RotFuchs 203 – Dezember 2014

Boliviens erster indigener Präsident wurde mit 61 % wiedergewählt

Evo Morales – Triumph der Moral

RotFuchs-Redaktion

Der erste indigene Präsident Boliviens hat seine zweite Wiederwahl mit einem Stimmenanteil von 61 % souverän gewonnen. Bei seiner ersten Kandidatur im Jahr 2005 hatte Evo Morales 54 % des Votums der Wahlberechtigten unter 10,1 Millionen Bolivianern erhalten, 2009 waren es sogar 64 %. Der profilierte Linkspolitiker und populäre Führer des Movimiento al Socialismo (MAS) – der Bewegung zum Sozialismus –, dessen moralische Integrität, Volksnähe und menschliche Lauterkeit selbst von politischen Gegnern nicht in Abrede gestellt werden können, widerstand damit der Wühltätigkeit durch die US-Botschaft angeleiteter konterrevolutionärer Kräfte. Dennis Racicot, der Vertreter des Hohen Kommissariats der Vereinten Nationen, bezeichnete den Wahlakt anerkennend als „demokratisches Fest“.

Während die Linke bei den parallel abgehaltenen Wahlen zu Senat und Abgeordnetenhaus weniger erfolgreich abschnitt, hatten die gegen Morales aufgebotenen rechtsbürgerlichen Präsidentschaftsbewerber keine Chance. Mehr als sechs Millionen Bürger Boliviens durften am Wahlakt teilnehmen, darunter erstmals auch zahlreiche Emigranten mit bolivianischer Staatsangehörigkeit in 70 Städten aus Ländern Amerikas, Asiens, Afrikas und Europas.

Mit seinem neuerlichen Sieg sicherte der von sozialistischen Vorstellungen inspirierte Staatschef die Kontinuität des 2005 eingeleiteten Prozesses tiefgreifender sozialökonomischer Umgestaltungen in dem zwar äußerst ressourcenreichen, aber aufgrund des Lebensniveaus großer Teile der Bevölkerung als arm geltenden Andenlandes.

Zum Abschluß seiner Wahlkampagne hatte Evo Morales auf einer Großkundgebung in Cochabamba noch einmal an den geringschätzigen Slogan seiner pseudoliberalen Gegner erinnert, demzufolge „der Bauer und der Indio nur zum Wählen zu gebrauchen“ seien. In der kurzen Zeit seit 2005 hätten die Bauernbewegung und Boliviens Urbevölkerung gezeigt, daß sie auch zum Regieren imstande wären. Seine im Wahlkampf oft wiederholten losungsgleichen Worte „Schluß mit der Privatisierung und dem Ausverkauf unserer Reichtümer!“ zündeten und erwiesen sich als einer der Schlüssel zum großen Triumph am 12. Oktober.

Beim Meeting in Cochabamba kündigte Evo Morales Investitionen von 300 Millionen Dollar für den Bau eines dort angesiedelten Komplexes zur Herstellung besonders hochwertiger Medikamente an, was zur landesweiten Zahlungsbefreiung der Patienten führen solle. Bolivien genieße inzwischen international Respekt und Kredit, weil die Regierung dem Volk seine Würde wiedergegeben habe.

Morales und die MAS waren mit einem attraktiven und den Massen verständlichen Zwölfpunkteplan in den Wahlkampf gegangen. Hauptziel sei es, das als zurückgeblieben geltende Land binnen weniger Jahre in die Spitzengruppe der Staaten Lateinamerikas zu führen, verkündete Morales das wichtigste Anliegen seiner Präsidentschaft. 2013 habe Bolivien eine Wachstumsrate von 6,8 % erreicht, für 2014 seien 5,1 % und für 2015 abermals 6,8 % prognostiziert worden. Die staatlichen Rücklagen, die 2006 bei nur 8 Milliarden Dollar gelegen hätten, betrügen jetzt immerhin schon 33 Milliarden. Enorme Gewinne verspreche sich der Plurinationale Staat Bolivien – so die offizielle Bezeichnung des Landes, in dessen Bevölkerung die Nachkommen der Urvölker überwiegen – aus der industrialisierten Gewinnung von Lithium. Die Andenrepublik verfüge über 85 % der Weltvorräte dieses ebenso gefragten wie seltenen Metalls.

Als einer der Hauptaspekte des Morales-Planes, der inzwischen vom Wahlprogramm zur Regierungsagenda geworden ist, gehört die Zielsetzung, den Anteil extrem Armer – er lag 2005 bei 38 % und beträgt gegenwärtig immer noch 18 % – auf neun Prozent zu senken. Derzeit sind etwa 100 der 339 Gemeinden Boliviens noch von krasser sozialer Not betroffen.

Unter der dritten Präsidentschaft des populären Staatschefs werden die Einstellung des Imports von Benzin und die Entwicklung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken sowie die Schaffung von 1500 neuen Arbeitsplätzen für Hochschulabsolventen Priorität haben.

Zu den vorrangigen Anliegen der Morales-Regierung zählten die hundertprozentige Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in den Metropolen und die 90prozentige Deckung des Bedarfs der Dorfbevölkerung bis 2020. Fünf Jahre später will Bolivien die lückenlose Versorgung aller Landesteile mit Elektroenergie garantieren.

Zu den sozialen Maßnahmen gehört der Bau von vier zentralen Krankenhäusern mit Spitzentechnologie auf den Gebieten Kardiologie, Neurochirurgie, Nephrologie, Onkologie und Gastroenterologie. Hinzu kommt die Errichtung von 40 weiteren Hospitälern, die ebenfalls modern ausgestattet sein werden.

In den allgemeinbildenden Schulen will man zur Wissenserweiterung neue Fächer in den Lehrplan aufnehmen. Überdies sollen drei Stadien in La Paz, Cochabamba und Santa Cruz sowie etliche Sportzentren und Schwimmbecken in ländlichen Gegenden gebaut werden.

Das freie Bolivien setzt sich zum Ziel, auch im Wohnungsbau aufzuholen. Während von 43 000 neuen Mehrfamilien- und 40 300 Einfamilienhäusern die Rede ist, sollen 125 000 reparaturbedürftige Wohnungen instandgesetzt werden.

So steht es um die soziale Programmatik eines Staates, der heute an der Seite des sozialistischen Kuba und im Bunde mit Venezuela, Nicaragua, Ecuador und anderen antiimperialistisch regierten Ländern des Subkontinents zu den Wegbereitern im Ringen um ein besseres Leben für alle zählt.

Doch wo Wind ist, da fehlt es auch nicht an Gegenwind. Als US-Diplomaten getarnte Geheimdienstler führen den Reigen jener an, welche Boliviens kühne Pläne durchkreuzen und das Andenland wieder in frühere Abhängigkeiten verstricken wollen. Von ihnen wird die Gegenoffensive stabsmäßig organisiert. Nach der Abberufung eines als „Taube“ betrachteten Botschafters hat das State Department einen als Hardliner bekannten „Falken“ an die Spitze seiner Vertretung in La Paz gestellt. Dessen Auftrag lautet, der Equipe von Evo Morales so viele Knüppel wie irgend möglich zwischen die Beine zu werfen. Zugleich unterstützt Washington die rechten und restaurativen Kräfte sowie den Rassismus gegen die heute in Bolivien staatstragenden Indigenas auf jede nur denkbare Weise.

Doch wie auch immer die Dinge liegen mögen: Die innere und äußere Reaktion muß die Tatsache in Rechnung stellen, daß Evo Morales, der Bannerträger einer neuen Moral, nun schon dreimal hintereinander mit absoluter Mehrheit gewählter Präsident des Plurinationalen Staates Bolivien ist, dessen Volksmassen unter seiner Führung einen Weg beschritten haben, der mit Respekt und Bewunderung von fortschrittlichen Menschen in aller Welt begleitet wird.

RF, gestützt auf „Granma“, Havanna, und „Solidaire“, Brüssel