Ein deutscher Proletariersohn und Held der Sowjetunion
Fritz Schmenkel ist unvergessen
Am 14. Februar 1916 wurde der deutsche Antifaschist und weißrussische Partisan Fritz Schmenkel geboren. In bundesdeutschen Geschichtsbüchern unbeachtet, von Lexika hier und dort kurz erwähnt, ist Fritz Schmenkel in der Republik Belarus und bei deutschen Antifaschisten als ein mutiger Kämpfer in Erinnerung geblieben. 1964 wurde ihm postum der Titel „Held der Sowjetunion“ verliehen.
Im schlesischen Warsow (heute polnisch Warszewo) geboren und von Genossen seines 1932 durch SA-Schläger ermordeten Vaters im kommunistischen Sinne erzogen, war er bereits als junger Mann ein entschiedener Gegner des aufkommenden deutschen Faschismus. Als 17jähriger trat er dem Kommunistischen Jugendverband bei und beteiligte sich aktiv an dessen Anti-Nazi-Aktionen in der Weimarer Republik.
Als Proletarierkind erlebte Fritz Schmenkel die ganze Palette sozialer, wirtschaftlicher und politischer Grausamkeiten des kapitalistischen Systems. Von diesem an höherer Schulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung gehindert, kämpfte er sich als Landarbeiter, Kutscher und Tagelöhner durchs Leben. Nach der Machtauslieferung an Hitler zunächst dem „Reichsarbeitsdienst“ zugeordnet, wurde er Ende 1938 zur faschistischen Wehrmacht einberufen und als Kanonier ausgebildet. Sehr bald erkannte Fritz Schmenkel, daß er dem Hitlerstaat als Kanonenfutter dienen sollte. So entzog er sich des öfteren Übungen an der Waffe und widersetzte sich Befehlen. Wegen „Disziplinlosigkeiten und unerlaubten Entfernens von der Truppe“ verurteilte ihn 1940 ein faschistisches Kriegsgericht zu 18 Monaten Haft, die er im Wehrmachtsgefängnis Torgau und im Straflager Cobnik verbüßte. Dort erreichte ihn die Nachricht vom Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion.
Die Karlshorster Fritz-Schmenkel-Straße wurde nach 1990 in Rheinsteinstraße rückbenannt, während der Name des bedeutenden marxistischen Gelehrten Hermann Duncker dem des Gutsbesitzers von Treskow weichen mußte.
Der Gedanke, „da muß man etwas gegen tun“, dürfte ihn dazu bewogen haben, seine Haftstrafe mit einer freiwilligen Meldung zum Fronteinsatz abzukürzen. Das Militärgericht gab seinem Antrag statt, so daß Fritz Schmenkel im Oktober 1941 an die „Ostfront“ bei Smolensk abkommandiert wurde – in eine Region, die damals zur Belorussischen Sowjetrepublik gehörte. Hier gelang es ihm, in nahegelegene Wälder zu flüchten und in Kontakt mit einer weißrussischen Partisaneneinheit zu kommen. Deren Führung begegnete der Bereitschaft eines deutschen Wehrmachtsangehörigen, in ihren Reihen gegen sein eigenes Land zu kämpfen, zunächst mit Mißtrauen. Fritz Schmenkel legte daraufhin folgenden Schwur ab: „Ich, Bürger Deutschlands und Sohn eines Kommunisten, schwöre, daß ich die Waffe nicht eher aus der Hand legen werde, bis die russische Erde und mein Vaterland vom faschistischen Geschmeiß befreit sind.“
Durch regelmäßige Übernahme besonders riskanter militärischer Aufträge der Partisaneneinheit bewährte sich Fritz Schmenkel vor allem als Aufklärer deutscher Stellungen sowie bei der strategischen Vorbereitung von Offensivmaßnahmen der Roten Armee als vertrauenswürdiger und zuverlässiger Partisan.
Gedenktafel für Fritz Schmenkel in Minsk
Foto: W. Metzger (1976)
Ende Dezember 1943 geriet er im Hinterland der faschistischen Truppen in eine Falle und wurde von deren „Kettenhunden“ festgenommen. Am 15. Februar 1944 verurteilte ihn ein Kriegsgericht der Okkupanten zum Tode. Am 22. Februar 1944 – acht Tage nach seinem 28. Geburtstag – wurde er durch ein faschistisches Erschießungskommendo hingerichtet. Der Mord geschah im damals noch von Nazitruppen besetzten Minsk.
Fritz Schmenkel wurde bereits 1943, noch in den Wäldern Weißrußlands, vom Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet.
In der DDR trugen vielerorts Straßen und Schulen den Namen des späteren „Helden der Sowjetunion“ – auch eine Straße in Berlin-Karlshorst. Mehrere Truppenteile der Nationalen Volksarmee der DDR, darunter das Jagdfliegergeschwader 1, erhielten den Namen Fritz Schmenkels. Der DEFA-Film „Ich will Euch sehen“ (Regie: Janos Veiczi) aus dem Jahre 1977 würdigte sein Leben.
Während Fritz Schmenkels Verdienste in der Alt-BRD ohnehin totgeschwiegen worden waren, erfolgte nach der Annektion der DDR eine regelrechte „Namenshinrichtung“. Demgegenüber ist die Ehrung von Fritz Schmenkel in Belarus uneingeschränkt aufrechterhalten worden. An jenem Gebäude in Minsk, auf dessen Hof der tapfere Antifaschist erschossen wurde, brachte man eine Gedenktafel an. Auch im neu eröffneten Museum des Großen Vaterländischen Krieges befindet sich ein ihm gewidmeter Ehrenplatz.
Wenn man beim Rundgang durch die Gedenkhalle unter Tausenden Namen gefallener Sowjetbürger plötzlich den eines Deutschen entdeckt, an den man sich aus DDR-Zeiten erinnert, dann ist das ein erregender Augenblick. Man bleibt vor der Tafel mit dem Bild Fritz Schmenkels wie angewurzelt stehen und denkt an die Zeit der Niederschlagung des deutschen Faschismus im Mai 1945 zurück, sofern man diesen Tag schon bewußt erlebt hat. Und es drängt sich die quälende Frage auf: Wieso war der Sieg der Roten Armee über den deutschen Faschismus nicht endgültig? Waren die Opfer Fritz Schmenkels und aller anderen Antifaschisten vergebens? Der Kampf in ihrem Geiste ist wieder hochaktuell und unerläßlich. Junge Antifaschisten sollten nicht so lange warten, bis sie erst wieder als Partisanen kämpfen müssen!
Mehr über Fritz Schmenkel finden Interessierte u. a. in:
Wolfgang Neuhaus:
Kampf gegen Sternlauf
Der Weg des deutschen Partisanen Fritz Schmenkel
Militärverlag der DDR, Berlin 1968, 492 S.
und in
Theodor Gladkow:
In den Wäldern von Smolensk
Der Weg des deutschen Antifaschisten Fritz Schmenkel
Verlag Neues Leben, Berlin 1983, Fotos, 212 S.
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