Zum Weltfriedenstag am 1. September
Friede für alle, die leben!
Im Verlaufe von Jahrhunderten hatte in Europa, und nicht nur dort, fast jede Generation ihren Krieg. Mit dem zweiten Weltkrieg mußten Millionen Menschen die Last des vernichtendsten Krieges in der bisherigen Geschichte tragen. Seine Narben blieben in ihnen, auf der Erde der überfallenen Länder, im Gedächtnis der Völker zurück.
Da sind Zahlen ermittelt worden. Zahlen, die Auskunft geben, wie tief die Narben sind, die nach dem letzten Krieg auf dem europäischen Kontinent zurückgeblieben sind: Im zweiten Weltkrieg sind 54,8 Millionen Menschen getötet und 90 Millionen verwundet worden. In Europa wurden 23,6 Millionen Wohnhäuser, 14,5 Millionen öffentliche Gebäude und Industriebetriebe zerstört. Die materiellen Verluste belaufen sich auf mehr als vier Billionen Dollar. Diese Zahlen übersteigen unser Vorstellungsvermögen. Sie stehen am Ende jener Kriegsperiode, die wir heute zweiter Weltkrieg nennen. Sie begann am 1. September 1939, an dem Tag, den die Menschheit heute als Weltfriedenstag begeht.
Die Geschichte der Menschheit – über Jahrhunderte hinweg mit kriegerischen Ereignissen verbunden, mit Kriegen, die in der reaktionären Geschichtsschreibung als „Beweis“ für „Urgewalt“, „gottgewollt“ und daher „unvermeidliches Los der Menschheit“ stehen – ist ebenso reich an Plänen und Bewegungen gegen den Krieg. Erasmus von Rotterdam und die englischen, französischen und deutschen Aufklärer stehen in der langen Liste der hervorragenden Vertreter des Friedensgedankens. In der Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte die Menschheit die ersten Friedenskongresse.
Welch ein Weg von einem der ersten großen internationalen Friedenskongresse 1849 in Paris bis hin zu jenem Kongreß, der am 25. April 1949 wiederum in Paris stattfand! Vier Jahre nach der Zerschlagung des Faschismus, zehn Jahre nach dem das Völkermorden auslösenden Überfall auf Polen wurde hier proklamiert: „Der Weltkongreß der Kämpfer für den Frieden verkündet laut, daß die Verteidigung des Friedens nun Angelegenheit aller Völker geworden ist!“
Zuversicht und Gewißheit, Kampfansage an die Kräfte des Krieges. Eine Kampfansage, die jetzt nicht mehr nur den Willen einiger weniger Personen und Organisationen verkündete, alles gegen einen neuen Krieg zu tun. Die Friedenssehnsucht hatte eine materielle Basis bekommen: die sozialistische Staatengemeinschaft, deren führende Kraft, die Sowjetunion, bereits in ihrer Geburtsstunde die Welt mit dem „Dekret über den Frieden“ aufgerüttelt hatte. Lenin nannte die Große Sozialistische Oktoberrevolution den „ersten Sieg auf dem Weg zur Abschaffung der Kriege“. Von damals bis heute hat sich die Überzeugung von Karl Marx bestätigt, „daß die Arbeiterklasse, sobald sie den Schauplatz der Geschichte betritt, imstande sein wird, Frieden zu gebieten, wo diejenigen, die ihre Herren sein wollen, Krieg schreiben“. Pablo Neruda, der große chilenische Dichter und Patriot, forderte kategorisch in seinem „Hymnus auf den Frieden“:
Friede für alle, die leben: Friede
der gesamten Erde und den Wassern!
Und weiter:
Sowjetunion – vereinten wir alles Blut,
in deinem Kampf vergossen,
alles, was du der Welt wie eine Mutter gabst,
damit die sterbende Freiheit wieder lebe,
würden wir einen neuen Ozean haben,
groß wie keinen,
tief wie keinen,
lebendig wie alle Ströme zusammen,
tätig wie das Feuer der Andenvulkane.
Im Oktober 1973 proklamierte der Moskauer Kongreß der Friedenskräfte als Ziel aller Bemühungen, den erreichten Fortschritt in der internationalen Politik unumkehrbar zu machen, ihn als Basis neuer Erfolge der Weltfriedensbewegung zu nutzen. Ein Vierteljahrhundert ohne Krieg in Europa liegt zwischen den beiden Ereignissen. Ein Vierteljahrhundert – wann hatte es das für die Völker des europäischen Kontinents je gegeben? Galt früher das Wort, daß Nachkriegsperioden stets nur Atempausen zwischen Kriegen sind, so konnten durch den wirtschaftlich, militärisch und damit politisch stärker werdenden Sozialismus, seine Ausstrahlungskraft auf den Gang der Dinge in der Welt, reale Möglichkeiten für eine prinzipiell andere Entwicklung, für den Übergang zu einem System des dauerhaften Friedens geschaffen werden.
Abschlußtreffen des Weltfriedenskongresses, Moskau 1973
Wie hatten die imperialistischen Mächte 1917 über den „anmaßenden“ Lenin gespottet, als er davon sprach, daß die Grundlage des Verhältnisses zwischen Sozialismus und Kapitalismus nicht im Krieg liegt, sondern in einer Periode, „in der sozialistische und kapitalistische Staaten nebeneinander existieren werden“.
1971 verkündete der XXIV. Parteitag der KPdSU sein Friedensprogramm und das Ziel, die Prinzipien der friedlichen Koexistenz weltweit zur Grundlage der Politik zu machen. 1972, knapp ein Jahr nach der Verkündung des Friedensprogramms, unterschrieb US-Präsident Nixon in Moskau im Dokument „Die Grundlage der Beziehungen zwischen der UdSSR und den USA“ den Satz: „Sie werden von der gemeinsamen Überzeugung ausgehen, daß im Atomzeitalter die einzige Grundlage für die Beziehungen zwischen ihnen die friedliche Koexistenz sein kann.“
Der Autor Hans Canjé war Kommentator bei „Stimme der DDR“, aus „FF dabei“, Nr. 35/1974.
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