeit, als das für mich zuständige Finanzamt ohne Vorwarnung bei mir und meinem Steuerberater eine Kontensperrung und Pfändung von 17 000 Euro vornahm. Ich konnte weder mein Auto betanken noch die Gehälter meiner Mitarbeiter auszahlen. Nach einer sofortigen und energischen Intervention durch den Steuerberater, den Rechtsanwalt und mich „entschuldigte“ man sich mit der Begründung, es habe ein „Computerfehler“ vorgelegen. Danach herrschte Ruhe.
Den Verdacht, es habe sich um eine gezielte Schikane gehandelt, brachte ich dem Finanzamt gegenüber zum Ausdruck, zumal dieses die einzige Behörde war, die Kenntnis von meinen Spenden für humanitäre Zwecke und linke Programme, Vereine, Zeitungen und Parteien hatte.
Solche Erlebnisse bestärkten meine stets vorhandenen Zweifel, in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben.
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