RotFuchs 225 – Oktober 2016

Für Eugène Pottier,
den Dichter der „Internationale“

RotFuchs-Redaktion

Zum 200. Geburtstag von Eugène Edmé Pottier am 4. Oktober veröffentlichen wir zwei wenig bekannte Übersetzungen des im Juni 1871 verfaßten Textes – die eine von Sigmar Mehring (dem Vater Walter Mehrings) von Anfang der 20er Jahre, die zweite von Erich Weinert von Anfang der 60er Jahre.

Die Internationale

    Nun kämpft zum letzten Male!
    Stürmt an! Schon winkt uns dort
    Die Internationale,
    Der Menschheit Ziel und Hort!

Auf! Auf! Ihr glückbetrog’nen Toren
Auf! Sklaven ihr der Hungerzunft!
Hört ihr’s im Krater nicht rumoren?
Zum Durchbruch kommt die Weltvernunft
Räumt auf mit allem morschen Plunder!
Und vorwärts mit der Kraft des Stiers!
Die alte Welt zerfall wie Zunder,
Wir waren nichts und jetzt sind wir’s!

Es kann uns kein Erlöser retten.
Nicht Gott, noch Caesar, kein Idol.
Erlöst Euch selbst aus Euren Ketten!
Schafft selbst der Allgemeinheit Wohl!
Der Räuber, allzulang umfriedet,
Gab endlich uns die Beute preis!
Blast nur das Feuer an und schmiedet
Das Eisen noch, solang es heiß!

Der Staat erdrückt, Gesetz ist Schwindel!
Die Steuern trägt der Arbeitsknecht.
Man kennt nur Reiche und Gesindel,
Und Phrase ist des Armen Recht.
Die Gleichheit soll den Bann vernichten!
Und für das kommende Geschlecht
Gilt: „Keine Rechte ohne Pflichten!“
Und: „Nichts von Pflicht mehr, wo kein Recht!“

Die Minenherrn und Schlotbarone
In ihrem Hochmut ekelhaft,
Was taten sie auf ihrem Throne,
Als auszusaugen uns’re Kraft?
Was wir gefördert, schließt die Klicke
In ihren Panzergeldschrank ein,
Und glüh’n danach des Volkes Blicke
So fordert’s nur zurück, was sein!

Die Herrschgewalt hat uns benebelt,
Krieg ihnen, Frieden uns allein!
In Streik sei die Armee geknebelt,
Den Kolben hoch! In ihre Reih’n!
Wenn uns zu Helden zwingen wollen
Die Kannibalen, wagt das Spiel!
Wir werden feuern! Und dann sollen
Sie selbst sein uns’rer Kugeln Ziel!

Arbeiter! Bauern! Eilt geschlossen
Zur Proletarierpartei!
Die Welt gehört den Werkgenossen,
Und mit den Drohnen ist’s vorbei.
Wieviel wir auch verloren haben,
Es kommt der Morgen, der die Schar
Der Eulen fortjagt und der Raben!
Aufflammt die Sonne hell und klar!

    Nun kämpft zum letzten Male!
    Stürmt an! Schon winkt uns dort
    Die Internationale,
    Der Menschheit Ziel und Hort!

(Aus dem Französischen von
Sigmar Mehring)

Die Internationale

    Zum letzten Kampf! Ihr alle,
    Ihr Völker im Verein!
    Die Internationale
    Wird alle Menschheit sein!

Auf, ihr Verdammte des Planeten,
Auf, Hungerknechte, aus dem Sumpf!
Vernunft bricht aus den Morgenröten.
Aus Schlünden donnert sie Triumph.
Macht endlich Schluß mit dem Gewesnen!
Es stürzt die Welt. Der Tag ist nah.
Denn heut sind wir die Auserlesnen.
Wir waren nichts, jetzt sind wir da!

Wir wissen, daß uns glücklich mache
Kein Gott, kein Kaiser, kein Tribun.
Genossen, unsrer Freiheit Sache
Kann nur in unsren Händen ruhn!
Packt, bis es brüllt, das Ungeheuer,
Und schafft dem Geist ein freies Gleis!
Wir blasen jetzt ins eigne Feuer.
Schlagt auf den Stahl, er ist noch heiß!

Staat und Gesetz gehn über Leichen.
Die Steuer wird zum Massenmord.
Wo gibt es Pflichten für den Reichen?
Des Armen Recht? Ein leeres Wort!
Genug! Es sprechen jetzt die Knechte,
Und das Gesetz der Gleichheit spricht:
Nicht eine Pflicht mehr ohne Rechte
Und keine Rechte ohne Pflicht!

Abscheulich blähn sich diese Götzen,
Die Herrn von Schacht und Eisenbahn.
Sie machten unser Blut zu Schätzen,
Sie haben unser Gut vertan.
In Stahltresoren liegt’s vergraben.
Wann machen wir die Rechnung glatt?
Das Volk will ja nur wiederhaben,
Was man dem Volk gestohlen hat.

Die Herrscher machten uns betrunken.
Der Zauber muß zu Ende sein.
Drum werft ins Heer der Freiheit Funken!
Dann schlägt es mit dem Kolben drein.
Wenn sie uns zwingen, die Barbaren,
Soldat zu spielen noch einmal,
Wir werden unsre Kugeln sparen
Für unsren eignen General.

Arbeiter, Bauern, kommt zum Ende!
Wir sind der Schaffenden Partei!
Die Welt gehört in unsre Hände.
Der Reichen Schonzeit ist vorbei.
Sie sogen Blut aus unsren Wunden.
Reißt ihnen ab den Heiligenschein!
Erst wenn das Geiervolk verschwunden,
Wird unsre Welt voll Sonne sein!

    Zum letzten Kampf! Ihr alle,
    Ihr Völker im Verein!
    Die Internationale
    Wird alle Menschheit sein!

(Aus dem Französischen von
Erich Weinert)