RotFuchs 193 – Februar 2014

Ein Mitstreiter Bebels, auf den Lübtheens SPD stolz sein sollte

Erinnern an Franz Thaele

Siegfried Spantig

Sand und Salz in Rot – wie gleich festzustellen sein wird, in proletarischem Rot. Ort der Handlung ist Lübtheen in der als Griese Gegend bezeichneten Region im Südwesten Mecklenburgs nahe der Elbe, in deren Urstromtal. Der Name stammt vom grauen, alles bedeckenden Sand. Tief darunter liegt ein mächtiges Salzgebirge, das hier und dort als Diapire bezeichnete Salzstöcke nach oben preßte. Einer davon konnte vor 150 Jahren bei dem genannten Ort entdeckt werden. Jahrzehntelang wurde hier schwieriger Schachtbau betrieben, bis man dem begehrten Kalisalz auf die Spur kam, so daß am 2. August 1906 mit dem Abbau begonnen werden konnte. Bereits 1900 hatte man in der Nachbargemeinde Jessenitz einen Salzschacht fündig gemacht.

Griese Gegend hieß soviel wie dünn besiedeltes Land: Hier lebten die Menschen von der Pflugarbeit. So war der Arbeitskräftebedarf beider Schächte nicht aus dem nahen Umland zu befriedigen. Dennoch war es nicht schwer, Bergarbeiter anzuwerben, weil sich die Kali-Funde schnell in ganz Deutschland herumsprachen.

Zu Jahresbeginn 1902 kam der 24jährige Sozialdemokrat und Bergmann Franz Thaele aus dem Staßfurter Kalirevier dorthin, sah, daß seine Lübtheener Genossen sich noch nicht zusammengeschlossen hatten, und gründete eine SPD-Ortsgruppe. Handwerksmeister und Gesellen vom zwei Jahrzehnte zuvor gegründeten örtlichen Arbeiterbildungsverein wechselten zu ihr über.

Im Juni 1903 erfolgte die Gründung des Arbeiter-Turnvereins „Veritas 03“, wenig später entstand der fortschrittliche Radfahrer-Verein „Solidarität“. Genosse Thaele setzte auf Agitation in den umliegenden Dörfern. Zunächst rührte sich die Grubenleitung nicht. Doch das Großherzogliche Amt in Hagenow ließ Thaele und dessen SPD-Genossen unter Beobachtung stellen. In einem seiner Berichte an das Schweriner Innenministerium liest man: „Als der Zigarrenmacher Genz bestattet wurde, trug man einen Kranz mit großer roter Schleife voran.“

1907 wurde Genossen Thaele seitens der Grube ohne Angabe von Gründen gekündigt, wobei offensichtlich war, daß seine Entlassung in der Absicht erfolgte, ihn aus Lübtheen zu vertreiben. Doch unser Mann wich nicht und setzte seine politische Arbeit fort. Er sattelte zum Dachdecker um.

Soviel zu den Anfängen der organisierten Arbeiterbewegung in der Griesen Gegend, der aber sehr bald der Boden entzogen wurde, da beide Schächte – fachmännisch ausgedrückt – absoffen.

Auch heute gibt es in Lübtheen eine SPD-Ortsgruppe. 2002 feierte sie ihr 100jähriges Bestehen. In der offiziellen Festschrift „650 Jahre Lübtheen“ erinnert kein einziger Satz an Genossen Thaele aus der einst glorreichen SPD August Bebels.