RotFuchs 201 – Oktober 2014

Der kolumbianische Dichter García Márquez
war ein enger Freund Fidels

Gabo und der Comandante

RotFuchs-Redaktion

Am 9. Juli 2008 veröffentlichte Fidel Castro im Rahmen seiner wöchentlich erscheinenden „Reflexionen“ eine von großer Zuneigung zeugende Kolumne über den grandiosen kolumbianischen Romancier und Nobelpreisträger Gabriel García Márquez. „Was Fidel geschrieben hat, machte mich sprachlos. Mir schien, ihn gestern kennengelernt zu haben. Noch nie hatte ich ihn so gesehen, so liebevoll“, sagte „Gabo“, wie ihn nicht nur seine kubanischen Freunde nennen, nachdem er den Text des Comandante gelesen hatte.

Fidel beeindruckte wohl am meisten die Schlichtheit und ungekünstelte Volksnähe des herausragenden lateinamerikanischen Autors, dessen Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“ sofort zu einem Bestseller wurde.

In „Granma Internacional“ schilderte Gabriel Molina einen Abend mit Gabo im Hotel „Meliá Cohíba“, wo die Angestellten durch die Anwesenheit des legendären Schriftstellers beglückt zu sein schienen. „Er war immer so frei von jedem elitären Gefühl, das die Berühmtheit in einigen hervorruft. Man könnte sagen, daß er es genoß, als die einfachen Leute die Scheu überwanden, mit der sie sich sonst den Berühmtheiten nähern. Einige bedauerten, daß sie in jenem Moment keine Bücher von ihm bei sich hatten, und er versprach, ihnen einige zukommen zu lassen. Am nächsten Tag fragte ich ihn danach, und er hatte es bereits getan.“

Fidel beeindruckte, daß der in diesem Sommer Verstorbene nicht nur ein bewunderter Schriftsteller und Journalist, sondern auch ein ganz außergewöhnlicher Mensch war. Die Freundschaft beider Männer währte mehr als 50 Jahre. In dieser Zeit führten sie Hunderte intensive Gespräche, bei denen Mercedes, Gabos Frau, fast immer zugegen war.

In der erwähnten Kolumne schilderte Fidel eine besonders dramatische Situation, die sich ergab, als er am 4. Iberoamerikanischen Gipfel in Kolumbien teilnahm. In Cartagena gehörte eine Kutschfahrt zum Programm. Fidels Sicherheitschefs hatten dem Revolutionsführer wegen drohender Attentatsgefahr geraten, nicht an der Exkursion teilzunehmen, was dieser für übertrieben hielt.

Fidel notierte dazu: „Ich rief Gabo an, der in der Nähe war, und sagte zu ihm im Scherz: ‚Steig zu uns in die Kutsche, damit nicht auf uns geschossen wird!“ Und so hat er es getan. Zu Mercedes, die am Abfahrtsort blieb, habe ich im selben scherzhaften Ton hinzugefügt: ‚Du wirst die jüngste Witwe sein.‘

Später erfuhr ich, daß dort dasselbe geschehen ist wie damals in Santiago de Chile, als eine Fernsehkamera, die eine Selbstladewaffe enthielt, bei einer Pressekonferenz auf mich zielte, und der sie bedienende Söldner sich nicht abzudrücken traute. In Cartagena lauerten sie mit Scharfschützen und Selbstladegewehren in einem Hinterhalt an einer bestimmten Stelle des mit Mauern umgebenen Geländes. Und erneut zitterten diejenigen, die abdrücken sollten. Der Vorwand war, Gabos Kopf habe ihnen die Sicht verwehrt …“

RF, gestützt auf „Granma Internacional“, Havanna